Normalerweise wirst Du von mir nicht hören, dass eine Übung wichtiger ist, als andere, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Es gibt allerdings eine einzige Ausnahme und das ist das Kreuzheben.

Eine Übung, die vielen Menschen Respekt einflößt und gerade bei „Rückenpatienten“ und auch einigen Behandlern Ängste hervorruft. Doch diese Befürchtungen sind mit der richtigen Herangehensweise unbegründet und können sogar den Behandlungserfolg schmälern. Denn vor einer Sache haben die meisten „Rückenpatienten“ Angst und das ist (schweres) Heben. Was denkst Du, sollte also ein Trainingselement sein? Richtig, (schweres) Heben und die Übung, die uns das am besten ermöglicht ist, Kreuzheben.

Und auch wenn Du keine Schmerzen hast, ist Kreuzheben die Übung, die ich jedem empfehlen würde, um einen starken und belastbaren Rücken zu erhalten.

Rückenschmerzen

Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Krankheitsbild, was auch zu vielen Krankschreibungen führt. Die Ursachen sind vielfältig und sollten immer auch gezielt angegangen werden. Die von vielen Patienten gefürchtetste Ursache sind Bandscheibenvorfälle, es können aber auch viele andere Strukturen für die Schmerzen verantwortlich sein.

Warum Training bei Schmerzen wichtig ist

Es gibt viele Gründe, warum es wichtig ist, dass betroffene Strukturen im Verlaufe der Heilung wieder belastet werden. Einer davon ist, dass eine Steigerung der Belastbarkeit abhängig von der Belastung ist. Da ich dem Thema bereits einen eigenen Artikel gewidmet habe, an dieser Stelle die Kurzfassung.

Der Körper passt sich an nahezu alle Anforderungen, die an ihn gestellt werden, an, solange die Dosis stimmt und er genug Zeit für die Anpassung erhält. Die Ursachen für Schmerzen sind vielfältig, was aber vor allem bei chronischen Schmerzen irgendwann passiert ist, dass die Belastbarkeit der Strukturen nachlässt.

Betroffene Muskeln verlieren zum Beispiel Kraft, da sie seltener genutzt werden und bestimmte Bewegungen werden schwieriger, da Du sie vermeidest und evtl. mit Schmerzen verknüpfst. Es wird also schwierig, beim Kreuzheben von jetzt auf gleich über 100 kg zu heben.

Im Laufe der Zeit aber ein Ziel, dass sich leichter erreichen lässt, als viele denken würden.

Kreuzheben

Kreuzheben ist im Grunde eine simple Übung: Du hebst ein Gewicht vom Boden liegend hoch und führst es wieder runter. Zack, die erste Wiederholung ist erledigt. Daher auch der englische Name der Übung: Deadlift, ein Heben (Lift) von einem toten Punkt aus.

Wenn es um das Ziel geht, möglichst hohe Gewichte zu heben und das auch im Wettkampf, kann es definitiv komplexer werden. Für die Anwendung im therapeutischen Setting muss es allerdings nicht so viel komplexer werden.

Technik

Wie angedeutet gibt es nicht die eine perfekte Technik. Allerdings gibt es ein paar Punkte, die Dir helfen können, effektiver zu heben. Diese lassen sich bis zu einem gewissen Grad auch auf das Heben im Allgemeinen übertragen.

Im Folgenden wollen wir uns anschauen, wie eine Wiederholung des klassischen Kreuzhebens mit der Langhantel abläuft. 

Schuhe

Beim Kreuzheben vielleicht nicht ganz so relevant wie bei der Kniebeuge, aber bei Freihantelübungen würde ich persönlich auf Laufschuhe verzichten. Die Dämpfung sorgt leider für einen instabilen Stand und somit für ein höheres Verletzungsrisiko. Zudem verpufft auch ein Teil Deiner Kraft in der Dämpfung, was auch schade und unnötig ist.

Es gibt spezielle Schuhe fürs Krafttraining, speziell auch für diese Form von Übungen bzw. Gewichtheber, barfuß oder mit Schuhen, die lediglich eine dünne Sohle haben, klappt es aber genauso.

Persönlich nutze ich eine Art Sockenschuhe, die Du auch auf den Bildern bzw. im Video siehst. Der Vorteil ist, dass ich damit auf dem Boden einen guten Halt habe und nicht so schnell wegrutschen kann.

Startposition

In der Startposition befindet sich der Mittelfuß unter der Stange (Bild 1). Die Arme sind gestreckt und stehen senkrecht zum Boden, sodass die Hantelstange unter den Schultern liegt (Bild 2). Der Rücken befindet sich in seiner „natürlich geraden“ Position (Bild 3). An diesen Punkten sollte sich während des gesamten Hebevorgangs auch nichts ändern.

Startposition Kreuzheben Füße
Bild 1
Startposition Kreuzheben Arme
Bild 2
Startposition Kreuzheben Rücken
Bild 3

Das Heben

Der Impuls kommt aus den Beinen, indem die Knie gestreckt werden. An der Position des Oberkörpers verändert sich im ersten Teil der Bewegung nichts, dieser wird zunächst parallel verschoben. Erst wenn die Hantel die Knie passiert, wird die Hüfte aktiv in die Streckung gebracht und der Oberkörper beginnt sich aufzurichten. Das Ende der Bewegung ist erreicht, wenn Du im geraden Stand ankommst und Hüfte und Knie gestreckt sind.

Ablegen

Das Ablegen läuft mehr oder weniger genau so ab, wie das Heben. Zunächst beugst Du die Hüfte und wenn die Hantel ungefähr auf Kniehöhe ist, beginnst Du die Knie zu beugen, bis das Gewicht wieder am Boden ankommt. Das Ablegen darf auch deutlich schneller ablaufen, als der Lift an sich.

Variationen

Es gibt etliche Variationen des Kreuzhebens, wobei die meisten im Therapiesetting nicht unbedingt benötigt werden. Die beiden Varianten, die in meinen Augen im Therapiesetting am ehesten eine gute Option darstellen, sind das rumänische Kreuzheben und Jefferson Curls. 

Rumänisches Kreuzheben

Das rumänische Kreuzheben unterscheidet sich vom klassischen Deadlift nur in sehr wenigen Punkten:

Das Gewicht wird nicht abgelegt und die Abwärtsbewegung ist deutlich langsamer als beim klassischen Kreuzheben. Der restliche Bewegungsablauf bleibt an sich gleich.

Manchen Menschen fallen sogenannte zyklische Bewegungen einfach leichter, sodass es in diesem Fall einen einfacheren Einstieg darstellt. Zudem brauchst Du keine spezielle Unterlage unter der Hantel und Du wirst Nachbarn weniger mit lauten, fallenden Gewichten stören.

Jefferson Curls

Bei Jefferson Curls machst Du quasi das, was Du beim klassischen Kreuzheben versuchst zu vermeiden. Du hebst rein aus dem Rücken und rundest diesen dazu ein.

Gerade nach einem akuten Bandscheibenvorfall würde ich mit dieser Form nicht zu früh einsteigen. Im weiteren Heilungsverlauf macht es aber durchaus Sinn, auch diese Form zwischendurch einzubauen. Nicht unbedingt immer mit dem Ziel ein maximales Gewicht zu erreichen, bei manchen Patienten ist das Ziel auch einfach, diese Bewegung wieder zuzulassen und Vertrauen in den Körper zu stärken. In der Arbeit mit Patienten bin ich mit den Gewichten bei Jefferson Curls meist bei unter 50 kg geblieben. 

Steigern würde ich mich hier mehrheitlich etwas langsamer, als beim klassischen Kreuzheben, da das Gewebe (unter anderem die Bandscheiben) ausreichend Zeit brauchen, um sich anzupassen.

Es gibt aber auch durchaus Personen, die hierbei höhere Gewichte heben können, wie das nebenstehende YouTube Video eindrücklich zeigt. In der Therapie ist es meiner Meinung nach aber meistens weniger wichtig, als ein hohes Gewicht beim klassischen Kreuzheben zu bewegen.

Wann ist Kreuzheben nicht geeignet?

Wahrscheinlich selbsterklärend, aber bei akuten Bandscheibenschäden mit entsprechenden Schmerzen oder anderen akuten Verletzungen würde ich nicht unbedingt Kreuzheben mit für Dich hohen Gewichten ausführen. 

Auch bei ausstrahlenden Schmerzen ins Bein möchte ich Dir empfehlen, zunächst die Ursache abzuklären, bevor Du mit Kreuzheben startest.

Im Zweifel solltest Du mit Deinem Behandler klären, ob Kreuzheben für Dich geeignet ist, oder ob Du noch warten solltest damit.

Fazit

Eine schöne Zusammenfassung über die Bedeutung des Kreuzhebens gibt es von Alexander Pürzel: „Kreuzheben und vor allem Kreuzheben schwerer und sogar maximaler Lasten erleichtert Ihr Leben ungemein. Sie verlieren jeglichen Respekt vor Zementsäcken, Koffern, Einkaufstaschen oder sonstigen Gegenständen, die man als »Nicht-Heber:in« mit der Eigenschaft »schwer« belegt hat. Wenn Sie schwer heben, wird Ihr Leben leichter.“ (1)

Dem lässt sich wenig hinzufügen. Es ist die eine Übung, die ich nahezu jedem empfehlen würde, um den Rücken belastbar zu halten oder auch zu kriegen, nach Schmerzen. Nicht jeder muss dafür mehrere 100 Kilo heben können. Mindestens das eigene Körpergewicht ist für viele Mittel- bis Langfristig allerdings ein realistisches Ziel.

Wenn Du über Kreuzheben und auch Kniebeuge und Bankdrücken mehr lernen willst, kann ich Dir das Buch von Alexander Pürzel übrigens sehr empfehlen. Obwohl es auch teils in die Tiefen der Biomechanik geht, ist es sehr unterhaltsam geschrieben. Du kannst also auch als absoluter Anfänger einsteigen und mit Deinen Fortschritten tiefer in die Thematik einsteigen.

Disclaimer

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Quellen

(1) Pürzel, Alexander (2022). Kniebeuge, Bankdrücken, Kreuzheben: Mit funktioneller Bewegungsanalyse zur Peak Performance (2. Auflage). Riva Verlag

(2) Taeger, Frank (2015). Stärker, Breiter, Schneller

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