„Diamanten sind ohne Druck auch nur Kohlenstaub.“

Ein schönes Argument, um hohe Belastung zu rechtfertigen, oder? Falls Du in Deinem Leben mal Leistungssport betrieben hast oder auch, falls Du mal einen Chef hattest, der über Druck versucht hat zu motivieren, dann wird Dir dieser Spruch bestimmt mal begegnet sein. Vermutlich kam Dir dieser Spruch zu dem Zeitpunkt, als Du ihn gehört hast, übertrieben vor.

Oftmals wird er leider als Rechtfertigung gesehen, immer größere Belastungen zu fordern und nicht auf Signale von Erschöpfung zu reagieren und passende Pausen einzubauen.

Wusstest Du aber, dass auch zu wenig Belastung zu Problemen führen kann? Bleiben wir kurz im Bereich des Sports. Langfristig lässt sich eine höhere sportliche Leistungsfähigkeit hauptsächlich über Training und passende Belastungen erreichen. Das zugrunde liegende Prinzip dahinter nennt sich Superkompensation. Falls Dich dieses Thema interessiert, lies Dir gerne folgenden Artikel dazu durch, der das ganze gut erklärt.

„Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist“ (Paracelsus)

Dieses Zitat ist vor allem im Bereich der Medikamente bekannt und findet hier immer wieder Beachtung. Digitalis ist hier ein sehr gutes Beispiel, richtig dosiert hat es unter anderem einen positiven Einfluss auf die Kontraktionskraft des Herzens. Bei einer Überdosierung kann es allerdings zu Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern kommen, was unbehandelt im schlimmsten Falle zum Tod führt.

Diese Regel gilt allerdings auch bei den meisten anderen Strukturen unseres Körpers.

Arthrose

Jogger, die mit moderaten Trainingsumfängen trainieren, haben ein reduziertes Risiko für Knie- und Hüftgelenksarthrose im Vergleich zu Nicht-Joggern bzw. Wettkampfläufern, mit einem wöchentlichen Trainingspensum von über 90 km. (1)

Die positiven Effekte treten allerdings nicht nur protektiv auf. Auch bei bestehender Arthrose im Knie scheint Joggen einen positiven Effekt auf die Schmerzen zu haben und führt nicht, wie oft angenommen, zu einer Verschlechterung der bildgebenden Befunde. (2)

Für die positiven Effekte musst Du aber nicht unbedingt Joggen gehen, bereits tägliches Gehen mit moderatem Tempo senkt das 5 Jahres-Risiko für eine Gelenkersatz-OP bei Patienten mit Kniearthrose. 6000 Schritte scheinen laut Autoren ein Ziel zu sein, dass angestrebt werden sollte. (3)

Einen größeren Einfluss auf den Grad der Einschränkungen scheinen sowieso eher psychosoziale Faktoren zu haben. Mit der größte Einflussfaktor scheint katastrophisierendes Denken zu sein, sich also das Worst-Case-Szenario auszumalen. (4)

Bandscheibenvorfälle

Sowohl bei Läufern (5) als auch bei Radfahrern (6) konnten im MRT dickere Bandscheiben im Bereich der Lendenwirbelsäule festgestellt werden, im Vergleich zu inaktiven Menschen. Zudem führt Inaktivität auch eher zu Schmerzen im unteren Rücken (7, 8)

Bei hoher körperlicher Belastung auf der Arbeit zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Bandscheibenvorfällen sowie Reduzierung der Bandscheibenhöhe, der allerdings nicht zwingend mit Schmerzen im unteren Rücken zusammenhängt. Bei Männern konnte in dieser Studie allerdings ein Zusammenhang festgestellt werden, zwischen körperlicher Belastung und Schmerzen im unteren Rücken. (9)

Laut einer Studie von Steele et al. scheint es auch einen „Sweet Spot“ im Training zu geben, um die Regeneration der Bandscheiben anzukurbeln. Um diesen genauer zu definieren, sind allerdings laut Autoren noch weitere Studien notwendig. (10)

Osteoporose

Ein weiteres Krankheitsbild, bei dem passende Belastungen unglaublich wichtig sind, ist die Osteoporose, also eine krankhafte Verringerung der Knochendichte, die zu einem höheren Risiko von Knochenbrüchen führt.

Aktuelle Leitlinien, wie beispielsweise aus Großbritannien (11), zeigen, dass ein Krafttraining und auch ein Training mit Stoßbelastungen unglaublich wichtig sind und zudem auch sicher, bei Patienten mit Osteoporose.

Auch wenn es bei diesem Krankheitsbild deutlich wichtiger ist, in jungen Jahren durch Training eine solide Basis zu legen, da die Effekte vor allem langfristig auftreten und in jungen Jahren deutlich leichter zu erzielen sind.

Take-Away

Belastung komplett zu vermeiden bei Schmerzen, wird Dich leider in den seltensten Fällen weiter bringen. Training bzw. körperliche Aktivität stellt einen unglaublich wichtigen Faktor dar und wie am Beispiel der Arthrose gezeigt, musst Du keinen extrem intensiven Sport dafür betreiben.

„Alles Leben ist Bewegung, Bewegung ist Leben“ – Leonardo da Vinci

 

Mittlerweile habe ich das Thema übrigens auch in einem meiner YouTube-Videos aufgegriffen:

Quellen

(1) Alentorn-Geli E, Samuelsson K, Musahl V, Green CL, Bhandari M, Karlsson J. The Association of Recreational and Competitive Running With Hip and Knee Osteoarthritis: A Systematic Review and Meta-analysis. J Orthop Sports Phys Ther. 2017 Jun;47(6):373-390. doi: 10.2519/jospt.2017.7137 . Epub 2017 May 13. PMID: 28504066

(2) Lo GH, Musa SM, Driban JB, Kriska AM, McAlindon TE, Souza RB, Petersen NJ, Storti KL, Eaton CB, Hochberg MC, Jackson RD, Kwoh CK, Nevitt MC, Suarez-Almazor ME. Running does not increase symptoms or structural progression in people with knee osteoarthritis: data from the osteoarthritis initiative. Clin Rheumatol. 2018 Sep;37(9):2497-2504. doi: 10.1007/s10067-018- 4121-3. Epub 2018 May 4. PMID: 29728929; PMCID: PMC6095814.

(3) Master, H., Thoma, L., Christiansen, M., Stefanik, J., Mathews, D., & White, D. K. (2018). Association of daily walking with the risk of total knee replacement over 5 years: an observational study. Osteoarthritis and Cartilage, 26, S237-S238.

(4) Kopp, B., Furlough, K., Goldberg, T., Ring, D., & Koenig, K. (2021). Factors associated with pain intensity and magnitude of limitations among people with hip and knee arthritis. Journal of Orthopaedics

(5) Mitchell UH, Bowden JA, Larson RE, Belavy DL, Owen PJ. Long-term running in middle-aged men and intervertebral disc health, a cross-sectional pilot study. PLoS One. 2020 Feb

(6) Belavy DL, Quittner M, Ridgers ND, Ling Y, Connell D, Trudel G, Rantalainen T. Beneficial Intervertebral Disc and Muscle Adaptations in High-Volume Road Cyclists. Med Sci Sports Exerc. 2019 Jan;51(1):211-217. doi: 10.1249/MSS.0000000000001770. PMID: 30157104.

(7) Teichtahl AJ, Urquhart DM, Wang Y, Wluka AE, O’Sullivan R, Jones G, Cicuttini FM. Physical inactivity is associated with narrower lumbar intervertebral discs, high fat content of paraspinal muscles and low back pain and disability. Arthritis Res Ther. 2015 May 7;17(1):114. doi: 10.1186/

(8) Maurer E, Klinger C, Lorbeer R, Rathmann W, Peters A, Schlett CL, Nikolaou K, Bamberg F, Notohamiprodjo M, Walter SS. Long-term effect of physical inactivity on thoracic and lumbar disc degeneration-an MRI-based analysis of 385 individuals from the general population. Spine

(9) Bergmann A, Bolm-Audorff U, Ditchen D, Ellegast R, Grifka J, Haerting J, Hofmann F, Jäger M, Linhardt O, Luttmann A, Meisel HJ, Michaelis M, Petereit-Haack G, Schumann B, Seidler A. Do Occupational Risks for Low Back Pain Differ From Risks for Specific Lumbar Disc Diseases?: Results of the German Lumbar Spine Study (EPILIFT). Spine (Phila Pa 1976). 2017 Oct 15;42(20):E1204-E1211. doi:10.1097/BRS.0000000000002296

(10) Steele J, Bruce-Low S, Smith D, Osborne N, Thorkeldsen A. Can specific loading through exercise impart healing or regeneration of the intervertebral disc? Spine J. 2015 Oct 1;15(10):2117-21. doi: 10.1016/j.spinee.2014.08.446. PMID: 26409630

(11) K. Brooke-Wavell, D.A. Skelton, K.L. Barker et al., Strong, steady and straight: UK consensus statement on physical activity and exercise for osteoporosis. Br J Sports Med 2022;56:837-846

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