Warum mich evidenzbasierte Medizin begeistert
Jetzt gab es zuletzt eine kleine kreative Pause im Blog und das erste Thema, mit dem ich nach zwei Wochen starte, ist sowas Trockenes, wie evidenzbasierte Medizin. Ich höre schon förmlich Deine Begeisterung oder Du weißt gar nicht, wovon ich rede, auch möglich. An sich ist evidenzbasierte Medizin eigentlich das, was ich als Grundlage für eine ideale Behandlung sehe. In vielen Diskussionen wird Evidenz allerdings als Totschlagargument genutzt und auch leider nur auf eine der drei Säulen heruntergebrochen, was mehr als schade ist. Ach ja und falls Du schon weißt, was evidenzbasierte Medizin ist und Dich jetzt wunderst, warum ich als Osteopath und Heilpraktiker das Thema anspreche: mit meinem Bachelor of Science als Physiotherapeut habe ich schließlich noch einen Ruf zu verlieren. Wenn Du den Artikel gelesen hast, wirst Du unter anderem verstehen, was evidenzbasierte Medizin eigentlich ist und was der riesengroße Vorteil für Dich als Patient ist, wenn Dein Behandler wirklich evidenzbasiert arbeitet. Zusätzlich erfährst Du, welche wichtige Rolle die evidenzbasierte Medizin für Dich als Patient bereithält. Was ist evidenzbasierte Medizin? Falls Du mal in eine Diskussion zwischen verschiedenen Behandlern auf Social Media geraten sein solltest, wirst Du als evidenzbasierte Medizin vermutlich hauptsächlich einen von drei Teilen, die evidenzbasierte Medizin ausmachen, gezeigt bekommen haben: Studien und das Duell wer kann seine Behauptungen bzw. Erfahrungen mit Studien belegen. Wie schon erwähnt macht dies allerdings nur ein Drittel dessen aus, was evidenzbasierte Medizin eigentlich beinhaltet. Die anderen beiden Anteile, nämlich die klinische Erfahrung des Behandlers und auch Deine Erwartungen als Patient werden hierbei nicht berücksichtigt. Keine Sorge, wir schauen uns gleich noch genauer an, was die einzelnen Teile genauer beinhalten und warum sie alle gleichberechtigt sein sollten. Vorher noch kurz ein kleiner geschichtlicher Hintergrund, die evidenzbasierte Medizin wurde vor allem durch Professor Archie Cochrane vorangetrieben, nach dem auch die internationale Cochrane Organisation benannt ist (1). Dieser konnte beispielsweise als Kriegsgefangener 1941 im Zweiten Weltkrieg bei einer Gelbsuchtepedemie in einem Gefangenenlager den Nutzen von B-Vitaminen in Form von Hefe nachweisen (2). Erstmals erwähnt wurde der Begriff 1793 in einem Artikel des schottischen Arztes George Fordyce („An Attempt to Improve the Evidence of Medicine“) (3). Eine der ersten kontrollierten klinischen Studien wurde 1753 vom Schiffsarzt James Lind veröffentlicht, der die Behandlung von Skorbut mit Orangen und Zitronen untersuchte (2, 3), dieser war auch eines der Vorbilder von Cochrane (2). Hierzulande vielleicht bekannte ist das tragische Schicksal des Arztes Ignaz Semmelweis, der heutzutage als Musterbeispiel für die methodisch korrekte Überprüfung einer wissenschaftlichen Hypothese gilt. Er untersuchte das Auftreten des sogenannten Kindbettfiebers und konnte einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Hygiene der Ärzte bzw. des Krankenhauspersonals und dem Auftreten dieser Erkrankung sowie dem Tod der Kinder feststellen (4). Zu Lebzeiten erhielt er hierfür wenig Anerkennung, im Gegenteil von vielen seiner „Kollegen“ wurde er kritisiert und nicht anerkannt. Hygiene galt als Zeitverschwendung. 1865 verstarb er dann in einer während eines zweiwöchigen Aufenthalts in einer Psychiatrie unter nicht eindeutig geklärten Umständen (4). Die evidenzbasierte Medizin basiert auf dem Zusammenspiel von drei Säulen, die wir uns im kommenden genauer anschauen werden: Studien Behandler Patient Studien (externe Evidenz) Die Erkenntnisse aus Studien haben einen unglaublich großen Vorteil, man muss sich nicht mehr nur auf die Lehrmeinung verlassen, die im medizinischen Bereich häufig von den Erfahrungen und Meinungen der Dozenten abhängig ist, sondern begann diese Meinungen und Beobachtungen systematisch zu untersuchen und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Das Problem ist nur, dass manche Studien nur schwer durchführbar sind und zum Teil ethische Probleme aufwerfen. Der sogenannte Goldstandard, wenn es darum geht, Theorien in Studien zu überprüfen, sind sogenannte RCTs (randomized controlled trials) also Studien, bei denen es eine zusätzliche Kontrollgruppe gibt, Patienten werden hierbei zufällig auf die Gruppen aufgeteilt. Idealerweise wissen sowohl Patienten als auch Behandler nicht, welche Patienten in welcher Gruppe sind. Was bei einigen Behandlungsmethoden sehr schwierig ist. Scheinoperationen zum Beispiel sind ethisch gesehen schwierig (Risiko durch Narkose und Körperverletzung) und vor allem der Operateuer weiß nachher, wen er wirklich operiert hat und wen nicht. Ähnlich schwierig wird das auch im Bereich der Osteopathie. Es mag vielleicht noch klappen, dass der Patient nicht direkt mitbekommt, ob er wirklich eine osteopathische Behandlung erhält oder nicht. Spätestens der Behandler weiß aber, ob er wirklich behandelt oder nicht. Und hier beginnt in Studien schon das erste Problem, denn aus Placebountersuchungen ist bekannt, dass alleine das Wissen des Therapeuten, ob er ein Placebo verabreicht oder nicht ausreicht, um den Therapieerfolg zu beeinflussen. Das heißt, ein Vergleich mit einem Placebo wird in diesem Falle schwierig. Was schade ist, denn das Placebo ist eines der am besten erforschtesten „Medikamente“. Auch der Vergleich mit keiner Behandlung wäre oft wünschenswert, allerdings wird es hier ethisch schwierig, wenn ich die aktuelle Standardbehandlung einem Patienten vorenthalte. Viele Patienten werden auch nicht begeistert sein, wenn keine Behandlung stattfindet und wollen, „dass etwas gemacht wird“. Sinnvoller, als sich dann in Diskussionen zu zerfetzen, welche Behandlungen die besten Studiennachweise haben, wäre es, alle Behandlungsmethoden auf den Prüfstand zu stellen und so gut es möglich ist, in Studien zu überprüfen. Denn das Ziel ist es nicht, dass Methode A oder B nachher besser dasteht, sondern dass wir wissen, welche Methode wann am sinnvollsten in der Behandlung von Beschwerdebildern ist, das ist es, was evidenzbasierte Medizin ausmacht. In vielen Fällen wird das durch die beiden kommenden Punkte abgedeckt. Der Behandler soll diese Studien nicht selbst erstellen, sondern wissen, wie er sich die Erkenntnise der aktuellen wissenschaftlichen Forschung aneignet, diese deutet und in sein Behandlungen einfließen lässt. Behandler (klinische Erfahrung/ Expertise) Die zweite wichtige Säule ist der Behandler und seine Erfahrungswerte. Wir haben uns bereits angesehen, dass Studien zwar eine wichtige Grundlage darstellen, um Behandlungsentscheidungen zu treffen, allerdings lässt sich in Studien nicht alles untersuchen, vor allem wenn man die geltenden ethischen Grundsätze berücksichtigt (wofür ich eindeutig plädiere). Wichtig ist gerade in diesen Fällen, dass ein Behandler auf seine Erfahrungen zurückgreifen kann und im Zweifel auch ein auf seinen Erfahrungen beruhendes gutes Bauchgefühl entwickelt hat. Natürlich sollte er aber auch sein Wissen ständig erweitern und selbst hinterfragen, ob seine Behandlungsmethoden die effektivsten sind oder ob
Effektiv durch Ergonomie
Definition Schauen wir uns erstmal an, was Ergonomie bedeutet, um zu verstehen, wie ein ergonomischer Arbeitsplatz aussehen sollte: Ergonomie beschreibt „die Wissenschaft von der Gesetzmäßigkeit menschlicher bzw. automatisierter Arbeit. […] Ziel der Ergonomie ist es, die Arbeitsbedingungen, den Arbeitsablauf, die Anordnung der zu greifenden Gegenstände […] räumlich und zeitlich optimiert anzuordnen sowie die Arbeitsgeräte für eine Aufgabe zu optimieren, dass das Arbeitsergebnis […] optimal wird und die arbeitenden Menschen möglichst wenig ermüden oder gar geschädigt werden“ (1) Vereinfacht gesagt ist das Ziel also, den jeweiligen Arbeitsprozess so weit zu optimieren, dass er möglichst effizient und ressourcenschonend wird. Der Begriff wurde übrigens bereits 1857 von Wojciech Jastrzębowski geprägt, in seinem Artikel „Grundriß der Ergonomie, Wissenschaft oder Lehre von der Arbeit“. (2) Mit genaueren Konzepten wird das Thema auch in verschiedenen Industrienormen, wie beispielsweise der DIN EN ISO 26800 Ergonomie – Genereller Ansatz, Prinzipien und Konzepte (3) ausgearbeitet. Herausforderungen der Ergonomieplanung Das Hauptproblem, wenn man einen Büroarbeitsplatz (aber auch viele andere Arbeitsplätze) ergonomisch einstellen will, ist Folgendes: Du wirst während des Prozesses besonders auf Deine Körperhaltung achten und anders sitzen bzw. Dich anders bewegen, als mitten während Deines Arbeitstages. Die meisten haben das Bild im Kopf, dass man kerzengerade sitzen sollte. Klar diese Haltung hat gewisse Vorteile, bringt aber auch gewisse Nachteile mit sich und sind wir doch mal ganz realistisch: früher oder später wird doch fast jeder von uns zur Schildkröte 😄 Das Stichwort ist hier die Ermüdung und mangelnde Konzentration. Aber ein weiterer Faktor kommt hier noch dazu, dass unser Körper nicht für lange gleich bleibende Haltungen gemacht ist, sondern evolutionär auf Bewegung ausgerichtet ist. Wenn Du jetzt versuchst, starr in „der perfekten Haltung“ zu verharren, wird das irgendwann verdammt anstrengend und die meisten von uns werden ordentliche Verspannungen davontragen. Wichtig ist es immer wieder die Haltung zu verändern, weswegen höhenverstellbare Schreibtische hier ein nützliches Tool darstellen können. Das funktioniert aber nur, wenn Du auch regelmäßig zwischen verschiedenen Positionen hin und her wechselst. Wenn Du nur stehst oder nur sitzt, dann wird das Ganze deutlich weniger abwechslungsreich. Und schauen wir uns jetzt nur mal als ein Beispiel die Bandscheiben im Bereich der Lendenwirbelsäule (also ganz unten) an, sehen wir hier, dass diese beim geraden Sitzen die größte Belastung erfahren. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, steht wieder auf einem ganz anderen Blatt, denn wenn Strukturen im Körper belastet werden, werden sie (insofern es sich um die passende Belastung handelt) belastbarer. Wenn es zu viel wird, dann geht der Schuss leider nach hinten los. Man spricht hier auch von Antifragilität. Ergonomischer Arbeitsplatz Beim Thema ergonomischer Arbeitsplatz wird es für die meisten und vermutlich auch Dich darum gehen, wie man einen Schreibtisch passend einrichtet. Andere Arbeitsplätze haben oft so spezifische Anforderungen, dass man hier im individuellen Fall schauen sollte, was sinnvoll ist und was nicht. Klassische Regeln, die vermutlich viele kennen werden sind, dass man den Stuhl und Schreibtisch so einstellen soll, dass folgende Gelenke ca. einen 90 Grad Winkel aufweisen sollen: Ellenbogen, Hüfte und Knie. Warum ich diese schwierig finde, haben wir uns bereits bei den Herausforderungen der Ergonomieplanung angeschaut. Es gibt aber ein paar Dinge, die Du nutzen kannst, die zu geringeren Belastungen führen und somit für Deinen Bewegungsapparat angenehmer sind. Ein Punkt ist, dass der Bildschirm bzw. Deine Bildschirme direkt vor Dir stehen und Du diesen ungefähr auf Augenhöhe hast, wenn Du Dich in Deiner Sitz- oder Stehposition davor befindest. Wenn Du erst den Kopf oder den gesamten Körper verdrehen musst, um auf den Bildschirm zu schauen, wird das auf Dauer mehr als unbequem werden. Wenn Du ständig nach oben oder unten schauen musst, wirst Du früher oder später Deine Nackenmuskulatur deutlich merken, da die Belastung der Muskulatur dadurch deutlich erhöht wird. Sollte Dein Bildschirm hierfür nicht hoch genug stehen, bieten sich Erhöhungen für den Bildschirm auf dem Schreibtisch oder auch ein Bildschirmarm an. Natürlich lässt sich das auch über das Verstellen eines höhenverstellbaren Schreibtischs erledigen, allerdings wird dann das Benutzen von Tastatur und Maus eher schwierig. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch hat allerdings den großen Vorteil, dass Du zwischen Stehen und Sitzen hin und her wechseln kannst und auch für verschiedene Sitzhaltungen die Höhe anpassen kannst. Ein weiterer Punkt, der gerne übersehen wird, ist die Beleuchtung am Arbeitsplatz. Hierfür ist zum einen die Raumhelligkeit relevant, also die Deckenbeleuchtung bzw. Tageslicht. Ein weiterer wichtiger Punkt ist aber auch, eine Schreibtischlampe oder, was ich persönlich sehr zu schätzen gelernt habe, eine Monitorlampe. Dies sorgt dafür, dass Du bei den Sachen, an denen Du konzentriert arbeitest, eine ideale Beleuchtung hast, die Dich nicht blendet und somit stört, gleichzeitig aber hell genug ist, dass Du alles gut sehen und erkennen kannst. Wenn Du andere Dinge regelmäßig benötigst, solltest Du dafür sorgen, dass Du schnellen Zugriff darauf hast. Für mich ist das beispielsweise mein Handy, wenn ich beispielsweise an meiner Buchhaltung arbeite oder aber um im Rahmen der 2-Faktor-Authentifizierung auf die entsprechenden Apps zuzugreifen. Das war für mich der Grund, warum ich mich für eine etwas teurere Bildschirmerhöhung entschieden habe, die eine entsprechende Abstellmöglichkeit bietet. Der weitere Vorteil ist, wenn ich an meinem Schreibtisch mal nicht am Laptop arbeite, sondern etwas anderes erledigen muss, kann ich Tastatur und Maus auch direkt unter der Bildschirmerhöhung verstauen, sodass sie nicht im Weg sind. Davon abgesehen, kann es sein, dass Dein Arbeitsplatz bzw. Deine Arbeit speziellere Anforderungen hat, über die es nachzudenken gilt. Hierfür ein kleines Beispiel von mir: Beim Schneiden meiner Videos bin ich zusätzlich darauf angewiesen, meine Kopfhörer via Kabel mit meinem Laptop bzw. Bildschirm zu verbinden. Da es mich aber massiv stört, wenn das Kabel für die Kopfhörer über den Schreibtisch läuft, an Tastatur und Maus vorbei, habe ich mir einen kleinen Lautstärkeregler besorgt, der unter meinem Tisch festgeklebt ist und an dem ich meinen Kopfhörer direkt einstecken kann, sodass mir das Kabel nicht mehr im Weg ist. Wenn ich allerdings nicht am Video schneiden bin, dann baumelt an dieser Stelle auch kein Kabel herum. Auf der anderen Seite ist der Regler mit meinem Bildschirm verbunden, sodass ich meinen Laptop nur mit einem
Was ist Fermentation?
Vielleicht hast Du den Begriff Fermentation noch nicht gehört, aber ich wette mit Dir, dass Du schon fermentierte Lebensmittel zu Dir genommen hast. Diese Art der Verarbeitung von Lebensmitteln begleitet die Menschheit übrigens schon seit Jahrtausenden und ist nicht erst ein Trend der letzten Jahre. Lebensmittel wie Käse, Joghurt, Bier oder Kombucha und Sauerteig, alle beinhalten die ein oder andere Art von Fermentation. Hierbei werden bestimmte Bestandteile der Lebensmittel von Bakterien umgewandelt in andere Bestandteile. Beim Bier entsteht durch die Hefebakterien zum Beispiel die Kohlensäure und auch der Alkohol. Käse entsteht durch Fermentation aus Milch und macht vor allem Rohmilch so auch länger haltbar. Bei anderen Lebensmitteln, wie Maniok wird das Lebensmittel durch Fermentation erst richtig genießbar, für den Menschen, da sonst die Knollen meist zu viel giftige Blausäure enthalten würden (1). Warum schreibe ich jetzt eigentlich über das Thema? Essen ist ein wichtiger Einflussfaktor auf Deine Gesundheit bzw. kann, wenn Probleme mit der Verdauung auftreten, viele weitere Dinge negativ beeinflussen. Nicht selten habe ich schon Patienten gehabt, bei denen Rückenprobleme oder andere Beschwerden am Bewegungsapparat stark über den Verdauungstrakt beeinflusst wurden, sei es direkt über die Spannung des Verdauungstrakts oder indirekt über das vegetative Nervensystem. Ein wichtiger Baustein war hier, herauszufinden, was die Verdauung stört und diese wieder in Gang zu bringen. Fermentierte Lebensmittel stellen hierbei für mich zum Teil eine wichtige Ergänzung dar, denn vielfach werden Nahrungsmittel durch Fermentation auch bekömmlicher. Wo pure Milch bei Laktoseintoleranz nicht das Mittel der Wahl ist, kann ein gut gereifter Käse teils besser funktionieren, da durch die Fermentation (Reifung) die Laktose umgebaut wird und zum Schluss kaum noch nachweisbar ist. Auch bei Brot und Teigwaren kann die fermentierte Variante deutlich bekömmlicher sein. Der Teig reift und arbeitet, normalerweise mindestens 24h, teilweise auch länger. Dazu aber später mehr, wenn wir uns Sauerteig genauer anschauen. Man vermutet auch, dass fermentierte Lebensmittel unter anderem durch ihre hohe Anzahl an Mikroorganismen zu einer Verbesserung des Mikrobioms im Darm beitragen können, was zum Beispiel nach Antibiotikatherapie sinnvoll sein kann. Da viele fermentierte Lebensmittel, bevor sie in die Geschäfte gelangen, allerdings pasteurisiert (hohes erhitzen, zum Abtöten von Keimen und Mikroorganismen) werden, kann es Sinn machen, selbst zu fermentieren. Allerdings steckt die Forschung zum Mikrobiom noch in den Kinderschuhen und wir wissen noch sehr wenig darüber, welches Mikrobiom angestrebt werden sollte. Sinnvoll scheint es aber zu sein, wenn es möglichst vielfältig ist, ähnlich wie auch bei der Auswahl der Lebensmittel im Alltag. Kombucha und Essig Essig und Kombucha sind sich eigentlich sehr ähnlich, um genau zu sein, ist Essig ein Anteil von Kombucha. Beide entstehen bei der Fermentation von Flüssigkeiten. Essig benötigt hierfür alkoholhaltige Getränke (2) als Grundlage und Kombucha gesüßten Tee (meist eine Mischung aus schwarzem und grünem Tee (4)). Essig entsteht durch Essigsäurebakterien (die sich während der Produktion in der sogenannten Essigmutter sammeln können (3)) und beim Kombucha arbeiten neben diesen noch verschiedene Hefen an der Fermentation (4). Je länger Kombucha fermentiert, desto mehr wird er zu Essig (Höhepunkt nach 20 bis 30 Tagen (4)). Beide können somit je nach Fermentationsgrad auch ähnlich genutzt werden, sei es als Getränk, Würzmittel oder auch Konservierungsmittel bzw. Desinfektionsmittel (2). Kombucha enthält zudem einige Vitamine (B1, B6, B12 und C, in geringeren Mengen auch B2 (5)) und Spurenelemente (Zink, Mangan) (4). Wichtig zu wissen ist allerdings, dass Kombucha in geringen Mengen Alkohol enthält und somit von Schwangeren zum Beispiel nicht konsumiert werden sollte. Solltest Du Teein bzw. Koffein nicht gut vertragen, so solltest Du Kombucha auch meiden. Sowohl beim Essig, als auch beim Kombucha schwimmt in den meisten Produktionsformen etwas oben auf der Flüssigkeit, was die zur Fermentation wichtigen Bakterien bzw. Hefen enthält. Beim Essig spricht man hier von der sogenannten Essigmutter (3), beim Kombucha vom SCOBY (Symbiotic Culture of Bacteria and Yeast, Symbiotische Kultur aus Bakterien und Hefe) (4). Den Scoby kannst Du auch auf dem nebenstehenden Bild meines Kombucha Ansatzes erkennen. Die Herstellung von Kombucha ist tatsächlich sehr simpel, vor allem wenn Du bereits einen Scoby und etwas Kombucha hast. Theoretisch kannst Du den Scoby aber auch aus bereits vorhandenem Kombucha anzüchten, was aber deutlich mehr Arbeit bedeutet, ein Anzuchtset mit allem, was Du für den Start brauchst oder aber einen Scoby mit Ansatzflüssigkeit zu kaufen ist hier deutlich weniger Arbeit. Wenn Du Scoby und Ansatzflüssigkeit hast, musst Du lediglich Tee (ich verwende eine Mischung aus grünem und schwarzem Tee) und viel Zucker dazu geben. Ich schreibe Dir mal auf, wie viel ich von welchen Zutaten nutze, um 1,5 Liter Kombucha anzusetzen: 200 ml Ansatzflüssigkeit 300 ml Wasser zum Tee kochen 12 g Tee (Mischung aus schwarzem und grünem Tee) 100 g Zucker 1 Liter Wasser zum Aufgießen Wichtig ist, wenn Du den gesüßten Tee zur Ansatzflüssigkeit und dem Scoby dazugibst, dass die Flüssigkeit nur noch maximal handwarm ist, ansonsten tötest Du die Mikroorganismen ab. Danach heißt es das Gemisch in einem entsprechend großen Behälter stehen lassen und dem Scoby die Zeit zur Fermentation geben. Wichtig ist, das Glas mit einem dünnen Stofftuch abzudecken, damit keine Insekten (v.a. Fruchtfliegen) dort hineingelangen können. Im Normalfall dauert dieser Prozess zwischen 7 und 10 Tagen, in Abhängigkeit der Temperatur und Deinem persönlichen Geschmack. Sauerteig Eine andere weit verbreitete Form der Fermentation ist das Nutzen von Sauerteig zum Backen. Hierzu werden Bakterien genutzt, die auf die jeweilige Mehlform „trainiert“ sind. Es gibt also Sauerteig für Roggen, Weizen und diverse andere Mehle. Auch glutenfreie Ansätze sind möglich, wobei ich das Thema Gluten hier erstmal außen vor lassen werde und mich vielleicht später einmal damit beschäftigen werde. Bei einem Sauerteig sind es vor allem die Milchsäurebakterien und Hefen, die hier arbeiten und als Triebmittel für den Teig fungieren. Diese verdauen das Getreide quasi vor und bauen zu einem gewissen Grad unerwünschte Stoffe wie Gluten, Phytinsäure und Lektine ab oder machen diese für uns besser verdaulich. Zudem werden bestimmte Nährstoffe (B-Vitamine, Magnesium, Zink, Kalium und Vitamin E) bioverfügbarer für uns (6). Der Ansatz des Sauerteigs hat bei mir ca. 1 Woche gedauert, zunächst habe ich einen Roggensauerteig angesetzt und mich hierfür an das Rezept aus „Die neue traditionelle Ernährung“
Hilfreiche Tipps zum Golferarm
Nachdem wir uns zuletzt den Tennisellenbogen angeschaut haben, ist es eigentlich nur logisch uns seinen nächsten Verwandten, den Golferarm anzuschauen. Dieser wird auch als Golferellenbogen oder halbschlau Epicondylitis humeri medialis bzw. ulnaris genannt. Warum der Begriff Epicondylitis nur halbschlau ist, weißt Du hoffentlich noch vom Artikel über den Tennisellenbogen, als kleiner Refresher, es ist keine Entzündung, die die Probleme verursacht. Anatomie Betroffen ist im Falle des Golferarms hauptsächlich die Beugemuskulatur im Bereich des Unterarms, die sogenannten Flexoren. Es können aber alle Muskeln, die am medialen (innenseitigen) Epicondylus (Knochenvorsprung) des Oberarmknochens im Bereich des Ellbogens ansetzen, betroffen sein. Folgende Muskeln haben hier ihren Ursprung (1): M. pronator teres M. flexor digitorum superficialis M. flexor carpi radialis M. flexor carpi ulnaris M. palmaris longus Wichtig zu wissen ist auch, dass der Nervus ulnaris (versorgt unter anderem den kleinfingerseitigen Bereich der Hand) zwischen dem M. flexor carpi ularnis entlang zieht, sodass dieser auch irritiert werden kann. Diese Stelle befindet sich in der Nähe des sogenannten Musikantenknochens (Sulcus nervi ulnaris). Durch den M. pronator teres wiederum kann der Nervus medianus komprimiert werden, so dass es auch hier zu Problemen kommen kann. Kommt Dir ein ähnliches Phänomen noch vom Tennisarm bekannt vor? Wenn Du so willst, zwei weitere Piriformis Syndrome des Ellbogens. Symptome Für viele Patienten wird vermutlich der Schmerz im Bereich des inneren Ellbogens das dominierende Symptom sein. Dieses tritt vor allem bei Belastung der oben genannten Muskeln (vor allem Zugreifen der Hand gegen Widerstand) auf. Es können aber auch, wie weiter oben bereits erwähnt, der Nervus ulnaris und auch der Nervus medianus (den könntest Du vom Karpaltunnelsyndrom noch kennen) irritiert werden, im Rahmen des Golferellenbogens. Der N. ulnaris kann, wie schon erwähnt, durch den M. flexor carpi ulnaris komprimiert werden und der N. medianus durch den M. pronator teres. Das Versorgungsgebiet des N. ulnaris kannst Du auf Bild 1 und 2 sehen. Bild 1 Das Versorgungsgebiet des N. medianus auf Bild 3 und 4, hier beziehe ich mich hauptsächlich auf den Bereich der Hand, da dieser oft am auffälligsten ist. Bild 3 Bild 4 Taubheit oder auch Parästhesien (Kribbeln, „Ameisenlaufen“) sind eher selten, Lähmungen, die hypothetisch bei lange bestehender oder intensiver Kompression auftreten könnten, sind mir noch nie untergekommen und sind wie schon angedeutet vermutlich auch eher ein theoretisches Problem. Ursachen des Golferarms Der Hauptgrund für den sogenannten Golferellenbogen sind Überlastungen der oben genannten Muskulatur. Ähnlich wie beim Läuferknie oder auch dem plantarem Fersenschmerz ist aber nicht primär die Muskulatur schmerzhaft, sondern die Sehnen bzw. die Ansätze der Sehnen am Knochen. Ein Grund dafür ist vermutlich, dass die Muskeln deutlich weniger sensibel sind, als Sehnen oder auch Knochenhaut. Vor allem Handwerker, aber auch Golfspieler (daher das Synonym Golferarm) (2) haben ein erhöhtes Risiko, die Beschwerden zu entwickeln, aufgrund der erhöhten Belastungen der oben genannten Muskulatur. Beim Golferarm sind mir keine Untersuchungen zu weiteren Risikofaktoren bekannt, wie es sie beim Tennisarm gibt. Allerdings würde ich, da der Mechanismus der gleiche ist, davon ausgehen, dass die Risikofaktoren, die für die Entstehung eines Tennisarms gelten, genauso für einen Golferarm Risikofaktoren darstellen. Die angedeuteten Risikofaktoren sind vor allem Faktoren, die die Durchblutung und somit auch die Versorgung des Gewebes verschlechtern können, sowie Faktoren, die chronisch niedriggradige Entzündungen begünstigen, wie zum Beispiel Rauchen, Adipositas, Typ 2 Diabetes. Auch niedriggradige Entzündungen können im späteren Verlauf zu einer schlechteren Durchblutung des Gewebes führen. Allerdings scheinen auch psychologische Faktoren, wie Erschöpfung (sowohl körperlich als auch mental) die Entstehung zu begünstigen. Wenn wir uns jetzt nur das Symptom Schmerz im Bereich des äußeren Ellbogens anschauen, kann es auch durch eine Irritation des N. ulnaris oder aber des N. medianus oberhalb der betroffenen Stelle zu den Beschwerden kommen. Mögliche Gründe können zum Beispiel Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule oder Beschwerden im Bereich der Mm. scaleni bzw. der oberen beiden Rippen sein, sowie eine Enge im Bereich der Mm. pectorali, vor allem dem M. pectoralis minor. Andere typische Engpasssyndrome der beiden Nerven oberhalb des Ellenbogens werden nicht beschrieben, unterhalb bzw. im Bereich des Ellenbogens sieht das Ganze dann wieder anders aus. Auch wenn sich nach wie vor die Begriffe Epicondylitis humeri ulnaris bzw. Epicondylitis humeri medialis hartnäckig halten, so tritt normalerweise keine Entzündung im Rahmen des Golferarm auf. Ein Problem, was wir auch vom plantaren Fersenschmerz (Fersensporn) oder auch dem Läuferknie kennen, sowie Achillessehnenproblematiken kennen und vor allem auch dem Tennisarm. Wichtig wird das vor allem, wenn wir uns nachher die Therapie anschauen. Therapie des Golferarms Wie bei den meisten Überlastungsproblemen sind zwei Schritte besonders wichtig. Zum einen die betroffenen Strukturen beruhigen und zum anderen die betroffenen Strukturen trainieren und belastbarer machen. Beruhigen Beim Golferellenbogen gibt es mehrere Möglichkeiten, das Ganze zu beruhigen und die Schmerzen zu lindern. Der erste wichtige Punkt ist natürlich stark belastende Tätigkeiten zu reduzieren und das kann im Alltag definitiv herausfordernd sein, da Du die Unterarmmuskulatur im Alltag ständig brauchst. Je nach Schmerzintensität und Grad der Überlastung kann es Sinn machen, der betroffenen Seite für einige Tage komplett Ruhe zu gönnen, quasi einen virtuellen Gips anlegen (4). Manchmal kann hierbei auch Kinesiotape helfen, zum einen gibt es einen anderen Reiz auf das betroffene Areal, was allein schon einen schmerzlindernden Effekt haben kann. Zum anderen merkst Du es immer wieder beim Bewegen und hast somit auch eine Gedächtnisstütze den betroffenen Bereich zu entlasten. Einen kompletten Gips zur Ruhigstellung verwendet man mittlerweile nur noch sehr selten, da zum einen Bewegungsängste getriggert werden können und auch starke Bewegungseinschränkungen auftreten können. Manchen Patienten können auch sogenannte Spangen oder Bandagen helfen und eine Entlastung bringen. Schmerzmittel würde ich persönlich bei diesem Beschwerdebild versuchen zu vermeiden, da sie dazu führen, dass Du Dich eher überlasten wirst. Auch Kortison, was nach wie vor häufig genutzt wird, um die Beschwerden zu lindern, ist ebenso zweischneidig, wie Schmerzmittel, wenn nicht sogar noch mehr. Vor allem, wenn es mehrfach angewendet wird, schädigt es das Gewebe mehr, als dass es hilft. Stoßwelle ist eine Methode, die gerne bei Überlastungsproblemen genutzt wird, von ein paar Patienten habe ich hierzu positive Erfahrungen mitbekommen. Die Studienlage in diesem Bereich ist allerdings noch stark überschaubar und es wäre nicht mein Mittel der ersten Wahl. Operative Verfahren gibt es zwar, ich
Die Wahrheit über Tennisellenbogen und Mausarm
Tennisellenbogen, Tennisarm, Mausarm oder auf (halb-)schlau Epicondylitis humeri lateralis. Viele Begriffe für ein und dasselbe Problem: eine Überlastung der Muskeln bzw. Sehnen im Bereich des äußeren Ellenbogens. Wie sich die Beschwerden zeigen, warum es dazu kommen kann und wie das ganze auch behandelt wird, schauen wir uns in folgendem Text an. Auch warum epicondylitis nur halbschlau ist und welche Bedeutung das für die Behandlung des Tennisarms hat, erkläre ich Dir natürlich auch. Anatomie Betroffen ist im Falle des Tennisellenbogens hauptsächlich die Streckmuskulatur im Bereich des Unterarms, die sogenannten Extensoren. Es können aber alle Muskeln, die am lateralen (außenseitigen) Epicondylus (Knochenvorsprung) des Oberarmknochens im Bereich des Ellbogens ansetzen, betroffen sein. Folgende Muskeln haben hier ihren Ursprung (1): Musculus supinator (dreht den Unterarm, sodass die Handfläche nach oben zeigt) Musculus extensor carpi radialis brevis Musculus extensor carpi ulnaris Musculus extensor digitorum Musculus extensor digiti minimi Musculus anconeus (schwacher Strecker im Ellbogen) Wichtig zu wissen ist auch, dass der Nervus radialis (versorgt unter anderem den daumenseitigen Bereich der Hand) zwischen dem M. supinator entlang zieht, sodass dieser auch irritiert werden kann. Wenn Du so willst, dass Piriformis Syndrom des Ellbogens. Symptome Für viele Patienten wird vermutlich der Schmerz im Bereich des äußeren Ellbogens das dominierende Symptom sein. Dieses tritt vor allem bei Belastung der oben genannten Muskeln (vor allem Strecken der Hand gegen Widerstand) auf, aber auch das Zugreifen ist oft nur noch eingeschränkt schmerzfrei möglich. Wie oben schon erwähnt kann es auch zu einer Irritation des N. radialis kommen und somit Taubheit im Versorgungsgebiet kommen bis hin zu Lähmungen. Wo genau im Bereich der Hand das Versorgungsgebiet des N. radialis liegt, kannst Du auf den Bild 1 und Bild 2 sehen. Bild 1 Bild 2 Allein Taubheit ist schon ein seltenes Symptom, Lähmungen sind mir tatsächlich noch nie untergekommen und vermutlich auch nur ein theoretisch mögliches Problem. Ursachen des Tennisellenbogens Der Hauptgrund für den sogenannten Tennisellenbogen sind Überlastungen der oben genannten Muskulatur. Ähnlich wie beim Läuferknie oder auch dem plantarem Fersenschmerz ist aber nicht primär die Muskulatur schmerzhaft, sondern die Sehnen bzw. die Ansätze der Sehnen am Knochen. Ein Grund dafür ist vermutlich, dass die Muskeln deutlich weniger sensibel sind, als Sehnen oder auch Knochenhaut. Vor allem Handwerker, aber auch Tennisspieler (daher das Synonym Tennisellenbogen) (2) haben ein erhöhtes Risiko, die Beschwerden zu entwickeln, aufgrund der erhöhten Belastungen der oben genannten Muskulatur. Aber auch Mausarbeit kann zu einer entsprechenden Überlastung führen, daher auch der Begriff Mausarm, der gerne synonym für den Tennisellenbogen verwendet wird. Es gibt aber neben der zu hohen Belastung noch weitere Risikofaktoren, die die Entstehung eines Tennisellenbogens begünstigen können, vor allem Faktoren, die die Durchblutung und somit auch die Versorgung des Gewebes verschlechtern können, sowie Faktoren, die chronisch niedriggradige Entzündungen begünstigen, wie zum Beispiel Rauchen, Adipositas, Typ 2 Diabetes. (2) Auch niedriggradige Entzündungen können im späteren Verlauf zu einer schlechteren Durchblutung des Gewebes führen. Allerdings scheinen auch psychologische Faktoren, wie Erschöpfung (sowohl körperlich als auch mental) die Entstehung zu begünstigen. (2) Wenn wir uns jetzt nur das Symptom Schmerz im Bereich des äußeren Ellbogens anschauen, kann es auch durch eine Irritation des N. radialis oberhalb der betroffenen Stelle zu den Beschwerden kommen. Mögliche Gründe können zum Beispiel Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, starker Druck auf den Oberarm („Parkbank Lähmung“ oder auch „Honeymoon-Paralyse“ (3)) oder Beschwerden im Bereich der Mm. scalenii bzw. der oberen beiden Rippen sein. Auch wenn sich nach wie vor die Begriffe Epicondylitis humeri radialis bzw. Epicondylitis humeri lateralis hartnäckig halten, so tritt normalerweise keine Entzündung im Rahmen des Tennisellenbogens auf. Ein Problem, was wir auch vom plantaren Fersenschmerz (Fersensporn) oder auch dem Läuferknie kennen, sowie Achillessehnenproblematiken kennen. Wichtig wird das vor allem, wenn wir uns nachher die Therapie anschauen. Therapie des Tennisarms Wie bei den meisten Überlastungsproblemen sind zwei Schritte besonders wichtig. Zum einen die betroffenen Strukturen beruhigen und zum anderen die betroffenen Strukturen trainieren und belastbarer machen. Beruhigen Beim Tennisellenbogen gibt es mehrere Möglichkeiten, das Ganze zu beruhigen und die Schmerzen zu lindern. Der erste wichtige Punkt ist natürlich stark belastende Tätigkeiten zu reduzieren und das kann im Alltag definitiv herausfordernd sein, da Du die Unterarmmuskulatur im Alltag ständig brauchst. Je nach Schmerzintensität und Grad der Überlastung kann es Sinn machen, der betroffenen Seite für einige Tage komplett Ruhe zu gönnen, quasi einen virtuellen Gips anlegen (4). Manchmal kann hierbei auch Kinesiotape helfen, zum einen gibt es einen anderen Reiz auf das betroffene Areal, was allein schon einen schmerzlindernden Effekt haben kann. Zum anderen merkst Du es immer wieder beim Bewegen und hast somit auch eine Gedächtnisstütze den betroffenen Bereich zu entlasten. Manchen Patienten können auch sogenannte Spangen oder Bandagen helfen und eine Entlastung bringen. Schmerzmittel würde ich persönlich bei diesem Beschwerdebild versuchen zu vermeiden, da sie dazu führen, dass Du Dich eher überlasten wirst. Auch Kortison, was nach wie vor häufig genutzt wird, um die Beschwerden zu lindern, ist ebenso zweischneidig, wie Schmerzmittel, wenn nicht sogar noch mehr. Vor allem, wenn es mehrfach angewendet wird, schädigt es das Gewebe mehr, als dass es hilft. Stoßwelle ist eine Methode, die gerne bei Überlastungsproblemen genutzt wird, von ein paar Patienten habe ich hierzu positive Erfahrungen mitbekommen. Die Studienlage in diesem Bereich ist allerdings noch stark überschaubar und es wäre nicht mein Mittel der ersten Wahl. Persönlich arbeite ich in der Behandlung gerne mit Tools aus dem Bereich der Triggerpunkttherapie, wie zum Beispiel ischämischer Kompression oder auch Dry Needling. Zudem schaue ich mir auch immer umliegende Gelenke an, die von den oben genannten Muskeln bewegt werden. Hier habe ich gute Erfahrungen damit gesammelt, vorliegende Bewegungseinschränkungen zu behandeln. Sollten Beschwerden im Bereich des N. radialis oder aber im Bereich des Plexus brachialis (Nervengeflecht, bei dem der N. radialis einen Teil darstellt) zu den Symptomen führen, so ist es wichtig die Engstellen zu behandeln. Zusätzlich arbeite ich gerne noch mit Nervenslidern, um die Nerven zu beruhigen. Den Slider für den N. radialis kannst Du beispielsweise nebenstehend finden. Training (4, 5) Das Training sorgt dafür, dass Du den Tennisellenbogen langfristig loswirst. Übungen um die betroffene Muskulatur aufzubauen gibt es wie Sand am Meer. Wir schauen uns lieber gemeinsam an, welche Bewegungsrichtungen Du trainieren
5 Gründe, warum Osteopathie effektiver ist als ein Schmerzmittel
Ein spannendes Phänomen, was ich immer wieder sehe ist, dass Patienten mir nach einer Behandlung erzählen, dass die Behandlung Schmerzen stärker gelindert hat, als die vorherige Nutzung eines Schmerzmittels. Das klingt im ersten Moment seltsam und ich würde auch nicht behaupten, dass ich magische Hände habe. Aber wie kann es dann zu so einem Phänomen kommen? NA ja, es gibt ein paar einfache Erklärungen, warum Patienten nach einer Behandlung schmerzfreier rausgehen, als wenn sie vorher nur ein Schmerzmittel genommen haben. Wir schauen sie uns gemeinsam an und dabei wirst Du erkennen, dass Du einen Teil davon auch selbst umsetzen kannst, um Deine Schmerzen bereits alleine zu lindern. Entzündung vs. Schmerz Vermutlich eines der am häufigsten genutzten Schmerzmittel auf dem Markt ist Ibuprofen. Und gerade hierbei, aber auch bei anderen Medikamenten aus dieser Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) ist die Herausforderung, dass sie hauptsächlich über eine Entzündungshemmung Schmerzen lindern. Das funktioniert dann auch bei Schmerzen, die im Rahmen einer Entzündung auftreten, oft gut bis sehr gut. Allerdings sind nicht alle Schmerzen durch eine Entzündung bedingt. Es gibt auch viele weitere mögliche Ursachen für Schmerzen, wie Überlastungen (z.B. das Läuferknie) oder chronische Schmerzen, die oft keinen Zusammenhang zu einem Gewebeschaden mehr zeigen. In diesen Fällen wirst Du dann auch über eine Entzündungshemmung wenig schmerzlindernde Effekte erzielen können und vor allem dann können die 5 folgenden Ansätze einer Behandlung eine bessere Wirkung entfalten, als das Schmerzmittel. Allerdings können sie das teilweise auch bei entzündlichen Prozessen. Ruhe Behandlung In der Behandlung Du Zeit zur Ruhe zu kommen, bei mir im Normalfall eine ganze Stunde. Wann nimmst Du Dir sonst bewusst diese Zeit für Dich und kommst zur Ruhe ohne irgendwelche Ablenkungen? Dass Stress eine stark Schmerz steigernde Wirkung haben kann, ist ein Punkt, den wir uns bereits mehrfach angeschaut haben. Zur Erinnerung Stress stellt die Alarmanlage Deines Körpers sensibler ein, sodass Reize schneller als Schmerz wahrgenommen werden können. Wenn Du jetzt überlegst, wie Du das ganze selbst umsetzen kannst, ganz einfach: Komm zur Ruhe und sorg dafür, dass Dein Stresslevel möglichst gering ist. Vermeide zusätzliche Stressoren und entspanne Dich. Du kannst, wie in einem anderen Artikel bereits erwähnt, alleine über die Auswahl Deines Fernsehprogramms einen Einfluss auf Dein Stresslevel nehmen. Schau Dir vielleicht nicht den nächsten Horrorfilm oder Thriller an, sondern eine entspannte Komödie, natürlich kannst Du auch den Fernseher ganz auslassen und einen Spaziergang im Wald machen. Das wird zum einen Deiner Stimmung guttun und ein Spaziergang kann auch für sich eine schmerzlindernde Wirkung haben. Zusätzlich kannst Du natürlich auch Entspannungsübungen machen, ein paar Anregungen findest Du nebenstehend. Berührung Auch wenn aktive Behandlungen in den meisten Fällen langfristig besser Beschwerden lindern, als passive Maßnahmen, so ist doch die Berührung durch einen anderen Menschen etwas, was zu einer starken Schmerzlinderung führen kann. Mit am schönsten lässt sich das immer beobachten, wenn sich kleine Kinder verletzen. Die Eltern streicheln oder pusten über die verletzte Stelle, nehmen das Kind vielleicht kurz in den Arm und zack sind Schmerzen wie weggeblasen (das Aua, was davon fliegt). Die Wirkung von Oxytocin und wie es auf vielfältige Weise zu einer Reduktion von Schmerzen führen kann, haben wir uns bereits in einem früheren Artikel angeschaut. Diese schmerzlindernden Eigenschaften zu nutzen, ist häufig relativ einfach. Nähe in der Partnerschaft, sei es kuscheln, streicheln oder auch Sex. Alles hat schmerzlindernde Eigenschaften. Aber auch wenn Du nicht in einer Partnerschaft bist, gibt es einfache Möglichkeiten und bevor Du drüber nachdenkst, ja auch Selbstbefriedigung kann eine Möglichkeit sein. Ich denke aber zunächst an andere Dinge, wie beispielsweise Faszienrollen (ja, die kann man auch sanft nutzen!) oder Massagegurte. Kontrollgefühl Ein weiterer großer Vorteil ist, dass Du in der Behandlung merkst, dass Dein Schmerz kontrollierbar ist. Im Rahmen von Triggerpunktbehandlungen gibst Du beispielsweise vor, wie intensiv die Behandlung sein soll und darf. Wird es Dir zu viel, kannst Du Stopp sagen und ich passe die Intensität sofort an. Auch wenn wir uns gemeinsam anschauen, wie beweglich ein schmerzendes Gelenk ist, gibst Du vor, welche Bewegungen in Ordnung sind und welche nicht. Zudem wirst Du vielfach feststellen, dass der Schmerz sich auch verändert, wenn Du wirklich locker lassen kannst und das Gelenk passiv durchbewegt wird. Also die Spannung der Muskulatur, die Dein Körper vielleicht als Schutzspannung gedacht hat, sorgt dafür, dass es schmerzt und nicht eine Verletzung oder Überlastung. Du selbst kannst das auch zu einem gewissen Grad ausprobieren. Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, die Bewegung, die sonst Deine Schmerzen auslöst, durch kleine Veränderungen so zu modifizieren, dass der Schmerz weniger wird oder sogar verschwindet? Wenn ja, hast Du auch direkt einen weiteren Behandlungsschritt gefunden. Hierbei ist es dann auch egal, ob Du nur den Bewegungsweg etwas verkürzt oder die Bewegung tatsächlich anders als gewohnt durchführst. Die Hauptsache ist, dass Du Deine Schmerzen reduzieren kannst. Schmerzhafter Bereich wird von Fachkraft begutachtet und Ungewissheit wird zu Gewissheit Unsicherheit kann ein deutlicher Stressor sein und somit auch die Schmerzwahrnehmung erhöhen. Du weißt nicht sicher, ob ein Gewebeschaden vorliegt und Du etwas verschlimmerst, wenn Du Dich weiter bewegst. Sollst Du jetzt eine komplette Pause machen oder kannst Du dosiert weitermachen, vielleicht sogar leicht in den Schmerz reinarbeiten? Vielleicht hast Du auch schon bei Google nachgeschaut, was eine mögliche Ursache sein kann, für Deine Schmerzen und bist bei zig Diagnosen gelandet, die eine schlimmer als die andere. Hab ich schon mal erwähnt, dass Du nicht googeln solltest, nach Beschwerden? Wenn Du wirklich unsicher bist, such Dir den Rat eines Experten und mach zeitnah einen Termin aus. Du wärst nicht der erste, von dem ich mitbekomme, dass eine Gewissheit (selbst wenn etwas geschädigt sein sollte) zu einer Reduzierung der Schmerzen geführt hat. Es hört sich jemand die Probleme an und geht darauf ein Der letzte Punkt klingt vielleicht am banalsten, ist aber meiner Meinung nach einer der wichtigsten Punkte. Du kannst Dir wirklich mal alle Deine Sorgen, Probleme und Ängste von der Seele reden und Dir hört jemand zu und geht darauf ein. Eine kleine Patientenanekdote und warum man sich manchmal „auskotzen“ sollte findest Du im Podcast bzw. auf YouTube.
Das Piriformis Syndrom
Das Piriformis Syndrom wird gerne als Erklärung genutzt, wenn Beschwerden im Bereich des unteren Rückens auftreten oder der Ischiasnerv Probleme macht. Aber stimmt es wirklich, dass ein kleiner Muskel alleine so oft für Beschwerden verantwortlich ist? Wenn ja, woran liegt das und wenn nein, was kann noch dafür verantwortlich sein? Wir schauen uns wie immer zuerst die Anatomie an, gehen über zum Piriformis Syndrom und was das eigentlich bedeutet und schauen uns zum Abschluss an, wie das ganze behandelt werden kann. Anatomie (1, 2, 3) Der Musculus piriformis ist ein Teil der Gesäßmuskulatur und liegt unter dem Musculus gluteus maximus (großer Gesäßmuskel, quasi der Hauptteil des Hinterns, den Du siehst). Sein Ursprung ist am Sakrum (Kreuzbein), dem Ligamentum sacrotuberale (zieht vom Kreuzbein zum Sitzbeinhöcker) und der Gelenkkapsel des Iliosakralgelenks (ISG), von wo aus er zum Trochanter major (der Knochenfortsatz, den Du seitlich am Oberschenkel auf Hüfthöhe spürst) des Oberschenkelknochens zieht. Die Hauptfunktionen des Piriformis ist die Außenrotation der Hüfte. Zudem bewirkt er im Hüftgelenk noch eine Abduktion (seitliches Abgrätschen des Beins), sowie eine Stabilisation und Streckung des Hüftgelenks. (1, 2, 3) Es wird auch diskutiert, ob er ab einer gewissen Beugung (ca. 80°) von seiner Rolle als Außenrotator zum Innenrotator wechselt (1), hierzu findet man in der Literatur aber unterschiedliche Angaben. In seinem Verlauf zieht der Muskel durch das sogenannte Foramen ischiadicum majus (Durchtrittstelle im Beckenbereich, wird nachher beim Piriformis Syndrom wichtig) und unterteilt es in zwei Teile (1). Durch den unteren Anteil zieht unter anderem der Ischiasnerv. Wie genau ist allerdings nicht einheitlich (wie vieles in der Anatomie). Bei ca. 15 % der Bevölkerung zieht ein Teil des N. ischiadicus (N. fibularis) direkt durch den M. piriformis. Bei 85 % der Bevölkerung zieht der Nerv unterhalb des Muskelbauchs entlang und bei 0,5 % oberhalb (3). Das Piriformis Syndrom Mögliche Beschwerden Der Begriff Piriformis Syndrom wurde 1947 erstmals von Dr. Daniel Robinson beschrieben (4). Da er Chirurg war, war sein Behandlungsansatz (wen wundert es) eine Operation. Wenn der Piriformis Beschwerden verursacht, kann es zu verschiedenen Symptomen kommen. Zum einen, wie bei fast allen Muskeln, können Schmerzen lokal auftreten (wenig überraschend), also entweder im Gesäßbereich oder im unteren Rücken. Aufgrund der Nähe zum Ischiasnerv kann es aber auch zu Ischiasbeschwerden kommen, im Rahmen des Piriformis Syndroms. Hierbei handelt es sich dann um ein ähnliches Nervenengpasssyndrom, wie beim Karpaltunnelsyndrom. Gründe können Unfälle sein (Hauptthese von Robinson) oder Überlastungsprobleme, die zu einer dauerhaft erhöhten Anspannung im Muskel führen bzw. auch eine Hypertrophie (Dickenwachstum) des Muskels oder aber ein ungünstiger Verlauf des Ischiasnervs im Vergleich zum Piriformis (5). Testung Das Ziel der Untersuchung ist zum einen anderen Auslöser auszuschließen, wie beispielsweise einen Bandscheibenvorfall oder eine Arthrose der Hüfte und zum anderen die Symptome durch Dehnung oder Anspannung des M. piriformis zu provozieren. Es gibt beispielsweise zwei Provokationstests für den Piriformis. Einer wird in Rückenlage durchgeführt, bei isometrischer Anspannung der Hüfte in Innenrotation und vorheriger passiver Einstellung der Hüfte in Beugung, Adduktion (zur Körpermitte herangeführt) und Außenrotation der Hüfte (6). Der andere Test wird in Seitlage mit 60° Hüftbeugung und Beugung des Knies beim oberen Bein durchgeführt. Hierbei wird das Becken fixiert und das obere Knie nach unten gedrückt (somit in Innenrotation) (6). Hier haben wir also zum einen eine aktive Variante und zum anderen eine rein passive Möglichkeit zum Testen des Piriformis. Häufig liefern aber auch schon die Anamnese und eine allgemeine körperliche Untersuchung gute Hinweise auf die Gesäßmuskulatur allgemein. Persönlich habe ich bis jetzt noch nicht exakt differenzieren müssen, welcher Teil der tiefen Gesäßmuskulatur genau betroffen ist. Behandlung Hier kommt es ein wenig darauf an, welche Symptome im Vordergrund stehen. Wenn der Ischiasnerv mit betroffen ist, würde ich zunächst mit sachten Nervenmobilisationen (Slider) starten, um diesen zu beruhigen. Hierzu habe ich nebenstehend einen Link angefügt. https://youtu.be/1erJjVtv4OQ Wenn ein zu verspannter Piriformis das Problem ist, würde ich in der Behandlung durch zum Beispiel Triggerpunkttherapie ansetzen, was Du zum Beispiel über einen Lacroseball oder Faszienrollen auch selbst versuchen kannst. Da die schmerzhaften Verspannungen aber oft damit zusammenhängen, dass der Muskel überlastet ist, weil er für die geforderten Belastungen nicht genug Kraft hat, sind zusätzliche Kräftigungen oft sinnvoll. https://youtu.be/Px5aLfB6vgQ Hier kannst Du zum Beispiel mit der einbeinigen Brücke oder der Abduktion aus der Seitlage (evtl. mit zusätzlicher aktiver Außenrotation arbeiten) (2). Die Übungen kannst Du auch in den nebenstehenden Videos finden. https://youtu.be/6QyQb0WqEjc Wichtig ist, dass der Piriformis hauptsächlich dann aktiv wird, wenn Du eine Außenrotation der Hüfte halten musst. Zusätzlich wird bei Abduktionsbewegungen (seitliches Abgrätschen) und auch Streckung der Hüfte (Extension) der Muskel gefordert (2). Ergänzend kann es manchmal Sinn machen, mit Dehnübungen zu arbeiten, um hierüber eine Entspannung und Schmerzlinderung zu erzielen. Hierzu ist es am effektivsten, wenn Du die Hüfte zwischen 115 und 120° beugst, 40 -50° Außenrotation (Unterschenkel wird nach innen gedreht) und 25-30° Adduktion (zur Körpermitte hin) einstellst (7). Während der Dehnung solltest Du allerdings darauf achten, dass Symptome, die mit dem Ischiasnerv zusammenhängen, wie Taubheit, Kribbeln nicht auftreten. Sollten diese Symptome durch Dehnübungen oder das Arbeiten mit Lacrosseball bzw. Faszienrolle auftreten, lass sie erstmal weg und sprich mit Deinem Behandler nochmal darüber. Fazit Auch wenn der Piriformis scheinbar prädestiniert ist Probleme hervorzurufen, durch eine Einengung des Ischiasnervs, so denke ich nicht, dass er immer der alleinige verantwortliche ist und in dieser Hinsicht etwas überschätzt wird. Er wird mit Sicherheit oft einen Anteil zu den Beschwerden beitragen, sie allerdings nicht alleine verursachen. https://youtu.be/WvwbWimMej0 Zum Podcast Quellen (1) https://flexikon.doccheck.com/de/Musculus_piriformis (2) https://www.physiomeetsscience.net/uebungsformen-zur-aktivierung-der-kurzen-hueftrotatoren-teil1-m-piriformis/ (3) Schünke, M., Schulte, E., Schumacher, U., Voll, M.,, Wesker, K. (2007). Prometheus, LernAtlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Stuttgart: Thieme. (4) ROBINSON D. R. (1947). Pyriformis syndrome in relation to sciatic pain. American journal of surgery, 73(3), 355–358. https://doi.org/10.1016/0002-9610(47)90345-0 (5) https://www.physiomeetsscience.net/deep-gluteal-pain-syndrome-das-tiefe-glutealsyndrom-im-kontext-des-extra-arktikulaeren-hueftimpingements-teil-1/ (6) https://www.physiomeetsscience.net/deep-gluteal-pain-syndrome-das-tiefe-glutealsyndrom-im-kontext-des-extra-arktikulaeren-hueftimpingements-teil-2/ (7) https://www.physiomeetsscience.net/die-biomechanisch-optimale-dehnung-des-m-piriformis/ Disclaimer Im Text befinden sich sogenannte Affiliate-Links zu Amazon. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für Dich kommt es hierbei zu keinen Mehrkosten, es unterstützt mich lediglich in meiner Arbeit. Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne Ries. Ich bin Heilpraktiker, Osteopath und Physiotherapeut und schon von klein auf vom menschlichen Körper fasziniert. Nachdem ich mehrere Jahre als angestellter Physiotherapeut gearbeitet habe, habe ich mir 2021 den Traum der eigenen
3 Grundregeln im Umgang mit Schmerz
Auch wenn es Sinn macht, die Auslöser von Schmerzen gezielt zu behandeln, so gibt es doch ein paar Grundregeln, die eigentlich immer gelten, wenn Du Schmerzen hast. Das hat für Dich als Patient den Vorteil, dass Du bereits selbstständig erste Schritte unternehmen kannst, bevor Du Dir einen konkreten Rat bei einem Therapeuten einholen kannst. Denn oft genug kommt es vor, dass die Probleme Nachts, am Wochenende oder gar im Urlaub auftreten und Du nicht immer direkt den Behandler Deines Vertrauens aufsuchen kannst, um das Problem gezielt anzugehen. Meiner Erfahrung nach sind drei Grundregeln wichtig, wenn es darum geht, Schmerzen zu behandeln und erste Schritte zu unternehmen, um neu aufgetretene Schmerzen loszuwerden. Hierbei ist es dann auch egal, ob es sich um eine Sportverletzung handelt oder um Schmerzen, die ohne einen Unfall aufgetreten sind, wie z.B. Rückenschmerzen, Läuferknie oder sogar Ischiasbeschwerden. Manchmal wirst Du Deine Beschwerden damit schon loswerden können, aber selbst wenn nicht sind es schon erste wichtige Schritte, um Deine Schmerzen zumindest zu lindern und die Zeit bis Du einen Experten sehen kannst, der mit Dir einen konkreten Plan erarbeitet zu überbrücken. Ruhe bewahren Der erste wichtige Punkt ist Ruhe bewahren. Klingt banal, ist aber wichtiger, als Du im ersten Moment denken wirst. In einem früheren Artikel haben wir uns bereits angeschaut, welche Rolle Stress beim Thema Schmerzintensität spielt. Kurz zusammengefasst stellt Stress die Alarmanlage Deines Körpers sensibler ein und Reize werden schneller als Schmerz wahrgenommen. Wie sieht das jetzt in der konkreten Umsetzung aus? Zunächst einmal mach Dir bewusst, dass die meisten Verletzungen auch von selbst heilen werden, wenn Du ihnen genug Zeit gibst und Deinen Körper nicht dabei störst. Es kann zwar manchmal etwas dauern, aber selbst wenn Deine Rückenschmerzen durch einen Bandscheibenvorfall kommen sollten, auch dieser wird im Normalfall innerhalb von 12 Monaten verheilen, spannenderweise sogar häufig besser, wenn es sich um einen größeren Vorfall handelt (1) Vergessen solltest Du aber hierbei sowieso nicht, dass der Gewebeschaden nicht immer damit korrelieren muss, wie sehr etwas weh tut, das solltest Du auch im Hinterkopf behalten, wenn es später zur Bildgebung kommen sollte. Nach Deinen Symptomen zu googeln würde ich Dir im Allgemeinen nicht empfehlen, in seltenen Fällen kann es einen Vorteil mit sich bringen (eine Anekdote dazu findest Du im Podcast bzw. YouTube Video), in den meisten Fällen wirst Du aber nur Dein Stresslevel erhöhen, weil die Suche Dich zu schwerwiegenden Krankheitsbildern führt. Zutreffen wird diese Diagnose aber in den meisten Fällen nicht. Positiven Einfluss auf Deine Schmerzen kannst Du beispielsweise durch Entspannungsübungen nehmen oder indem Du Komödien schaust, anstatt den nächsten Horrorthriller. Dinge sein lassen, die weh tun Bei einer offenen Wunde wirst Du eher weniger ständig dran herumspielen, oder? Warum denkst Du, könnte es Sinn machen, einen schmerzhaften Bereich immer wieder zu belasten oder ständig zu schauen, ob eine Bewegung immer noch weh tut? Richtig, das macht genauso wenig Sinn. Zunächst solltest Du den Bereich, der weh tut, so behandeln, als ob wirklich etwas verletzt ist und dem Bereich Ruhe gönnen, zumindest die ersten Tage. Virtueller Gips Das folgende Konzept habe ich das erste Mal bei Chris Eikelmeier kennengelernt: einen künstlichen Gips anlegen bzw. so tun, als ob der Bereich frisch operiert wurde (2). Der Sinn dahinter? In beiden Fällen ist Dir klar, dass Du dem Bereich Ruhe zukommen lassen würdest. In vielen anderen Fällen fällt es Patienten (mir ehrlicherweise auch) schwerer, Ruhe zu geben und die Belastung zunächst deutlich zu reduzieren. Wie lange das sinnvoll ist? Das hängt ein wenig vom individuellen Fall ab. Grob gesagt, je länger und intensiver der Schmerz ist, desto länger und strikter macht es Sinn. Bewegen im schmerzfreien Bereich Lockeres Bewegen kann trotz des virtuellen Gipses funktionieren, auch wenn das zunächst widersprüchlich klingt. Auch im Krankenhaus wird nach Operationen oder bei einem Gips frühzeitig losgelegt, mit Bewegung und der Gips dafür abgenommen. Genau so kannst Du Dir das auch im Falle des virtuellen Gipses vorstellen, Du legst ihn bewusst ab, um den Bereich der Dir Beschwerden bereitet zu bewegen. Ähnlich wie bei einem Knochenbruch wirst Du aber nicht mit Volllast starten, sondern erstmal passiv bzw. assistiv an die Bewegung rangehen. Das heißt, Du sorgst dafür, dass die schmerzhaften Strukturen unterstützt werden. Beispielsweise kannst Du Deinen Arm mit dem nicht schmerzhaften Arm unterstützen, sodass die Bewegung schmerzfrei bleibt. Schmerz ist hierbei immer die Maßgabe, vor allem zu Beginn sollte höchstens ein minimaler Schmerz auftreten, idealerweise findet die Bewegung komplett schmerzfrei statt. Die Schmerzampel würde ich bei intensiven und hochakuten Schmerzen sogar noch strenger sehen und das Schmerzlevel höchstens bis 2 oder 3 ansteigen lassen. Drei weitere Maßnahmen, um Dein Training zu gestalten, findest Du in folgendem Artikel. Eine davon ermöglicht Dir sogar ein intensives Training. Schmerzmittel Schmerzmittel sehe ich persönlich immer sehr zwiespältig und es ist eine sehr individuelle Entscheidung, wann ein solches Medikament sinnvoll ist und vor allem auch welches. Als grobe Faustregel gilt für mich immer, dass wenn der Schlaf nicht mehr funktioniert, würde ich ein Schmerzmittel in Betracht ziehen. Ansonsten würde ich versuchen, es zu vermeiden. Hierfür gibt es vor allem zwei Gründe: Du merkst besser, was Dir guttut und was nicht Medikamente wie Ibuprofen können die Wundheilung negativ beeinflussen Grund 1 ist, denke ich, leicht verständlich und bedarf keiner weiteren Erklärung. Beim 2. Punkt gibt es vermutlich ein paar überraschte Gesichter. Das Problem bei Ibuprofen und anderen Schmerzmitteln, die zur Gruppe der sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) gehören, ist, dass sie hauptsächlich über die entzündungshemmende Wirkung (COX2 Hemmung) zu einer Linderung der Beschwerden führen. Durch die Hemmung der Entzündung wird auch die Heilung damit ein Stück weit ausgebremst wird. In einem anderen Artikel haben wir uns das Thema Wundheilungsphasen schon genauer angeschaut, wenn Dich das genauer interessiert, lies es Dir gerne dort nochmal durch. Hier die kurze Zusammenfassung, der relevanten Punkte: Der erste Schritt in der Wundheilung ist immer die Entzündungsphase und der Rest baut darauf auf. Wenn ich hier schon frühzeitig einen Dämpfer einbaue, dann wird die Heilung nicht richtig ablaufen können. Daten hierzu gibt es bereits zu Knochenheilung und Sehnenheilung (3) und auch die
3 Schritte zu gesunden Routinen
„Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen. Man muß sie die Treppe hinunterprügeln, Stufe für Stufe.“, das Zitat von Mark Twain beschreibt sehr deutlich, wie schwierig es manchmal sein kann, Routinen zu verändern. Aber warum ist das eigentlich so und welche Tricks gibt es, um leichter ungesunde Gewohnheiten abzulegen und gesunde zu etablieren? Da ich selbst aktuell merke, wie schnell ich mich zum Teil ablenken lasse, wenn ich etwas erledigen will und kein Mensch bin, der Dinge einfach nur durch Selbstdisziplin erledigt bekommt, habe ich überlegt, welche Wege mir immer dabei helfen, wieder zurück auf die Spur zu kommen. In meinen Augen sind hierfür drei Schritte besonders wichtig. Zum Schluss gibt es noch einen Bonustipp, der sich in manchen Situationen gezielt nutzen lässt, aber auch etwas zweischneidig ist. Vielleicht ist ja auch für Dich etwas Passendes dabei, das Dir dabei hilft Deine (gesundheitlichen) Ziele leichter zu verfolgen und Dir gute Routinen anzugewöhnen und den schlechten leichter zu widersagen. Der Sinn von Routinen Routinen haben einen immensen Vorteil: Sie kosten uns weniger Energie, als bewusste Entscheidungen. Erinner Dich mal zurück, an die Zeit, als Du Deinen Führerschein gemacht hast. Wie komplex es war, mit der Schaltung, den Pedalen und gleichzeitig noch auf Deine Geschwindigkeit und den Verkehr zu achten. Im Laufe der Zeit wurdest Du immer routinierter und musstest nicht mehr soviel nachdenken, wie Du ein Auto fährst, sondern hattest den Kopf freier, Dich auf den Verkehr und andere Dinge zu konzentrieren. Mit anderen Routinen ist es genauso, unser Gehirn liebt sie und baut sie entsprechend gerne auf. Das Problem ist allerdings, dass sich dann auch gerne mal negative Routinen einschleichen. Beim Raucher vielleicht die Zigarette nach dem Essen oder beim Alkohol trinken. Beim Übergewichtigen vielleicht der unbewusste Griff in den Kühlschrank zur Schokolade und zack ist die Tafel wieder halb weg und Du hast es vielleicht noch nicht mal richtig bemerkt. Das Problem ist, dass sowohl Essen als auch Zigaretten oder manch andere negative Routinen nicht direkt schädlich sind, sondern oft sogar erst einmal positive Reaktionen in Dir hervorrufen. Die negativen Folgen kommen erst nach einer längeren Zeit. Würdest Du von einer Zigarette direkt nur husten und kaum atmen können, wäre Deine Motivation zu einer weiteren Zigarette zu greifen nicht allzu groß. Um negative Routinen loszuwerden, stehst Du also oft vor dem Problem, dass Du Dir kurzfristige Belohnungen oder Genussmomente versagen musst, um langfristig etwas zu gewinnen. Bei Sport oder anderen gesunden Verhaltensweisen ist es dann oft so, dass es kurzfristig vielleicht sogar unangenehm sein kann, langfristig aber positive Effekte auf Deine Gesundheit hat. Wie lange dauert der Aufbau von Routinen? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, aus der Erfahrung heraus würde ich aber sagen, dass es oft einen Zeitraum von ca. 4 Wochen benötigt, bis sich eine Routine halbwegs gefestigt hat. Manchmal kann der Prozess aber auch länger dauern oder teilweise sogar etwas schneller gehen. Spätestens, wenn Du Deine Routine zum ersten Mal unterbrechen und wieder starten musstest, ist das ein sehr gutes Zeichen, dass sie sich gefestigt hat. Gründe hierfür können beispielsweise eine starke Erkältung bzw. Krankheit sein, die Dich vom Sport abhält. Der Weg zur neuen Routine Wenn wir uns jetzt anschauen, wie Du neue gesunde Routinen etablieren kannst, sind in meinen Augen drei Schritte besonders wichtig. Diese solltest Du natürlich an Dein individuelles Ziel genau anpassen. Keine Sorge, ich gebe Dir aber auch zu jedem Schritt ein paar Beispiele mit, um Deine Kreativität ein wenig anzustupsen. Ziel definieren Wenn Du kein konkretes Ziel hast, ist es oft schwierig eine Routine beizubehalten. Das Problem tritt genauso auf, wenn Du wanderst und nicht weißt, wo Du hinwillst. Es kann eine schöne Tour daraus werden, aber Du kannst auch sonst wo landen. Da der Aufbau einer gesunden Routine zunächst mit Arbeit verbunden ist, solltest Du einen guten Grund parat haben, warum Du das ganze machst. Je konkreter ein Ziel ist, desto einfacher wird es dann auch dranzubleiben und noch einfacher, wenn Du auf einen konkreten Termin hinarbeitest. Hast Du beispielsweise vor, mehr Sport zu machen, so kann es hilfreich sein, wenn Du einen konkreten Wettkampf anpeilst, an dem Du teilnimmst. Wenn Du weißt, dass der Wettkampf ohne Training schwierig werden wird, umso besser. Arbeitest Du auf ein konkretes Ziel hin, wird Dir die Umsetzung neuer Routinen oft deutlich leichter fallen. Sobald der Wettkampf dann vorbei ist, kannst Du diese einfach beibehalten, weil damit aufzuhören wieder mit mehr Aufwand verbunden ist. Was sich zum Definieren von Zielen oft gut eignet, ist die sogenannte SMART-Formel. Die einzelnen Buchstaben stehen für: S pezifisch (konkrete und eindeutige Beschreibung M essbar (quantitative oder qualitative Bewertung ist möglich) A ttraktiv (Du musst es wirklich wollen) R ealistisch (es darf zwar schwierig sein, aber Du musst wissen, dass es für Dich machbar ist) T erminiert (es gibt einen Zeitpunkt, zu dem das Ziel erfüllt werden muss) Mein Vorschlag wäre, dass Du Dich auch wirklich hinsetzt und das Ziel für Dich aufschreibst, am besten handschriftlich, da hierüber für die meisten Menschen eine deutlich höhere Verbindlichkeit entsteht. Häng es Dir gerne auch irgendwo auf, wo Du es regelmäßig siehst und daran erinnert wirst. Damit kommen wir dann auch zum nächsten Punkt: Routine bewusst machen Wenn Du eine negative Routine durch eine positive ersetzen möchtest, ist es erstmal wichtig Dir Dein Verhalten bewusst zu machen. Vielen von uns geht es zum Beispiel so, dass sie sich nebenbei mal das Handy schnappen und auf Social Media endlose Stunden verbringen, obwohl sie eigentlich etwas ganz anderes machen wollen. Es gibt einige Apps, die Dich hierbei unterstützen können, genau das zu vermeiden. Ich probiere beispielsweise zurzeit mal wieder one sec, eine App, die ich sowohl auf Handy, Tablet als auch MacBook nutzen kann, sie lässt sich aber auch auf Android Geräten nutzen und es gibt Erweiterungen für die gängigsten Internetbrowser. Die Einrichtung braucht nur ein paar Minuten und schon unterstützt Dich die App dabei, die Ablenkungen vor allem durch Social Media zu reduzieren. Es gibt aber noch viele weitere Apps, die ähnlich funktionieren, hier würde ich mich im jeweiligen App Store
Beinlängendifferenzen – die Wurzel allen Übels oder Normal?
Früher war das Becken für mich immer ein unglaublich wichtiger Ausgangspunkt in der Diagnosestellung. Ist das Becken gerade, gibt es Einflüsse über den Bauchraum oder liegt eine Beinlängendifferenz vor? Und gerade über Beinlängendifferenzen oder auch einen Beckenschiefstand lassen sich viele orthopädische Beschwerden erklären, in der Osteopathie erklärt man sich Beschwerden gerne über Ketten, die sich in alle möglichen Richtungen aufbauen lassen. Und über unterschiedlich lange Beine und daraus entstehende Ketten, eine Skoliose, einseitige Überlastungen der Beine oder auch Beschwerden im oberen Rücken bis hin zu Schwindel und Kopfschmerzen zu erklären, ist leichter, als Du im ersten Moment vielleicht denken wirst. Ob sich hierin dann allerdings immer die wahren Ursachen finden lassen, ist dann wieder ein anderes Thema. In diesem Artikel schauen wir uns gemeinsam an, wie Beinlängendifferenzen eigentlich festgestellt werden und welche Methoden hier gut und welche schlecht sind. Ebenso werden wir auch klären, ob ein Beinlängenunterschied wirklich so ein großes Problem ist, wie es oft geschildert wird und wie wichtig das Thema für die Behandlung ist. Funktionelle vs. anatomische Beinlängendifferenz Zunächst schauen wir uns eine wichtige Unterscheidung an, wenn es um Beinlängendifferenzen geht: den Unterschied zwischen einer anatomischen und einer funktionellen Beinlängendifferenz. Beim einen Fall können Einlagen oder auch sogar speziell angepasste Schuhe eher mal Sinn ergeben, im anderen Fall gibt es oft noch mehr Ansatzmöglichkeiten. Ebenso sind manche Tests in der Diagnostik nicht geeignet, um zu unterscheiden, welche Art von Beinlängendifferenz vorliegt. Da wir uns die Tests auch noch anschauen werden, macht es Sinn vorher die beiden Begrifflichkeiten zu definieren. Anatomisch Die anatomische Beinlängendifferenz lässt sich sehr schnell erklären, hier sind die Beine wirklich unterschiedlich lang. Der Grund kann im Oberschenkel bzw. im Bereich des Unterschenkels liegen. Mögliche Gründe sind Knochenbrüche, die Genetik oder auch in Folge schwererer neurologischer Erkrankungen. Funktionell Von außen betrachtet wirkt es so, als ob die Beine unterschiedlich lang wären, zum Beispiel, weil das Becken „schief ist“. Gründe können beispielsweise Gelenkfehlstellungen sein oder unterschiedlich ausgeprägte Fußgewölbe. Die einfachsten Fälle, die ich persönlich in der Behandlung hatten zeigten lediglich eine unterschiedliche Spannung beider Seiten, im Bereich der Muskulatur zwischen Beckenkamm und unteren Rippen. Aber auch, wenn Du ein Knie beispielsweise nicht komplett durchstrecken kannst, kann es so wirken, als ob beide Beine unterschiedlich lang wären. Diagnose Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Beinlängendifferenzen festzustellen, manche sind nur mehr oder weniger genau und werden meiner Erfahrung nach sehr häufig angewendet, andere wiederum sind sehr genau, werden allerdings seltener angewendet. Wir arbeiten uns mal von den häufigen, eher ungenauen, zu den genaueren, eher selteneren Tests durch. Blickdiagnostik mittels Becken Was vermutlich die meisten kennen dürften, ist, wenn Du als Patient gerade steht, der Behandler legt die Hände auf die Beckenkämme (crista illiaca) und schaut, ob beide Seiten auf einer Höhe sind. Das lässt sich auch über die Vorder- und Hinterseite des Beckens (an den sogenannten spina iliaca anterior/ posterior superior) machen, wird aber weniger genutzt. Zum einen, weil man in der Osteopathie oder auch in einigen anderen manuellen Behandlungstechniken davon ausgeht, dass das Becken verdreht sein könnte, also eine Beckenhälfte nach vorne oder hinten gedreht stehen könne und zum anderen, weil diese Knochenvorsprünge auch so unterschiedlich ausgeprägt sein können. Um die Aussagekraft dieser Untersuchungsform zu erhöhen, wäre es eigentlich sinnvoll, sich alle drei Punkte anzuschauen und zu vergleichen. Erfahrungsgemäß passiert das allerdings eher selten. Teilweise kommen auch sogenannte Beckenwaagen zum Einsatz, die Du auf dem nebenstehenden Bild siehst. Diese funktionieren mehr oder weniger als eine Art Wasserwaage, die auf beiden Seiten am Becken angelegt wird. Persönlich habe ich diese allerdings noch nicht verwendet, da diese Methode zwar starke Auffälligkeiten zeigen kann, wenn es allerdings in kleinere Unterschiede geht, wird es sehr schnell ungenau, sodass ich hier eine Messung für nicht sinnvoll erachten würde. Die Verlässlichkeit der manuellen Untersuchung (also mit den Händen des Therapeuten) scheint eine moderate Genauigkeit aufzuweisen (1). Beine messen Eine Methode, die ich in der Behandlung lange nicht verwendet habe, die wir aber im Physiostudium beigebracht bekommen haben und die auch praktikabel und relativ genau ist, ist das direkte Messen der Beinlänge. Hier gibt es sogar zwei verschiedene Methoden. Mit der einen wird die funktionelle Beinlänge gemessen und über die andere die anatomische Beinlänge. Die Messung erfolgt in beiden Fällen in Rückenlage. Wenn Du die funktionelle Beinlänge messen willst, misst Du vom Außenknöchel bis zur sogenannten Spina iliaca anterior superior. Diese findest Du vorne an der Beckenschaufel, als höchsten und prominentesten Punkt. Erkennen kannst Du das auf dem ersten Bild unter diesem Text. Geht es Dir um die anatomische Beinlänge, dann misst Du vom Innenknöchel zum Trochanter major, dem prominentesten Punkt seitlich an der Hüfte. Erkennen kannst Du das auf dem 2. Bild unter diesem Text. Die Methode ist von der Genauigkeit zwar schlechter als das Röntgen, scheint aber dennoch eine brauchbare Alternative für den Praxisalltag zu sein, mit einer vernünftigen Verlässlichkeit (2). Bildgebende Diagnostik Nach wie vor der Goldstandard, wenn es um die Bestimmung einer anatomischen Beinlängendifferenz geht und wenn man auch exakt messen will, wie groß der Unterschied ist, ist die bildgebende Diagnostik. Hierzu kommen Röntgen oder CT zum Einsatz, die sowohl im Stehen, als auch im Liegen erfolgen können. Manche funktionellen Beinlängenunterschiede dürften sich vermutlich erst im Stehen zeigen. Was ist normal? Die Gretchenfrage: ab wann ist der Unterschied ein Problem und wann natürliche Asymmetrie. Hierzu gibt es ehrlicherweise keine Einigkeit, was für mich persönlich auch nachvollziehbar ist, denn jeder Körper wird anders reagieren und die Frage ist auch, wie lange er Zeit hat, sich auf die Asymmetrie einzustellen. Studien deuten darauf hin, dass bis zu 90 % der Bevölkerung eine Beinlängendifferenz von bis zu 1 cm aufweisen (3, 4). Es scheint, als ob erst ab einem Unterschied von über 2 cm häufiger Probleme auftreten und ab 5 mm könnte es langfristig bei manchen Personen zu Beschwerden kommen (4). Unterschiede von bis zu 5 mm scheinen sich nicht unangenehm bemerkbar zu machen und erst ab 1 cm scheinen Probanden zu spüren, wenn eine künstliche Beinlängendifferenz geschaffen wird (5). Auch zeigten sich nur minimal veränderte Bewegungsmuster im Gang, bei künstlich geschaffenen Beinlängendifferenzen von bis zu 3