5 Tipps gegen Arthrose, die wirklich funktionieren

Arthrose zählt in unserer Gesellschaft zu den häufigen orthopädischen Erkrankungen und wenn man sich anschaut, was für Pillen, Zauberübungen und Co. angeboten werden, ist es auch ein riesiger Markt. Die häufigste „Therapie“, die man im persönlichen Umfeld mitbekommt, ist vermutlich die Gelenkersatz-OP. In Deutschland werden pro Jahr ca. 200.000 künstliche Hüftgelenke und auch ähnlich viele Knieprothesen eingesetzt (1) Bei ca. 50 % der über 65-jährigen Frauen und über 30 % der Männer in diesem Alter finden sich arthrotisch veränderte Gelenke. Was ist Arthrose? Wie immer schauen wir uns erstmal an, was das ganze eigentlich ist, bevor wir überlegen, wie man das Ganze denn wirklich sinnvoll behandeln kann. Arthrose wird häufig als übermäßiger Gelenkverschleiß oder einfach Gelenkverschleiß beschrieben. Wenn man sich anschaut, welche Veränderungen im Gelenk stattfinden, sieht die Beschreibung auch erstmal in Ordnung aus. Führt uns aber auch direkt zu einem Missverständnis, das häufig bei Patienten auftritt. Diese Beschreibung sagt nichts über Schmerzen oder Einschränkungen aus. Schauen wir uns jetzt mal an, wie DocCheck in seinem Flexikon (eine Art Wikipedia für Mediziner) Arthrose definiert: „Bei der Arthrose handelt es sich um eine degenerative Gelenkerkrankung, die im Gegensatz zur Arthritis primär nicht entzündlich ist. Sie entsteht vor allem durch langjährige Überbelastung und zeichnet sich durch eine progrediente Veränderung der Knorpel- und Knochenstruktur aus, die schließlich zur Gelenkdeformierung führen kann.“ (2) Zwar handelt es sich um eine fortschreitende (progrediente) Veränderung, allerdings bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass es zu Deformitäten der Gelenke kommt. Dies ist eine weitere Vorstellung, die allerdings viele Patienten haben. Wie entsteht Arthrose Es gibt viele Faktoren, die einen negativen Einfluss auf Arthrose haben. Einige kannst Du nicht selbst verändern, wie zum Beispiel Deine Genetik (primäre Arthrose) oder durch einen Unfall bestehende bzw. angeborene Gelenkfehlstellungen. Letzteres lässt sich operativ versorgen, aber diese Entscheidung muss individuell abgewogen werden. Es gibt aber auch einige Faktoren, auf die Du selbst einen Einfluss nehmen kannst, wie das Missverhältnis aus Belastung und Belastbarkeit oder auch chronische Entzündungen, Diabetes Mellitus und Alkoholismus (2). Die letzten drei Punkte verschlechtern die Problematik, durch eine schlechtere Durchblutung (unter anderem im Bereich des Knorpels). Unterteilt wird die Arthrose nach Kellgren und Lawrence in vier Grade, die Du auf dem Bild siehst: Auf die genauen Details, was wann passiert, möchte ich nicht hier nicht eingehen, weil diese Einteilung rein auf den radiologischen Befunden beruht. Das heißt, es geht nur um das, was in der Bildgebung erkennbar ist. Wenn Du den Blog schon eine Weile verfolgst, wirst Du wissen, dass das Ergebnis der Bildgebung oftmals nicht mit der Intensität der Beschwerden zusammenhängen muss. Falls nicht, kann ich Dir folgenden Artikel von mir ans Herz legen. Symptome der Arthrose Das Symptom, mit dem die meisten Patienten zu einer Behandlung kommen, sind Schmerzen. Teilweise fallen in der Untersuchung noch Einschränkungen der Beweglichkeit oder auch Kraftdefizite der umliegenden Muskeln auf. Obwohl die Arthrose keine entzündliche Erkrankung darstellt, kann es sein, dass es zu Entzündung im Gelenk kommt. In diesem Fall sprechen wir dann von aktivierten Arthrose oder auch einer Arthritis. Im Falle einer Entzündung kann es dann noch zu typischen Entzündungszeichen, wie  Schwellung, Rötung oder einer starken Bewegungseinschränkung kommen. Was kannst Du gegen Arthrose tun? Der wichtigste Tipp, den ich Dir geben kann: Lass das Kind nicht in den Brunnen fallen und reduziere Deine Risikofaktoren! Es ist bis jetzt noch nicht gelungen, Knorpel nachwachsen zu lassen. Zwar gibt es Laborversuche, die vielversprechend klingen, bis diese allerdings einen Einzug in die Behandlungswelt haben wird es noch eine Zeit dauern. Das schöne ist, dass sowohl in der Prophylaxe, als auch in der Therapie ähnliche Dinge wichtig sind: Versuche Normalgewicht zu erreichen Aus vielen Gründen heraus einer der wichtigsten Faktoren. Rein mechanisch betrachtet, sorgt ein höheres Körpergewicht für eine höhere Belastung der Gelenke und somit auch für eine schnellere Abnutzung. Ein höheres Körpergewicht birgt aber noch weitere Risikofaktoren, neben der rein mechanischen Last. Chronische Entzündungen und Krankheitsrisiko Entzündungen sind nicht per se negativ. Im Rahmen der Wundheilung sind sie sogar zwingend notwendig. Ähnlich wie auch bei Stress, wird es aber schwierig, wenn sie dauerhaft bestehen. Chronische Entzündungen bringen ein erhöhtes Risiko für diverse Erkrankungen wie Diabetes, Durchblutungsstörungen wie PAVK und so weiter mit sich. Übergewicht bzw. Adipositas zählt zu den multifaktoriellen Erkrankungen. Das heißt, es gibt oft nicht nur einen Grund, warum es dazu kommt. Wenn Du das Gefühl hast, es alleine nicht zu schaffen, dann scheu Dich nicht Dir professionelle Hilfe zu suchen. Gesunde Ernährung Als Ernährungsempfehlung gilt die mediterrane Ernährung. Das heißt jetzt nicht ständig Pizza und Pasta. Mediterrane Ernährung beinhaltet deutlich mehr. Kurz zusammengefasst: Ge­müse, Kräuter, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Vollkorn-Getreide­produkte, Obst, Pilze und Nüsse. Gesunde Fette (beispielsweise über Olivenöl) spielen eine weitere Rolle. Tierische Produkte werden in Maßen (nicht Massen) verspeist. Sport und Bewegung Der wichtigste Punkt! Es hilft nichts das Gelenk zu schonen, in der Hoffnung dadurch die Abnutzung zu bremsen. Das Gegenteil wird der Fall sein. Knorpel wird durch einen Wechsel aus Belastung und Entlastung geschmiert und auch ernährt. Wenn die Bewegung jetzt fehlt, wird es hiermit sehr schwierig. Wichtig ist, ein passendes Einstiegslevel zu finden und eine Bewegung, an der Du Spaß findest. Das Ziel ist nämlich, dass Du den Sport dauerhaft betreibst. Wichtig ist, dass sowohl ein zu wenig schädlich ist, als auch ein zu viel kann problematisch werden. Wobei ich persönlich nur sehr, sehr wenige Patienten hatte, bei denen ein sportliches zu viel ein Problem war, in Bezug auf Arthrose. Da sich hier viele Patienten oft am schwersten tun, ist hier mein Rat, sprich mit einem Experten drüber, der Dir Tipps zum Einstieg geben kann. Mir ist in meinen Behandlungen immer wichtig, etwas zu finden, was sich an den Interessen meiner Patienten orientiert. Übernimm das Ruder Verlass Dich auf Dich und das, was Du tun kannst. Nicht auf passive Maßnahmen, Medikamente oder ähnliches. Das können Möglichkeiten sein, die ergänzend für Dich sinnvoll sind oder einen Start vereinfachen. Dich nur hierauf zu verlassen, wird Dir langfristig allerdings nicht helfen! Tut mir leid, das so hart sagen zu müssen. Aber ich kriege innerliche Tobsuchtsanfälle, wenn jemand Patienten das vermittelt und sich hierüber letztlich nur wirtschaftlich absichert. Das Bedürfnis von Patientenseite kann ich vollkommen nachvollziehen

Was tun bei Sportverletzungen?

Behandlung von Sportverletzungen Foto von Yogendra Singh auf Unsplash

Vor allem in der Sommerzeit steigt die Zahl der Sportverletzungen oder auch generell Weichteilverletzungen. Das schöne Wetter lockt mehr und mehr Menschen nach draußen, sei es zum Joggen, Radfahren oder auch Wandern. Alleine über die steigende Zahl der Outdoor-Aktivitäten steigt das Risiko für entsprechende Verletzungen. Manchmal macht es Sinn, solche Sportverletzungen medizinisch abklären zu lassen und das möchte ich Dir mit diesem Artikel auch nicht ausreden. Allerdings ist es immer hilfreich, wenn auch Du als Patient weißt, was zu tun ist. Unten findest Du auch den Link zu meinem YouTube-Video zum Thema bzw. den Link zu diversen Podcastplattformen, auf denen Du Dir den Inhalt auch gerne anhören kannst. P.E.C.H., I.C.E. und andere frühere Regeln Vielleicht kennst Du noch Akronyme wie P.E.C.H. (Pause Eis Compresse Hoch) oder auch I.C.E. (Ice Compression Elevate). Diese werden heutzutage nicht mehr als aktuell angesehen. Dies liegt vor allem daran, dass Eis nicht mehr so gerne genutzt wird, wie es früher mal der Fall war. Zum Beispiel im Fußball, wo Sportverletzungen ein gefühlt tägliches Brot sind, war eine Zeit lang Eisspray fast nicht wegzudenken. Der Grund für die Abkehr vom Eis liegt in der Erkenntnis, dass es nicht so sinnvoll ist, in der Akutphase eine Entzündung zu sehr zu unterdrücken. Wozu braucht Dein Körper Entzündungen? Machen wir einen kleinen Ausflug, in das Thema Wundheilung. Hier gibt es verschiedene Unterteilungen. Wir schauen uns jetzt der Einfachheit halber die Unterteilung in die 3 großen Phasen an: Entzündungs-/ Reizungsphase Proliferationsphase Umbauphase Die Dauer der einzelnen Phasen hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem davon, wie die Akutversorgung funktioniert. Du siehst aber alleine bei der Auflistung schon, dass am Anfang einer Heilung eine Entzündungsphase steht. Die Entzündung hat mehrere Vorteile in der Akutphase. Zum einen wird durch Schwellung und Schmerz die Beweglichkeit der betroffenenen Strukturen reduziert und es kommt erstmal Ruhe in den Bereich. Des Weiteren kommt es zu einer Mehrdurchblutung, die unter anderem an der Rötung und Überwärmung erkennbar ist. Durch diese Mehrdurchblutung können besser Baustoffe ins Gewebe transportiert werden, die zum Wiederaufbau der betroffenen Strukturen benötigt werden. Aber auch die hierbei entstehenden Stoffewechselendprodukte können besser abtransportiert werden. Was tun bei Sportverletzungen? Seit 2020 gibt es ein neues Akronym oder besser gesagt eine Kombi aus zwei Akronymen. Diese wurden von Dubois et al. (1) vorgeschlagen. Der Vorteil im Vergleich zu den früheren Eselsbrücken ist auch, dass Du hierüber sowohl erfährst, was Du akut tun solltest, als auch, was in der späteren Phase notwendig ist. Laut den Autoren brauchen Sportverletzungen zwei Dinge: P.E.A.C.E. & L.O.V.E. Schauen wir uns nun mal an, wofür die einzelnen Buchstaben stehen: Zunächst die Akutphase: P rotection: vermeide während der ersten 1-3 Tage Dinge, die zu einer Schmerzsteigerung führen E levation: Hochlagern der betroffenen Stelle, möglichst höher als das Herz A void Anti-Inflammatories: sowohl antientzündliche Medikamente (Ibuprofen und Co) als auch Eis bzw. Kühlen sollten vermieden werden, um den Heilungsprozess nicht zu bremsen C ompression: Kompression zur Schwellungsreduktion E ducation: höre auf Deinen Körper, vermeide möglichst unnötige passive Behandlungen und Medis und lass Mutter Natur arbeiten und nun die weitere Nachbehandlung: L oad: Belastung angepasst an Reaktionen des Körpers steigern O ptimism: bleib zuversichtlich und positiv. Auch das hilft, schneller wieder auf die Beine zu kommen. V ascularisation: schmerzfreie Bewegungen, um Durchblutung zu verbessern E xercise: Training ist unerlässlich, um die Strukturen wieder belastbar zu machen und erneute Verletzungen zu vermeiden Unterstützung durch medizinischen Profi? Viele Sportverletzungen wirst Du hiermit gut selbst in den Griff kriegen können. Solltest Du Dir allerdings unsicher sein oder das Gefühl haben, dass die Behandlung durch einen medizinischen Profi notwendig ist, dann zögere bitte nicht und hol Dir Unterstützung. Bildgebung wie Röntgen, MRT und so weiter sollten nur dann genutzt werden, wenn das Ergebnis einen Einfluss auf die Behandlung nehmen würde. Mehr Informationen zu diesem Thema kannst Du auch hier finden. Quellen (1) Dubois, B., & Esculier, J. F. (2020). Soft-tissue injuries simply need PEACE and LOVE. British journal of sports medicine, 54(2), 72–73. https://doi.org/10.1136/bjsports-2019-101253 Zur Podcastfolge Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne Ries. Ich bin Heilpraktiker, Osteopath und Physiotherapeut und schon von klein auf vom menschlichen Körper fasziniert. Nachdem ich mehrere Jahre als angestellter Physiotherapeut gearbeitet habe, habe ich mir 2021 den Traum der eigenen Praxis erfüllt und habe mich hier auf die Arbeit mit Schmerzpatienten und Sportlern spezialisiert. Wie Du im Blog merken wirst, sind das aber nicht meine ausschließlichen Behandlungsfelder. Zur Terminbuchung kommst Du übrigens bequem hier. Diese Faszination versuche ich sowohl in meiner Arbeit an meine Patienten weiterzugeben, als auch mittels des Blogs und anderer Social Media Formate, wie YouTube… Wenn Du immer auf dem Laufenden bleiben willst, kannst Du Dich auch gerne zu meinem wöchentlichen E-Mail Newsletter anmelden. osteo-ries.de

Muss ich mich regelmäßig Dehnen?

Dehnen M. iliopsoas

Kurze Antwort: Nein! Kann es trotzdem manchmal hilfreich sein, sich regelmäßig zu dehnen? Klare Antwort: Ja! Diesen scheinbaren Widerspruch möchte ich gerne mit Dir im folgenden Text auflösen, viel Spaß beim Lesen: Physiologischer Effekt (1) Was passiert eigentlich genau im Körper, vor allem der Muskulatur, wenn Du diese dehnst? Diese Frage lässt sich leider nicht abschließend beantworten. Es werden vier Effekte diskutiert. Der Muskel wird länger (strukturelle Anpassung) Der passive Tonus wird geringer (strukturelle Anpassung) Veränderung der „Festigkeit“ aller Bestandteile des Muskelgewebes Der aktive Tonus wird geringer (funktionelle Anpassung) Veränderung der elektromyographischen Aktivität (elektrische Aktivität der Muskulatur) Die Toleranzgrenze verschiebt sich und lässt mehr Bewegung zu (sensorische Anpassung) Nach aktueller Studienlage scheint der größte Effekt auf die Verbesserung der Beweglichkeit durch den 4. Punkt zustande zu kommen. Wenn Du Dich über einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen regelmäßig dehnst, kannst Du eine Steigerung der Beweglichkeit erzielen. Wichtig zu wissen ist, dass alle Dehnmethoden einen Vorteil für die Beweglichkeit bringen, mit einem gewissen Vorteil für das statische Dehnen. Wie es gibt mehr als nur langes Halten zum Dehnen? Je nachdem, wie groß Deine Vorerfahrung im Sportbereich ist, wirst Du möglicherweise nur statisches Dehnen kennen. Es gibt allerdings mehrere weitere Möglichkeiten, sich zu dehnen. Grob unterteilen kannst Du die Formen in statisches und dynamisches Dehnen bzw. Mischformen. Statisches Dehnen Beim statischen Dehnen hältst Du die Dehnposition für einen längeren Zeitraum, hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Einen Vorteil, den das statische Dehnen in meinen Augen hat, ist der Punkt, dass man deutlich spürt, wenn der Dehnreiz nachlässt. Diese Form lässt sich sowohl aktiv als auch passiv durchführen. Dynamisches Dehnen Hierzu zählt beispielsweise das ballistische Dehnen. Du näherst Dich der Endposition einer Bewegung und federst immer wieder in Richtung des Bewegungsendes. Mischform Eine Mischung des ganzen ist das PNF-Dehnen. Die Abkürzung PNF steht ausgeschrieben für Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation und ist eigentlich ein neurologisches Therapiekonzept der Physiotherapie. Beim PNF-Dehnen geht man so vor, dass sich statisches Dehnen und aktives Anspannen des Muskels, der gedehnt werden soll, abwechseln. Der Vorteil ist, dass hierdurch kurzfristig eine größere Verbesserung der Beweglichkeit erreicht werden kann. Ob dieser Effekt auch langfristig größer ist, darauf gehen wir später noch ein. Effekte von Dehnübungen Verbesserung Beweglichkeit (1) Das typischste Ziel, dass vermutlich die meisten verfolgen werden, ist das Verbessern der Beweglichkeit. Hierfür eignen sich alle oben genannten Dehnformen. Ein gewisser Vorteil scheint für das statische Dehnen gegeben zu sein (2). Laut Thomas et al. scheint es keinen Unterschied zu machen, ob Du die Dehnung weniger als 60 Sekunden, zwischen 60 und 120 Sekunden oder über 120 Sekunden hältst. Viel wichtiger ist, wie häufig das Programm durchgeführt wird. Der größte Effekt scheint hier bei 6 Tagen die Woche gegeben zu sein, wenn das Programm über mindestens 4 Wochen durchgeführt wird. Positive Effekte auf das Gefäßsystem (3) Dieser Punkt war auch für mich während der Recherche neu, auch wenn ich einen der Effekte unbewusst teilweise für mich genutzt habe. Während sich Parameter wie Blutdruck, Puls in den Extremitäten und Herzfrequenz im vorher nachher Vergleich nicht durch eine Dehnung verändern, zeigt sich eine signifikante Verbesserung der Elastizität der Gefäßwände und der Pulswellengeschwindigkeit im gedehnten Gefäß. (4) Zusätzlich scheint ein positiver Effekt auf das vegetative Nervensystem gegeben zu sein (5). Durch ein Dehnen aller großen Muskelgruppen scheint die Parasympathikusaktivität zu steigen und der Sympathikus gehemmt zu werden. Wenn Du nicht mehr weißt, was Sympathikus und Parasympathikus sind, kannst Du gerne in folgendem Artikel von mir nachschauen. Diesen Punkt habe ich für mich selbst bereits positiv in der Marathonvorbereitung dieses Jahr genutzt, ohne die Studie zu kennen. Nach langen Läufen fiel mir auf, dass mein Schlaf und meine Erholung deutlich besser wurde, wenn ich mich zum Abend hin noch gedehnt hatte.   Positive Effekte auf Nerven (6) Für neurale Strukturen gibt es verschiedene Möglichkeiten, deren Mobilität zu verbessern. Hier wären zum einen Slider zu nennen und zum anderen Tensioner. Auch passive Dehnungen sind eine Möglichkeit, Einfluss auf die Mobilität zu nehmen. Slider und Tensioner kannst Du gegensätzlich sehen. Beide sind für die entsprechenden Nerven spezifisch in der Ausführung. Vereinfacht gesagt versucht man bei einem Slider den Nerv in einem Bereich zu bewegen, indem kein Dehnreiz zu spüren ist. Hierfür wird über eine Seite Spannung aufgebaut, die andere Seite gibt der Spannung nach. Wohingegen beim Tensioner über beide Seite Zug auf den Nerv aufgebaut wird. Durch die Übungen lässt sich eine deutliche Verbesserung der Steifigkeit des Nervs, der Beweglichkeit gegenüber des angrenzenden Gewebes und der Schmerzen erzielen.   Nachteile Wie oben aufgezeigt, hat Dehnen durchaus einige positive Effekte, die Du Dir zunutze machen kannst. Ein Nachteil zeigt sich zum Beispiel bei Läufern. Ein Dehnen vor dem Laufen scheint die Laufökonomie und die Performance zu verschlechtern, und zwar für bis zu einer Stunde nach dem Dehnen. (7)   Fazit Wie ich Dir hoffentlich zeigen konnte, gibt es einige positive Effekte des Dehnens und wenige Nachteile. Wenn es also etwas ist, was Du für Dich nutzen möchtest, spricht wenig dagegen. Geht es Dir allerdings um die Behandlung von Schmerzen, so gibt es Methoden, die sich vielleicht eher anbieten, wie beispielsweise Krafttraining. Wenn Du die Befürchtung hast, hierdurch unbeweglich zu werden, kann ich Dich beruhigen. Krafttraining scheint einen ähnlichen Effekt auf die Beweglichkeit zu haben, wie Dehnübungen. (8) Hier hast Du dann auch noch weitere positive Effekte, die Du Dir zunutze machen kannst. Beispielsweise lässt sich hierdurch eine erhöhte Belastbarkeit gereizter Strukturen erzielen, was langfristig oft eher zu Schmerzfreiheit führt. Es kommt also wie immer darauf an, was Dein Ziel ist. Brauchst Du Hilfe dabei, Deine Behandlung und Dein Übungsprogramm konkret zu planen? Nimm gerne zu mir Kontakt auf. Quellen (1) https://www.physiomeetsscience.net/warum-macht-dehnen-beweglicher-die-mechanismen-im-ueberblick/ (Zugriff am 08.12.2022) (2) Thomas E, Bianco A, Paoli A, Palma A. The Relation Between Stretching Typology and Stretching Duration: The Effects on Range of Motion. Int J Sports Med. 2018 Apr;39(4):243-254. doi: 10.1055/s-0044-101146. Epub 2018 Mar 5. PMID: 29506306. (3) https://www.physiomeetsscience.net/dehnen-und-das-gefaesssystem/ (Zugriff am 08.12.2022) (4) Ikebe H, Takiuchi S, Oi N et al. Effects of trunk stretching using an exercise ball on central arterial stiffness and carotid arterial

Warum Dein Körper Belastung braucht

„Diamanten sind ohne Druck auch nur Kohlenstaub.“ Ein schönes Argument, um hohe Belastung zu rechtfertigen, oder? Falls Du in Deinem Leben mal Leistungssport betrieben hast oder auch, falls Du mal einen Chef hattest, der über Druck versucht hat zu motivieren, dann wird Dir dieser Spruch bestimmt mal begegnet sein. Vermutlich kam Dir dieser Spruch zu dem Zeitpunkt, als Du ihn gehört hast, übertrieben vor. Oftmals wird er leider als Rechtfertigung gesehen, immer größere Belastungen zu fordern und nicht auf Signale von Erschöpfung zu reagieren und passende Pausen einzubauen. Wusstest Du aber, dass auch zu wenig Belastung zu Problemen führen kann? Bleiben wir kurz im Bereich des Sports. Langfristig lässt sich eine höhere sportliche Leistungsfähigkeit hauptsächlich über Training und passende Belastungen erreichen. Das zugrunde liegende Prinzip dahinter nennt sich Superkompensation. Falls Dich dieses Thema interessiert, lies Dir gerne folgenden Artikel dazu durch, der das ganze gut erklärt. „Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist“ (Paracelsus) Dieses Zitat ist vor allem im Bereich der Medikamente bekannt und findet hier immer wieder Beachtung. Digitalis ist hier ein sehr gutes Beispiel, richtig dosiert hat es unter anderem einen positiven Einfluss auf die Kontraktionskraft des Herzens. Bei einer Überdosierung kann es allerdings zu Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern kommen, was unbehandelt im schlimmsten Falle zum Tod führt. Diese Regel gilt allerdings auch bei den meisten anderen Strukturen unseres Körpers. Arthrose Jogger, die mit moderaten Trainingsumfängen trainieren, haben ein reduziertes Risiko für Knie- und Hüftgelenksarthrose im Vergleich zu Nicht-Joggern bzw. Wettkampfläufern, mit einem wöchentlichen Trainingspensum von über 90 km. (1) Die positiven Effekte treten allerdings nicht nur protektiv auf. Auch bei bestehender Arthrose im Knie scheint Joggen einen positiven Effekt auf die Schmerzen zu haben und führt nicht, wie oft angenommen, zu einer Verschlechterung der bildgebenden Befunde. (2) Für die positiven Effekte musst Du aber nicht unbedingt Joggen gehen, bereits tägliches Gehen mit moderatem Tempo senkt das 5 Jahres-Risiko für eine Gelenkersatz-OP bei Patienten mit Kniearthrose. 6000 Schritte scheinen laut Autoren ein Ziel zu sein, dass angestrebt werden sollte. (3) Einen größeren Einfluss auf den Grad der Einschränkungen scheinen sowieso eher psychosoziale Faktoren zu haben. Mit der größte Einflussfaktor scheint katastrophisierendes Denken zu sein, sich also das Worst-Case-Szenario auszumalen. (4) Bandscheibenvorfälle Sowohl bei Läufern (5) als auch bei Radfahrern (6) konnten im MRT dickere Bandscheiben im Bereich der Lendenwirbelsäule festgestellt werden, im Vergleich zu inaktiven Menschen. Zudem führt Inaktivität auch eher zu Schmerzen im unteren Rücken (7, 8) Bei hoher körperlicher Belastung auf der Arbeit zeigt sich ein Zusammenhang zwischen Bandscheibenvorfällen sowie Reduzierung der Bandscheibenhöhe, der allerdings nicht zwingend mit Schmerzen im unteren Rücken zusammenhängt. Bei Männern konnte in dieser Studie allerdings ein Zusammenhang festgestellt werden, zwischen körperlicher Belastung und Schmerzen im unteren Rücken. (9) Laut einer Studie von Steele et al. scheint es auch einen „Sweet Spot“ im Training zu geben, um die Regeneration der Bandscheiben anzukurbeln. Um diesen genauer zu definieren, sind allerdings laut Autoren noch weitere Studien notwendig. (10) Osteoporose Ein weiteres Krankheitsbild, bei dem passende Belastungen unglaublich wichtig sind, ist die Osteoporose, also eine krankhafte Verringerung der Knochendichte, die zu einem höheren Risiko von Knochenbrüchen führt. Aktuelle Leitlinien, wie beispielsweise aus Großbritannien (11), zeigen, dass ein Krafttraining und auch ein Training mit Stoßbelastungen unglaublich wichtig sind und zudem auch sicher, bei Patienten mit Osteoporose. Auch wenn es bei diesem Krankheitsbild deutlich wichtiger ist, in jungen Jahren durch Training eine solide Basis zu legen, da die Effekte vor allem langfristig auftreten und in jungen Jahren deutlich leichter zu erzielen sind. Take-Away Belastung komplett zu vermeiden bei Schmerzen, wird Dich leider in den seltensten Fällen weiter bringen. Training bzw. körperliche Aktivität stellt einen unglaublich wichtigen Faktor dar und wie am Beispiel der Arthrose gezeigt, musst Du keinen extrem intensiven Sport dafür betreiben. „Alles Leben ist Bewegung, Bewegung ist Leben“ – Leonardo da Vinci   Mittlerweile habe ich das Thema übrigens auch in einem meiner YouTube-Videos aufgegriffen: https://www.youtube.com/watch?v=gEdQyQlIGRM Quellen (1) Alentorn-Geli E, Samuelsson K, Musahl V, Green CL, Bhandari M, Karlsson J. The Association of Recreational and Competitive Running With Hip and Knee Osteoarthritis: A Systematic Review and Meta-analysis. J Orthop Sports Phys Ther. 2017 Jun;47(6):373-390. doi: 10.2519/jospt.2017.7137 . Epub 2017 May 13. PMID: 28504066 (2) Lo GH, Musa SM, Driban JB, Kriska AM, McAlindon TE, Souza RB, Petersen NJ, Storti KL, Eaton CB, Hochberg MC, Jackson RD, Kwoh CK, Nevitt MC, Suarez-Almazor ME. Running does not increase symptoms or structural progression in people with knee osteoarthritis: data from the osteoarthritis initiative. Clin Rheumatol. 2018 Sep;37(9):2497-2504. doi: 10.1007/s10067-018- 4121-3. Epub 2018 May 4. PMID: 29728929; PMCID: PMC6095814. (3) Master, H., Thoma, L., Christiansen, M., Stefanik, J., Mathews, D., & White, D. K. (2018). Association of daily walking with the risk of total knee replacement over 5 years: an observational study. Osteoarthritis and Cartilage, 26, S237-S238. (4) Kopp, B., Furlough, K., Goldberg, T., Ring, D., & Koenig, K. (2021). Factors associated with pain intensity and magnitude of limitations among people with hip and knee arthritis. Journal of Orthopaedics (5) Mitchell UH, Bowden JA, Larson RE, Belavy DL, Owen PJ. Long-term running in middle-aged men and intervertebral disc health, a cross-sectional pilot study. PLoS One. 2020 Feb (6) Belavy DL, Quittner M, Ridgers ND, Ling Y, Connell D, Trudel G, Rantalainen T. Beneficial Intervertebral Disc and Muscle Adaptations in High-Volume Road Cyclists. Med Sci Sports Exerc. 2019 Jan;51(1):211-217. doi: 10.1249/MSS.0000000000001770. PMID: 30157104. (7) Teichtahl AJ, Urquhart DM, Wang Y, Wluka AE, O’Sullivan R, Jones G, Cicuttini FM. Physical inactivity is associated with narrower lumbar intervertebral discs, high fat content of paraspinal muscles and low back pain and disability. Arthritis Res Ther. 2015 May 7;17(1):114. doi: 10.1186/ (8) Maurer E, Klinger C, Lorbeer R, Rathmann W, Peters A, Schlett CL, Nikolaou K, Bamberg F, Notohamiprodjo M, Walter SS. Long-term effect of physical inactivity on thoracic and lumbar disc degeneration-an MRI-based analysis of 385 individuals from the general population. Spine (9) Bergmann A, Bolm-Audorff U, Ditchen D, Ellegast R, Grifka J, Haerting J, Hofmann F, Jäger M, Linhardt O, Luttmann A, Meisel HJ, Michaelis M, Petereit-Haack G,

Macht der Worte

Du fragst dich, was das Dschungelbuch mit chronischen Schmerzen bzw. Beschwerden zu tun hat? „Die Feder ist mächtiger als das Schwert“ Diese Aussage wirst Du vermutlich kennen und Dich auch hier fragen: „Was hat das denn mit meinen Schmerzen/ Beschwerden zu tun?“ Hierfür muss ich ein klein wenig ausholen, um Dir zunächst zu zeigen, was Deine Erwartungshaltung alles verändern kann und wie Du eine Veränderung bewirken kannst. Schmerzmodell Erinnerst Du Dich noch an das biopsychosoziale Modell von Schmerzen, dass ich Dir im Artikel Was sind eigentlich Schmerzen? bereits vorgestellt habe? Falls nein und Du möchtest nicht mehr den ganzen Artikel lesen, eine kurze Zusammenfassung: Die Schmerzintensität ist nicht nur abhängig von der Intensität des Nervensignals, sondern wird beeinflusst durch biologische, psychische und soziale Einflussfaktoren. Ein möglicher Faktor ist hier beispielsweise Deine Erwartungshaltung. Coppieters MW et al. konnten 2005 in einer Studie (1) zeigen, dass allein die Erwartung, was in durch einen spezifischen Test untersucht wird, die Ergebnisse signifikant beeinflusst werden. Untersucht wurden 23 Teilnehmer. Als Test wurde der sogenannte Straight Leg Raise Test durchgeführt. Dieser testet ganz vereinfacht gesagt die Dehnfähigkeit der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur, als auch die Mobilität des Ischiasnervs. In der Studie wurde nun untersucht, ob es einen Unterschied macht bzgl. der Beweglichkeit, ob den Patienten vorher gesagt wurde, dass die Beweglichkeit der Muskulatur überprüft wird oder ob die Mobilität des Nervs getestet wurde. Bei den Patienten, denen vorher gesagt wurde, dass der Nerv geprüft wird, sank die Mobilität bei ansonsten gleicher Testausführung signifikant. OP oder keine OP? Eine weitere spannende Studie wurde 2021 von Joshua R. et al. (2) veröffentlicht. Hier wurde den Probanden Online ein Fallbeispiel mit Schulterbeschwerden vorgelegt. Sie sollten sich vorstellen, von einem Allgemeinmediziner oder Physiotherapeuten untersucht zu werden. Nach der Untersuchung wurde eine Verdachtsdiagnose gestellt, die zufällig unterschiedlich ausfiel. Es wurde gesagt, dass vermutlich nichts Ernstes vorliege und empfohlen, die Belastung an die Beschwerden anzupassen, aber ansonsten nichts weiter zu unternehmen. Die Probanden sollten entscheiden, ob sie der Meinung seien, dass eine weitere Bildgebung oder eine Operation notwendig sei. Wurde als Verdachtsdiagnose ein Riss an der Rotatorenmanschette geäußert, waren die Patienten häufiger der Meinung, dass eine OP notwendig sei. Ebenso stieg hier die Tendenz zu weiterer Bildgebung an, was auch bei der Verdachtsdiagnose subakromiales Impingement (Enge unter dem Schulterdach) der Fall war. Da bei der letzten Diagnose (subakromiales Impingement) unter anderem durch die Studie von Karjalainen TV et al. (3) bekannt ist, dass eine Operation in diesem Bereich einer Placebo-OP und auch einer konservativen Behandlung nicht überlegen ist, zeigt sich, dass es als Behandler immens wichtig ist, seine Worte mit Bedacht zu wählen. Denn wie schon das Sprichwort: „Worte sind wie Zahnpasta, einmal aus der Tube, kann man sie nicht mehr zurücknehmen!“ oder auch das Zitat von Robert Lippit (das meist Einstein zugeschrieben wird): „Es ist einfacher ein Atom zu zertrümmern, als ein Vorurteil [eine vorgefasste Meinung]“ Erwartungshaltung als Patient Caneiro JP et al. fassten in ihrer Veröffentlichung 2021 (4) zusammen, wie Therapeuten die Kommunikation mit ihren Patienten verbessern können. Zudem verwiesen sie darauf, wie groß der Einfluss der Erwartungshaltung des Patienten bei Beschwerden am Bewegungsapparat auf die Dauer des Schmerzes und die Einschränkungen des Patienten sind. Die Schwierigkeit ist, wie in den letzten Zitaten bereits erwähnt, immer dann besonders hoch, wenn durch vorherige Aussagen bereits eine schlechte Erwartungshaltung vorhanden ist. Aus diesem Grund ist auch bildgebende Diagnostik teilweise sehr kritisch, wie Du bereits in diesem Artikel erfahren konntest. Erfährst Du durch ein Röntgen oder MRT beispielsweise, dass Du einen Gleitwirbel hast und bekommst vom Radiologen, Orthopäden oder einem Physiotherapeuten erklärt, dass dieser Bereich instabil ist, kann das zu zwei Annahmen führen. Annahme Nummer 1 ist, dass Du denkst, dass diese Instabilität für Deine Beschwerden verantwortlich ist und Du nichts daran machen kannst, da ja Strukturen beschädigt sind und Du hier eine Schwachstelle hast. Du würdest Dich in diesem Fall Deinem Schicksal ergeben und hättest evtl. Angst vor Bewegungen. Was peu à peu zu weiteren Beschwerden führen würde. Es ergibt sich also eine Negativspirale und das vor allem durch eine schlechte Kommunikation. Annahme Nummer 2 ist lösungsorientiert. Du kriegst gesagt, dass eine Instabilität vorliegt, Du aber unter anderem durch Kräftigungsübungen eine Stabilisierung erzielen kannst. Folgst Du diesem Gedanken, ergibt sich eine starke Motivation, die Übungen auszuüben. Du hast selbst eine Möglichkeit, die Beschwerden in den Griff zu kriegen. Krankheitsbegriffe „Der gefährlichste Krankheitsauslöser ist – die Diagnose“ – Heinz Stein Besonders schwierig finde ich es immer, wenn für manche Patienten Krankheit fast schon Teil der eigenen Identität geworden ist. Erkennbar ist das unter anderem an Aussagen wie: „Ich bin ja chronischer Schmerzpatient“ oder „Ich bin Diabetiker“ Diese Aussagen mögen zunächst sehr unscheinbar wirken, bei vielen sind sie es auch. Doch von leider sehr vielen Patienten werden diese Aussagen entweder laut oder für sich selbst leise begleitet von dem Beisatz „Da kann man ja nichts machen, damit muss ich leben.“ Wenn Du Dir noch einmal kurz vor Augen führst, was ich Dir in den vorherigen Absätzen näher gebracht habe, wirst Du erkennen, was für einen gravierenden Unterschied, diese Erwartungshaltung haben kann. Mein Appell an Dich, wenn Du bereits seit längerem Beschwerden hast. Hinterfrage Dich selbst und Deine Glaubenssätze. Versuche Dich aufmerksam zu beobachten, wie Du mit Dir selbst kommunizierst, vor allem, wenn es um Deine Schmerzen bzw. Beschwerden geht. Als Resümee möchte ich auflösen, was das Dschungelbuch mit chronischen Schmerzen bzw. Beschwerden zu tun hat. Folgendes Zitat ist von Joseph Rudyard Kipling (dem Autor des Dschungelbuchs): „Worte sind die mächtigste Medizin, welche die Menschheit benutzt (Words are, of course, the most powerful drug used by mankind.)“   Quellen: (1) Coppieters MW, Ryan L, Chan KP, Hodges PW. Do patients´beliefs based on widespread medical information hinder accurate diagnosis? Paper presented at: 11th Word Congress on Pain 2005; Sydney (2) Joshua R. Zadro, Mary O’Keeffe, Giovanni E. Ferreira, Romi Haas, Ian A. Harris, Rachelle Buchbinder, and Christopher G. Maher Diagnostic Labels for Rotator Cuff Disease Can Increase People’s Perceived Need for Shoulder Surgery: An Online Randomized Controlled Trial. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy 2021 51:8, 401-411 (3) Karjalainen TV, Jain NB, Page CM, Lähdeoja TA,

Mit Barfußschuhen zum Marathon

Da mich diese Woche die Marathonvorbereitung vom Kopf nicht ganz locker lässt, dachte ich mir, ich beschreibe mal meinen Weg von den ersten Kilometern mit Barfußschuhen hin zum Marathon. Auch wenn der Artikel doch etwas anders ist, als die letzten, denke ich doch, dass Du auch hier ein paar Dinge mitnehmen kannst. Ein bisschen was zum Thema Barfußschuhe habe ich schon mal in folgendem Artikel beschrieben, hier geht es nochmal ein bisschen mehr ins Detail bzgl. Joggen mit Barfußschuhen. Wenn Du Dich intensiv mit dem Thema Lauftechnik auseinandersetzen möchtest, kann ich Dir folgenden Artikel von mir empfehlen. Die Anfänge Irgendwann kam zum Training im Ruderverein ein Freund von mir mit seltsam aussehenden Schuhen. Wenn Du die FiveFingers von Vibram noch nicht kennst, hier mal der Link zu dem Modell, was ich beim Laufen trage. Nach dem üblichen Rumgeblödel unter Freunden, war das ganze dann erstmal abgehakt. Erst Jahre später, als ich in meinem Physiostudium war und mich nach einer längeren Abstinenz wieder selbst an Sport herangearbeitet hatte, kam der Gedanke wieder auf bei mir. Ich recherchierte etwas und stieß damals auf den Blog „Wozu Laufschuhe“, hier fand ich dann auch einen Artikel, der ein paar Aspekte der Lauftechnik etwas genauer beschrieb. Ich machte mich, zunächst in normalen Laufschuhen, daran, meine Technik peu à peu zu ändern. Als ich nach einer Weile das Gefühl hatte, mich gut daran gewöhnt zu haben, stand der nächste Schritt an, die ersten eigenen FiveFingers. Nach dem Kauf und dem ersten Tragen im normalen Alltag wuchs mein Respekt davor, mit diesen Schuhen laufen zu gehen. Ich merkte, wie unangenehm es schon beim normalen Gehen wurde, wenn ich wie gewohnt mit fast gestrecktem Knie die Ferse zuerst aufsetzte und der Impuls durchknallte. Nach ein oder zwei Wochen des langsamen Rantastens beschloss ich dann, meinen ersten Versuch mit Joggen zu wagen. Mir war klar, dass ich nicht allzu weit kommen würde, dass ich aber nach 5 Minuten schon komplett verkrampfte Unterschenkel haben würde und nach 10 Minuten die Laufeinheit beenden würde, kam dann doch etwas überraschend für mich. Ein interessantes Gefühl war es auch, am nächsten Morgen mit Muskelkater in der Fußsohle wach zu werden. Technik Parameter der Lauftechnik, an denen ich mich zu Beginn orientierte, waren vor allem die Schrittfrequenz. Diese versuchte ich auf ca. 180 Schritte pro Minute zu kriegen. Ein weiterer Punkt war es, weg von meinem gewohnten Fersenkontakt hin zu einem Mittel- bis Vorfuß orientierten Laufen zu kommen. Als ich mir vor einigen Jahren als neue Laufuhr das Model Forerunner 245 von Garmin mit dem Run Pulsgurt kaufte, konnte ich mich beim Training auch auf weitere Laufwerte konzentrieren, wie beispielsweise Bodenkontaktzeit, Balance der Bodenkontaktzeit (zwischen Rechts und Links) und viele weitere Werte, die ich mittlerweile selten bis gar nicht mehr für mich auswerte. In der Anfangszeit war es für mich hierüber deutlich leichter ein Gefühl für meinen Laufstil zu entwickeln und diesen zu verändern, da ich über die Werte ein direktes Feedback bekam, was sich wie veränderte. Wenn Du detaillierte Tipps suchst, um mit Barfußschuhen zu starten oder generell ein besseres Verständnis für Lauftechnik kriegen willst, dann kann ich Dir den folgenden Artikel von mir empfehlen. Hier behandle ich das Thema Lauftechnik intensiv und gebe Dir Tipps, wie Du daran arbeiten kannst. Warum ein Marathon? Nachdem ich mich über mehrere Jahre an immer längere Läufe herangetastet habe, wuchs in mir das Ziel einen Marathon mit Barfußschuhen zu laufen. Kurz vor meinem Abitur habe ich schon mal einen gefinished, allerdings mit einem Ergebnis, mit dem ich ziemlich unzufrieden war. Da ich wusste, dass das Ergebnis mit schlechter Vorbereitung zusammenhing, wollte ich diese auf jeden Fall verbessern. Sicher war ich mir vor allem, dass der schwierigste Part, auf den ich mich am meisten fokussieren müsste, der Bewegungsapparat und hier vor allem die Beine sein würden. Ich versuchte also meine Laufstrecken Stück für Stück zu steigern. Wenn ich merkte, dass das ganze doch zu viel wurde, wurde die Woche darauf die Kilometerleistung entweder beibehalten oder reduziert. Zwischendurch auftretende Schwierigkeiten wie häufige Achillessehnenreizungen bzw. -entzündungen behandelte ich in Eigenregie, vor allem mit ergänzenden Kräftigungsübungen, wie exzentrischem Training. Wäre es nach meiner eigenen Planung gegangen, hätte ich mich vermutlich frühestens nächstes Jahr für den Marathon angemeldet. Da mich aber oben erwähnter Freund Anfang des Jahres, als wir zufällig im Gespräch auf das Thema kamen, fragte, ob ich auch mit in Frankfurt an den Start gehen würde, meldete ich mich an, auch um für mich selbst den Druck etwas zu erhöhen. Das war im April dieses Jahres, also knapp ein halbes Jahr Vorlaufzeit zum Marathon. Vorbereitung und persönliche Erfahrungswerte Da der Vorbereitungsplan bis dato gut funktioniert hatte, änderte ich auch wenig. Die Länge steigerte ich weiter kontinuierlich und baute sonntags immer häufiger lange Läufe ein. Was ich für mich merkte, dass die langen Läufe am besten funktionierten, wenn ich den Tag vorher nichts an Sport gemacht hatte. Das war für mich nicht sonderlich intuitiv, da ich es aus meiner Zeit im Leistungssport gewohnt war, dass es als wichtig angesehen wurde, am Tag vor dem Wettkampf in Bewegung zu bleiben und entsprechend auch zu trainieren. Auch merkte ich zwischendurch, dass ich bei meinem Trainingspensum ab einem gewissen Punkt meine Regeneration zu sehr störte, wenn ich unter der Woche schon mit dem angepeilten Pace für den Marathon unterwegs war und reduzierte unter der Woche das Tempo, sodass ich am Wochenende mit höherem Pace die langen Läufe absolvieren konnte. Von meinem Gefühl und auch, wenn ich mir die Entwicklung der Geschwindigkeit und anderer Daten der Trainingseinheiten anschaue, denke ich, dass ich gut vorbereitet bin auf den Lauf. Nachdem ich anfangs nur das Ziel hatte durchzukommen, habe ich mich zwischendurch dazu entschieden, eine Zeit von unter 4 Stunden anzupeilen. Zumal die Strecke in Frankfurt noch einmal deutlich flacher ist, als meine Laufstrecken in Wiesbaden. Ob ich das Ziel erreiche, werde ich noch in diesem Text ergänzen. Empfehlenswert? Ehrlicherweise war das ganze schon eine gewisse Quälerei und ich würde es dementsprechend nicht jedem empfehlen, ausschließlich mit Barfußschuhen laufen zu gehen, geschweige denn einen Marathon

Was tun gegen Schmerzen?

Nachdem es in den letzten Artikeln sehr darum ging, Dir ein Grundwissen zum Thema Schmerz zu vermitteln, möchte ich mich im heutigen Artikel damit beschäftigen, was Maßnahmen gegen Schmerzen sind, die Du selbst ergreifen kannst. Unfallbedingte Schmerzen Sollten direkt oder zeitnah nach einem Unfall starke Schmerzen auftreten, die durch Bewegung schlimmer werden, so kann es ratsam sein, einen Experten aufzusuchen und sich von diesem untersuchen zu lassen. Ein Röntgen oder andere Bildgebung ist nicht immer zwingend erforderlich, manche Dinge lassen sich auch mit einer körperlichen Untersuchung relativ sicher ausschließen. Wenn ich zum Beispiel in der Untersuchung eines Patienten die Vermutung hätte, dass ein Bruch oder ein Muskelfaserriss vorliegen würden, würde ich den Patienten zu einem Arzt weiterschicken, der entsprechende Diagnostik durchführen kann. Solche Verletzungen würden auch eine Schonung des verletzten Bereichs in der Akutphase notwendig machen und Bewegungen sollten vorsichtiger durchgeführt werden. Bei manchen Brüchen ist zudem auch eine OP notwendig.   Länger bestehende Schmerzen und Überlastungsschmerzen Anders sieht das ganze meist aus, wenn Schmerzen bereits länger bestehen. Hier hängt es zwar ein wenig davon ab, was der genaue Auslöser ist, wenn man gezielt gegen die Schmerzen vorgehen möchte. Bei den meisten länger bestehenden Schmerzformen ist Bewegung bzw. Sport allerdings ein unglaublich wichtiger Teil der Behandlung. Bei Beschwerden am Bewegungsapparat ist dies nochmals wichtiger. Stell es Dir vereinfacht so vor, dass Du über Sport die entsprechenden Strukturen sowohl stärker als auch belastbarer machst. Komplette Ruhe bringt Dich hier leider nur seltenst weiter, auch wenn diese häufig empfohlen wird. Manchmal kann es zwar Sinn machen in einer akuten starken Entzündung zum Beispiel mit anderen Körperbereichen zu starten, die Füße nur auf der Couch hochzulegen, bringt allerdings dauerhaft bedauerlicherweise nichts. Auf die weiteren Wirkmechanismen werde ich die nächsten Wochen etwas genauer eingehen, das würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Theoretisch lässt sich dieser Punkt auch alleine umsetzen. Wichtig ist, dass Du mit sehr leichten Belastungen anfängst, die sich vielleicht sogar zu leicht anfühlen. Diese passt Du dann je nach Verträglichkeit an. Ziel ist es, eine langsame, stetige Progression zu erreichen. An dieser Stelle möchte ich Dir nochmals das Führen eines Schmerztagebuches ans Herz legen, da Du hierüber selbst sehr gut lernen kannst, welche Belastung für Dich passend ist. Hilfe durch Experten Solltest Du Dir allerdings zu unsicher sein oder sogar Angst vor körperlicher Belastung haben, macht es Sinn Dir einen Experten zu suchen, der Dich bei Deinen ersten Schritten an die Hand nimmt. Die Möglichkeiten sind hier sehr groß und auch etwas von Deinen persönlichen Präferenzen abhängig. Wenn Du sehr unsicher bist und auch wenig Sporterfahrung hast, kann es zu Beginn Sinn machen zu einem Physiotherapeuten zu gehen und hier in kleinen Einheiten unter Anleitung die Übungen zu erlernen und gemeinsam durchzuführen. Dies ist auch dann hilfreich, wenn Dein innerer Schweinehund Sport zu treiben etwas größer ist. Ein sanfter Tritt in den Hintern ist hier erfahrungsgemäß manchmal Gold wert. Patienten, die bei mir in Behandlung sind, kriegen hingegen meist eher Übungsempfehlungen als Startpunkte. Wenn ich das Gefühl habe, dass konkretere Trainingspläne zielführender sind oder von Patienten danach gefragt werde, dann geht es manchmal auch in diese Richtung.   Psychische Trigger Vor allem, wenn Stress oder Ängste die Schmerzen triggern, so ist es wichtig auch hierauf mit einzugehen. Abhängig von der Schwere ist es auch hier manchmal sinnvoll den Rat eines Experten zu suchen bzw. lassen sich manche Dinge selbstständig in richtige Bahnen lenken. Wenn Du merkst, dass Du häufig negative Gedanken hast, die Dich und auch Deine Schmerzen negativ beeinflussen, kann es helfen, ein Achtsamkeitstagebuch zu führen. Es gibt hier mehrere Ansätze bzw. Fragen, die man täglich beantwortet. Häufige Fragen sind beispielsweise „Wofür bin ich dankbar.“ , „Nenne drei positive Dinge, die heute passiert sind!“. Die Fragen wirken erstmal banal und Du wirst Dich vielleicht fragen, was das bringen soll. Der Begriff Achtsamkeitstagebuch erklärt es an sich schon zu einem gewissen Grad. Du änderst den Fokus Deiner Achtsamkeit oder auch Aufmerksamkeit auch positive Dinge und lernst diese wieder eher wahrzunehmen. Der Vorteil ist, dass das ganze nicht viel Zeit in Anspruch nimmt, im Normalfall ca. 5 Minuten pro Tag. Es gibt vorgefertigte Bücher, genauso gut lassen sich allerdings auch Apps oder normale Notizbücher oder Kalender hierfür nutzen. Wenn Du es alleine nicht schaffst Je nach Intensität der psychischen Trigger oder Erkrankungen wie Depression wird es manchmal herausfordernder, das Ganze im Alleingang zu bewältigen. Wenn Du merkst, dass Du Deinen Alltag nicht mehr bewältigt bekommst, möchte ich Dir ans Herz legen, Dir Hilfe zu suchen bzw. Unterstützung aus Deinem Umfeld anzunehmen. Eine sehr direkte Möglichkeit für erste Beratungen ist zum Beispiel die Telefonseelsorge. Unter 0800/ 111 0 111 ist rund um die Uhr jemand erreichbar, mit dem Du anonym über Deine Probleme reden kannst. Hier kannst Du auch Informationen erhalten, was weitere mögliche Schritte sind. Es gibt leider nach wie vor noch eine große Scheu in der Bevölkerung davor, sich psychische Probleme einzugestehen und hierfür Hilfe in Anspruch zu nehmen. Erfahrungsgemäß vor allem auch unter Männern. Glücklicherweise bröckelt diese Scheu zum Glück die letzten Jahre mehr und mehr. Auch weil das Thema in der Öffentlichkeit, auch von diversen Prominenten behandelt wird. Aus diesem Grund möchte ich Dir noch einen Link vorschlagen, zu einem Gespräch von Kurt Krömer und Torsten Sträter, die über ihre Depression und ihre Therapie sprechen. Als Triggerwarnung sei gesagt, dass es neben dem Thema Depression auch um Suizidgedanken geht, die beide hatten. Wenn diese Themen für Dich zu sensibel sein sollten, schau Dir das Video vielleicht nicht unbedingt an. Für den Rest, ab ca. 9:40 Minuten, geht es mit dem Thema Depression los.   Ernährung Der letzte größere Bereich, der auch für Schmerzen verantwortlich sein kann, ist der Bereich Ernährung. Grundlegend sei hier erstmal gesagt, dass Ernährung etwas extrem individuelles ist und pauschale Aussagen, eigentlich kaum möglich sind. Wenn Du merkst, dass Du direkt oder kurz nach dem Essen Schmerzen bekommst und speziell, wenn diese im Bauchbereich lokalisiert sind, macht es Sinn, sich die Ernährung genauer anzuschauen. Am sinnvollsten ist es zu Beginn ein Ernährungstagebuch zu führen. Neben

Was gehört eigentlich in ein Schmerztagebuch?

In den meisten Anamnesegesprächen kommt früher oder später der Punkt, an dem ich von meinen Patienten die Antwort bekomme: „Das weiß ich nicht.“ Abhilfe kann hier (vor allem bei Schmerzpatienten) das Führen eines Schmerztagebuchs schaffen. Gibt man den Begriff jetzt in Google-Suche ein, findet man unglaublich viele Informationen und auch Vorlagen. Was meist aber leider oftmals etwas untergeht, ist die Erklärung, welche Ziele hinter dem Führen eines Schmerztagebuchs stecken. In einem vorherigen Artikel habe ich Dir bereits einen ersten kleinen Einblick dazu gegeben und möchte diesen jetzt etwas vertiefen. Verbesserung der Selbstwirksamkeit Auf der Homepage der AOK findet sich im Artikel über Selbstwirksamkeit in den ersten Absätzen eine gute Definition hierzu, die in meinen Augen wichtigsten Punkte habe ich markiert: Was ist Selbstwirksamkeit? Jeder ist seines Glückes Schmied – in dieser Redensart steckt viel Wahres. Denn in Situationen, in denen Menschen Glück oder Pech empfinden, spielt häufig auch die eigene Grundüberzeugung eine Rolle: Fühlt sich jemand der Situation ausgeliefert? Oder ist er davon überzeugt, selbst Einfluss auf den Gestaltungsspielraum und auf Emotionen bei Erfolg und Misserfolg zu haben? Hier kommt das psychologische Prinzip der Selbstwirksamkeit (Social Cognitive Theory) ins Spiel. Das Prinzip der Selbstwirksamkeit ist auf den Psychologen Albert Bandura zurückzuführen und wurde unter anderem von Julian Rotter weiterentwickelt. Selbstwirksamkeit bedeutet, die innere Überzeugung zu haben, schwierige oder herausfordernde Situationen gut meistern zu können – und das aus eigener Kraft heraus.   Wie hängt Selbstwirksamkeit jetzt mit einem Schmerztagebuch zusammen? Das Schmerztagebuch soll Dir die Möglichkeit geben, Zusammenhänge zwischen Deinen Schmerzen und verschiedenen Auslösern zu finden. Was aber noch viel wichtiger ist, Dir aufzeigen, welche Maßnahmen Dir dabei helfen, Deinen Schmerz zu reduzieren. Das Ziel einer Therapie sollte immer sein, diese zu fördern, sodass im Idealfall ein Therapeut/ Arzt irgendwann unnötig wird. Klar lässt sich letzteres auch dadurch erreichen, dass Dir ein Therapeut Übungen mit klaren Vorgaben gibt, wie Du diese ausführen sollst. Wenn Du aber selbstständig lernst, diese anzupassen, werden zum einen Deine Erfolge deutlich größer sein und Du wirst somit zu Deinem eigenen Therapeuten.  Ok, klingt gut, wie mache ich das jetzt? Wichtig ist, dass Du das Schmerztagebuch jeden Tag wirklich neu ausfüllst und nicht einfach im Stile von Copy-and-paste den Vortag überträgst. Du solltest es idealerweise zeitnah ausfüllen. Wenn Du bis zum nächsten Tag wartest, ist die Gefahr groß, dass Du das Ergebnis vorinterpretierst und somit Ungenauigkeiten auftreten. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, das Schmerztagebuch digital zu führen, über Dein Handy. Nutzen kannst Du hierfür entweder die vorinstallierte Notiz-App, Journal-Apps wie DayOne oder Schmerztagebuch-Apps. Ein Nachteil kann hierbei der Datenschutz sein, hier musst Du für Dich selbst bewerten, wo Deine Prioritäten liegen. Sinnvoll ist es meist, eine Aufschlüsselung grob nach Tageszeiten mit aufzunehmen, sprich Morgens, Mittags, Abends, Nachts. Ein Zeitraum von mindestens 4 Wochen bietet sich bei länger bestehenden Beschwerden an, vor allem bei Frauen, worauf ich später noch genauer eingehe. Kommen wir zu den genauen Inhalten Wie schon erwähnt, macht es Sinn, nach Tageszeiten aufzuschlüsseln. Die Lokalisation des Schmerzes ist ein weiterer wichtiger Punkt. Ebenso die Dauer und die Intensität des Schmerzes. Die Intensität wird klassischerweise auf einer Skala von 0 bis 10 beschrieben, der sogenannten Numeric Rating Scale. Fast selbsterklärend bedeutet 0, dass kein Schmerz vorhanden ist und 10, dass Du vor Schmerzen in Ohnmacht fällst. Optional lässt sich auch eine visuelle Analogskala nutzen, um die Schmerzintensität einzuordnen. Wie genau das funktioniert, kannst Du in diesem Artikel von mir nachlesen. Wenn Dir ein Auslöser auffällt, macht es unbedingt Sinn, diesen zu dokumentieren. Dies kann bestimmtes Essen sein, Sport oder auch bestimmte Alltagsbewegungen. Ein weiterer Punkt, der auf jeden Fall in ein Schmerztagebuch gehört ist, welche Maßnahmen Du selbst ergriffen hast und wie deren Einfluss auf Deinen Schmerz ist. Mir sind zudem immer noch die Schlafqualität und die Stimmung bzw. der Stress wichtig. Auch diese lassen sich mit obiger Numeric Rating Scale objektivieren (0 keine Auffälligkeiten, 10 am schlimmsten). Ergänzungen Gibt es eine Bewegung, die Dir regelmäßig Schmerzen bereitet, so macht es Sinn diese neben den „Alltagsschmerzen“ in ihrer Intensität zu dokumentieren. Bei Frauen ist es zudem wichtig zu dokumentieren, welcher Tag des Zyklus ist bzw. ob gerade die Periode stattfindet. Dies ist umso wichtiger bei Patienten, die unter Endometriose leiden. Aus diesem Grund ist es vor allem bei Frauen auch sinnvoll, über mindestens vier Wochen das Schmerztagebuch zu führen. Weitere Möglichkeiten Diese Form der Dokumentation lässt sich auch für andere Beschwerden nutzen und nicht ausschließlich für Schmerzen. Leidest Du beispielsweise unter Verdauungsbeschwerden, kannst Du versuchen mittels eines Ernährungstagebuchs mehr hierüber herauszufinden und erste gezielte eigene Schritte zu übernehmen. In diesem Fall würde es sich anbieten, folgende Punkte zu dokumentieren: Nahrungsmittel Beschwerdeart und -intensität Dauer und Abstand zum Essen, bis diese auftreten Schlaf Stress/ Stimmung bei Frauen Zyklustag/ Periode Nahrungsergänzungsmittel bzw. Medikamente Wofür noch der Therapeut, wenn ich eh selbst experimentiere? Wenn der Idealfall eintritt und Du selbst mittels des Schmerztagebuchs Deine Beschwerden in den Griff kriegst, brauchst Du einen Therapeuten nicht wirklich. Aufgrund der Erfahrungswerte kann ein Therapeut Dir aber oftmals konkrete Maßnahmen vorschlagen, die erfahrungsgemäß oft helfen. Da viele Maßnahmen, wie beispielsweise Training, aber oft individuell angepasst werden müssen, ist Deine Mitarbeit ein sehr wichtiger Katalysator. Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne Ries. Ich bin Heilpraktiker, Osteopath und Physiotherapeut und schon von klein auf vom menschlichen Körper fasziniert. Nachdem ich mehrere Jahre als angestellter Physiotherapeut gearbeitet habe, habe ich mir 2021 den Traum der eigenen Praxis erfüllt und habe mich hier auf die Arbeit mit Schmerzpatienten und Sportlern spezialisiert. Wie Du im Blog merken wirst, sind das aber nicht meine ausschließlichen Behandlungsfelder. Zur Terminbuchung kommst Du übrigens bequem hier. Diese Faszination versuche ich sowohl in meiner Arbeit an meine Patienten weiterzugeben, als auch mittels des Blogs und anderer Social Media Formate, wie YouTube… Wenn Du immer auf dem Laufenden bleiben willst, kannst Du Dich auch gerne zu meinem wöchentlichen E-Mail Newsletter anmelden. osteo-ries.de

Warum bildgebende Diagnostik nicht nur Vorteile hat.

Im letzten Artikel Was sind eigentlich Schmerzen? haben wir uns bereits angeschaut, dass strukturelle Gewebeveränderungen nicht zwingend mit Schmerzen einhergehen müssen und nicht den größten Einfluss darauf haben. Gerne möchte ich hier auch nochmal auf mein Lieblingsbild aus dem MRT einer schmerzfreien Patientin verweisen. Auch Nationale Versorgungsleitlinien, wie die Leitlinie zum Thema „Nicht- spezifischer Kreuzschmerz“ nehmen auf dieses Wissen Bezug. Unter dem Punkt Diagnostik findet sich beispielsweise folgendes: „Finden sich bei Patienten mit Kreuzschmerzen durch Anamnese und körperliche Untersuchung beim Erstkontakt keine Hinweise auf gefährliche Verläufe oder andere ernstzunehmende Pathologie, sollen vorerst keine weiteren diagnostischen Maßnahmen durchgeführt werden.“ (Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz – Kurzfassung, 2. Auflage. Version 1. 2017 [cited: 2022-09-27]. DOI: 10.6101/AZQ/000377. www.kreuzschmerz.versorgungsleitlinien.de) Nachteile von Bildgebender Diagnostik Was aber sind die Nachteile, wenn ich mehr darüber weiß, was im Körper „kaputt“ ist, wirst Du Dich vielleicht jetzt fragen? Schauen wir uns zunächst mal an, wie die Leitlinie weitergeht: da die Befunde technischer Untersuchungen häufig nicht die Therapieentscheidung und den Behandlungserfolg verbessern. Deshalb ist es sinnvoll, weitere diagnostische Maßnahmen nur gezielt einzusetzen. Durch die Beschränkung auf die unten angeführte Basisdiagnostik können den Betroffenen unnötige Belastungen und dem Gesundheitswesen unnötige Kosten erspart werden. Weiterhin ist zu beachten, dass bei einer intensiven Diagnostik ohne klinischen Verdacht nur in Ausnahmefällen eine spezifische Diagnose erwartet werden kann; diese fördert dagegen eine iatrogene Fixierung und somit eine Chronifizierung der Schmerzen. Dröseln wir den obigen Text mal auf: Es macht keinen Unterschied Im ersten Teil ist erwähnt, dass Therapieentscheidungen und auch die Behandlungserfolge häufig nicht durch die Befunde technischer Untersuchungen beeinflusst werden. Hierdurch entstehen zwei Nachteile, die im nächsten Satz benannt werden. Dir (den Betroffenen) entstehen unnötige Belastungen (hierauf gehe ich gleich weiter ein) und dem Gesundheitswesen entstehen unnötige Kosten. Die Belastungen, die Dir als Betroffenem entstehen, sind gleich mehrere. Zunächst einmal verlierst Du Zeit, die Du unter anderem für Deine Therapie aufbringen könntest. Bei Röntgen und einem CT kommt noch die Strahlenbelastung dazu. Des Weiteren kann der Befund zu unnötigen Operationen führen, sowie der Problematik, dass die Genesung beeinflusst werden kann, wenn die Beschwerden auf der Grundlage von Bildern erklärt werden. Beispielhaft sei hier die Studie von Rajasekaran, S. et al. 2021 erwähnt, in der diese Problematik bei Patienten mit Rückenschmerzen nachgewiesen wurde. Weiterhin wird in der Leitlinie erwähnt, dass ein großes Problem in der iatrogenen Fixierung und somit einer Chronifizierung der Schmerzen liegt. Unter einer iatrogenen Fixierung versteht man laut Amboss folgendes: Durch die Art, wie sich der Arzt dem Patienten gegenüber verhält, fühlt sich der Patient in seiner Vermutung bestärkt, tatsächlich körperlich erkrankt zu sein. Dies kann soweit gehen, dass der Patient tatsächlich Symptome entwickelt https://www.amboss.com/de/wissen/Arzt-Patient-Beziehung/#:~:text=Iatrogene%20Fixierung%3A%20Durch%20die%20Art,der%20Patient%20tats%C3%A4chlich%20Symptome%20entwickelt%20. (Zugriff am 05.10.2022) Viele strukturellen Veränderungen sind normal im Laufe des Lebens Viele „Verschleißerscheinungen“ sind normal und treten mit steigendem Lebensalter gehäuft auf. Diese Veränderungen treten auch häufig bei beschwerdefreien Menschen auf. Bandscheibenvorfälle im Bereich des unteren Rückens lassen sich bei über 60-Jährigen, gesunden Probanden in über 60 % der Untersuchten im MRT feststellen. Dies konnten Brinkiki, W. et al. 2015 in ihrer Studie nachweisen. Auch andere Zufallsbefunde sind möglich Ein aktueller Artikel auf Ärztezeitung.de befasst sich mit der Study of Health in Pomerania. Ein Team der Universität Greifswald hatte die hier gewonnen Daten analysiert und kam zu dem Ergebnis, dass bei jedem dritten, mittels Ganzkörper-MRT, Untersuchten Zufallsbefunde auffällig waren, die zu einer weiteren Abklärung führten. Allerdings waren die durchgeführten Biopsien größtenteils unauffällig. Die Biopsien wurden durchgeführt, wenn die MRT-Befunden Tumor-verdächtig waren. Ist bildgebende Diagnostik jetzt komplett unnötig? Kurze Antwort: Nein In der Langform kommt es darauf an, weswegen die Bildgebung gemacht wird. Geht es beispielsweise nach einem Unfall darum, festzustellen, ob ein Knochen gebrochen ist, macht bildgebende Diagnostik natürlich Sinn. Bei einem chronischen Schmerzpatienten sieht das häufig anders aus. Wichtig ist, dass eine Hypothese besteht, die mittels bildgebender Diagnostik abgeklärt wird und sich hieraus eine Änderung der Therapie ergeben würde. Bei einem Knochenbruch könnte beispielsweise ein Gips notwendig sein oder, falls sich der Bruch verschoben hat, auch eine OP notwendig sein, um eine gute Heilung zu ermöglichen. Kann ein Bruch allerdings ausgeschlossen werden durch die Bildgebung, so kann deutlich früher wieder mit Belastung gestartet werden und die Zeit der Ruhigstellung wird deutlich reduziert, was wiederum in einer schnelleren Regeneration resultiert. Take-Away Du kannst als Laie nur bis zu einem gewissen Grad Einfluss darauf nehmen, welche Diagnostik bei Dir durchgeführt wird. Worauf Du allerdings Einfluss nehmen kannst, ist, was Du aus dem Ergebnis machst. Verschleißerscheinungen sind zu einem gewissen Grad normal und hängen nicht zwangsläufig mit Schmerzen oder Einschränkungen zusammen. Prüfe für Dich selbst, wie Du Einfluss auf Deine Beschwerden nehmen kannst. Wenn Du hier sachte vorgehst, Belastungen peu à peu steigerst und auf die Reaktionen Deines Körpers hörst, ist es unwahrscheinlich, dass Du etwas „kaputt“ machst. Dein Körper ist für Belastungen und die Anpassung daran gemacht. Wichtig ist allerdings zu Bedenken, dass Dinge, die sich über einen längeren Zeitraum aufgebaut haben, auch länger brauchen, bis sie sich normalisieren. Einen Spagat wirst Du auch nicht von jetzt auf gleich beherrschen, sondern Du brauchst Zeit dafür. Sollte Dir das ganze schwerfallen, such Dir einen Experten, der Dich vor allem mit Tipps versorgt, was Du selbst für Deine Gesundheit tun kannst. Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne Ries. Ich bin Heilpraktiker, Osteopath und Physiotherapeut und schon von klein auf vom menschlichen Körper fasziniert. Nachdem ich mehrere Jahre als angestellter Physiotherapeut gearbeitet habe, habe ich mir 2021 den Traum der eigenen Praxis erfüllt und habe mich hier auf die Arbeit mit Schmerzpatienten und Sportlern spezialisiert. Wie Du im Blog merken wirst, sind das aber nicht meine ausschließlichen Behandlungsfelder. Zur Terminbuchung kommst Du übrigens bequem hier. Diese Faszination versuche ich sowohl in meiner Arbeit an meine Patienten weiterzugeben, als auch mittels des Blogs und anderer Social Media Formate, wie YouTube… Wenn Du immer auf dem Laufenden bleiben willst, kannst Du Dich auch gerne zu meinem wöchentlichen E-Mail Newsletter anmelden. osteo-ries.de

Was sind eigentlich Schmerzen?

Vielleicht kennst Du auch folgenden Witz: „Herr Doktor, wenn ich hier drücke, tut’s weh. Wenn ich hier drücke, tut’s weh und wenn ich hier drücke, tut’s auch weh. Was habe ich denn?“ Antwort des Arztes: „Ihr Finger ist gebrochen.“ Wenn Diagnostik von Schmerzen so einfach wäre, wären glaube ich, viele medizinischen Professionen schnell arbeitslos. Schmerz, vor allem chronischer Schmerz, ist häufig deutlich komplexer. Im heutigen Blogartikel möchte ich Dich auf einen kleinen Exkurs nehmen, was Schmerzen sind und welche Einflussfaktoren es gibt. Definition der International Association for the Study of Pain (IASP) Schmerz wird laut IASP definiert, als eine unangenehme, sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschäden einhergeht. Schmerz entsteht also als eine Art Mischung zwischen der sensorischen Information der Schmerzrezeptoren (Nozizeption), wie beispielsweise brennend, stechend, bohrend und der emotionalen Einordnung wie quälend oder erschöpfend. Diese beiden Anteile sind untrennbar miteinander verbunden. Zudem geht er einher mit einer tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschädigung, er erfüllt also eine Warnfunktion und ist aus diesem Grund überlebenswichtig. Die IASP benennt 6 weitere Punkte zur Definition von Schmerz und Schmerzerleben Schmerz ist immer eine persönliche Erfahrung, die zu unterschiedlichem Grad beeinflusst wird, von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren Schmerz und Nozizeption (Wahrnehmung eines Schmerzreizes) sind unterschiedliche Phänomene. Schmerz kann nicht ausschließlich durch die Aktivität der Sinnesrezeptoren erklärt werden. Die Lebenserfahrung beeinflusst das individuelle Konzept des Schmerzes. Die geschilderte Wahrnehmung einer Person von Schmerzen sollte respektiert werden. Obwohl Schmerz eine wichtige Rolle spielt, kann er sich negativ auf die Funktion und das soziale, als auch psychische Wohlbefinden auswirken. Vor allem der dritte Punkt veranschaulicht sehr schön das bio-psycho-soziale Schmerzmodell, von dem häufig Gebrauch gemacht wird, um Schmerzen zu erklären. Hier geht man davon aus, dass die Schmerzintensität nicht nur von der Intensität des Nervensignals abhängt, sondern ein Zusammenspiel biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren ist. Schmerzweiterleitung Eine sehr einfache Beschreibung der Weiterleitung von Schmerz findet sich auf der Seite der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. Da ich diese für sehr gut verständlich halte, nachstehend im Zitat: „Die Schmerzforschung zeigt, dass ein schmerzhafter Reiz, zum Beispiel durch eine Verletzung der Hand, zur Entstehung elektrischer Impulse führt, die über besondere Nervenfasern, ähnlich einem Stromkabel, den Arm entlang zum Rückenmark weitergeleitet werden. Dort werden die Impulse an eine weitere auf die Wahrnehmung von Schmerz spezialisierte Nervenzelle weitergereicht. Über eine weitere Schaltstelle oberhalb des Hirnstamms werden die Schmerzsignale schließlich an verschiedene Gehirnzentren weitergeleitet, die für eine verteilte Wahrnehmung dieses Sinnes- und Gefühlserlebnisses verantwortlich sind. Dies bedeutet, dass es im Gehirn kein einzelnes Schmerzzentrum gibt. Die Wahrnehmung von Schmerzen mit allen Sinnes- und Gefühlsanteilen entsteht letztlich als Antwort einer vernetzten Aktivierung verschiedener Schmerzzentren des Gehirns.“  (https://www.schmerzgesellschaft.de/patienteninformationen/herausforderung-schmerz/was-ist-schmerz ; Zugriff am 28.09.2022) Schmerzdämpfung Es gibt Menschen, die von Geburt an keine Schmerzwahrnehmung besitzen. Da das wichtige Warnsignal Schmerz fehlt, sind Verletzungen, auch schwerwiegende, absolut nicht selten. Ein weiteres Phänomen, dass Du vermutlich auch kennen wirst, sind Fakire, die sich scheinbar jegliche Schmerzwahrnehmung abtrainiert haben oder auch Shaolin-Mönche, die bei manchen Vorführungen Kunststücke vollbringen, die bei normalen Menschen mit Verletzungen bis hin zu Brüchen einhergehen würden. Durch Training, eine entsprechende Erziehung und Konzentration ist es diesen Menschen möglich, Schmerz weitestgehend auszublenden. Ein weiteres Beispiel ist Leistungssport. Sehen wir uns einmal kurz den Turner Andreas Toba an. Dieser zog sich bei der Olympiade in Rio 2016 einen Kreuzbandriss zu und absolvierte dennoch seine Übung am Pferd. Hierdurch sicherte er der deutschen Mannschaft den Einzug ins Finale. Wie gesundheitlich wertvoll das Ganze ist, ist ein anderes Thema. Dennoch ist auch hier gut erkennbar, wie Schmerzen ausgeblendet werden können. Auch in unmittelbaren Kampf- oder Fluchtsituationen, vor allem wenn es ums Überleben geht, wird der Großteil der Schmerzen ausgeblendet. Der Körper funktioniert einfach. Ein weiteres Beispiel, um in dieser Reihe mit etwas Positivem abzuschließen, ist der Geburtsvorgang. Die Schmerzdämpfung des Körpers, durch die körpereigene Apotheke ist phänomenal, wenn auch zugegebenermaßen nicht immer komplett ausreichend. Gesteigerte Schmerzwahrnehmung Was sind jetzt aber im Gegenteil Situationen, in denen Schmerzen intensiver wahrgenommen werden. Nun, entfernen wir uns mal nicht zu weit vom letzten Beispiel. Wenn ein kleines Kind hinfällt und die Eltern relativ ruhig und entspannt bleiben, ist der wahrgenommene Schmerz und die Reaktion des Kindes meist weitaus weniger drastisch. Können die Eltern allerdings selbst diese Ruhe nicht beibehalten, ist auch die Reaktion des Kindes größtenteils deutlich stärker. Beginnst Du nach einer längeren Verletzungspause wieder mit Bewegungen, die das betroffene Gewebe belasten, so kommt es häufiger dazu, dass vor allem die ersten Wiederholungen schmerzhaft sein können. Dies liegt unter anderem daran, dass Du deutlich sensibler auf die Reaktionen Deines Körpers hörst. Ähnlich ist es, wenn Du Deinem Körper aufgrund von Schmerzen eine Sportpause gönnst, bei der Wiederaufnahme des Sports kann es häufig zu einem ähnlichen Phänomen kommen. Ohne die Schmerzwahrnehmung herunterspielen zu wollen, Du kannst Dich in diesem Moment ein bisschen mit der Prinzessin auf der Erbse vergleichen. Ein Belastungsreiz, der normalerweise keinen Schmerz auslösen sollte, da es nicht zu einer Schädigung des Gewebes kommt, reicht aus, dass Dein Körper denkt, es könne zu einer Schädigung kommen. Unspezifischer Rückenschmerz Kreuzschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden in Deutschland. Die deutsche Rückenschmerzstudie 2003/2006 ergab, dass bis zu 85 % der Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben Kreuzschmerzen bekommen. Unter unspezifischen Kreuzschmerzen versteht man Schmerzen, die nicht durch spezifische körperliche Faktoren ausgelöst werden. Die Unterscheidung ist in der Praxis häufig nicht sehr einfach. In einer Metaanalyse konnten Tagliaferri et al 2021 zeigen, dass bei unspezifischem Rückenschmerz psychosoziale Faktoren, wie beispielsweise Depressionen, den größten Einfluss auf diese Form der Rückenschmerzen hatten. Gefolgt von strukturellen Gewebeveränderungen (z.B. Degeneration der Bandscheiben) und Markern zur Funktion des ZNS an dritter Stelle. Wenn wir uns jetzt das Ergebnis der Studie ansehen und feststellen, dass strukturelle Gewebeveränderungen nicht den größten Einfluss auf Schmerzen haben, verdeutlicht dies leider die Schwierigkeit in der Unterscheidung zwischen spezifischem und unspezifischem Rückenschmerz. Auch die Nationale Versorgungsleitlinie „Nicht-spezifischer Kreuzschmerz“ geht auf diese Problematik ein. Unter dem Punkt Diagnostik findet sich beispielsweise folgendes: „Finden sich bei Patienten mit Kreuzschmerzen durch Anamnese und körperliche Untersuchung beim Erstkontakt keine Hinweise auf gefährliche Verläufe oder andere ernstzunehmende Pathologie, sollen vorerst

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