Wenn ich mir anschaue, was ich bei Patienten als Nebendiagnosen finde, dann ist Bruxismus ganz vorne mit dabei. Nächtliches Zähneknirschen bzw. ein Pressen der Zähne ist sehr weit verbreitet. Amboss zum Beispiel geht von einer Häufigkeit zwischen 6 und 20 % in der Gesamtbevölkerung aus.

Am häufigsten tritt es im Jugendalter auf, später heraus wird es laut Amboss immer etwas seltener.

Definition Bruxismus

Bruxismus oder auch Schlaf-assoziierter Bruxismus ist definiert durch meist nächtliches Zähneknirschen oder auch aufeinander Pressen der Zähne, was zu diversen Beschwerden im Bereich des Kiefers führen kann, wie Schmerzen oder auch Steifigkeitsgefühl im Gelenk.

Mögliche Beschwerden durch Zähneknirschen

Wie schon gesagt, sind Schmerzen oder Steifigkeitsgefühl im Bereich des Kiefers keine Seltenheit und auch ziemlich selbsterklärend.

Im Laufe der Zeit werden die Zähne deutlich empfindlicher, da der Zahnschmelz immer weiter abgerieben wird. Normalerweise ist Zahnschmelz die härteste Struktur im Körper. Treffen nun aber zwei feste Strukturen aufeinander, können diese dennoch geschädigt werden.

Aber auch andere Beschwerden, wie Probleme im Bereich des Ohrs, verstärkte Müdigkeit oder Kopfschmerzen sind keine Seltenheit und auf den ersten Blick etwas schwieriger zu verstehen.

Weitere Zeichen können Zahnabdrücke auf der Zunge bzw. im inneren Wangenbereich sein. Abreibungen an den Zähnen sind glücklicherweise erst später deutlich zu erkennen. Im Zweifel sprich einfach Deinen Zahnarzt darauf an, dieser erkennt den Abrieb deutlich früher.

Zwar habe ich Zähneknirschen noch nicht selbst gehört, laut Aussage mehrerer meiner Patienten, ist dieses Geräusch wohl deutlich zu hören. Also frag Deinen Partner/ Deine Partnerin einfach mal, ob ihm/ ihr etwas auffällt.

Kopfschmerzen

Starten wir mit dem leichtesten Symptom und schauen uns die Anatomie an.

Ein typischer Bereich für Kopfschmerzen, die durch Zähneknirschen bedingt werden, ist im Bereich der Schläfen bzw. über dem Ohr.

Und genau in diesem Bereich liegt der M. temporalis. Ein sehr flächiger Muskel, der vor allem fürs Zubeißen verantwortlich ist. Wenn Du jetzt die ganze Nacht am Zähneknirschen bist oder die Zähne zusammenpresst, überlastet unter anderem dieser Muskel sehr häufig und schmerzt in der Folge.

Ohrbeschwerden

Auch viele Probleme im Bereich des Ohrs, wie Ohrgeräusche, Druck auf den Ohren oder auch Hörprobleme lassen sich relativ leicht erklären, wenn wir uns die Anatomie anschauen.

Wenn Du kurz überlegst, wie Du beim Fliegen den Druck ausgleichen kannst, wird Dir vermutlich auch Gähnen oder auch Kauen als Problemlösung einfallen. Das Kiefergelenk und der Gehörgang liegen in unmittelbarer Nähe zueinander. Wenn sich also im Kiefer eine hohe Spannung aufbaut, kann sich diese also sehr leicht auf das Ohr übertragen.

Hierüber kann dann der Druckausgleich gestört werden, indem die Ohrtrompete (Eustachische Röhre) nicht richtig arbeiten kann. Diese verbindet das Mittelohr und den Nasen-Rachen-Raum. Durch die oben erwähnten Lösungsmöglichkeiten wird die eustachische Röhre im Mund-Rachen-Raum geöffnet und der Druckausgleich kann wieder funktionieren. (2)

Auslöser

Eine Zeit lang wurde vermutet, dass ein möglicher Auslöser sei, dass die Okklusion nicht richtig stimmt. Unter Okklusion versteht man, dass die Zähne des Ober- und Unterkiefers nicht richtig zusammen passen und der Biss nicht ineinander übergreift nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip.

Sicher ist, dass vor allem Stress ein stark prädisponierender Faktor ist. Im Podcast findest Du auch ein Patientenbeispiel, was zeigt, wie leicht manche Stressoren angegangen werden können. 

Im Schlaf verarbeitet unser Gehirn den Tag und je mehr Stress vorhanden ist, desto mehr unruhiger wird der Schlaf und desto eher tritt auch Zähneknirschen auf.

Behandlung

Ein wichtiger Punkt in der Behandlung ist Zahnschutz über eine sogenannte Knirscherschiene. Diese Okklusionsschiene wird individuell vom Zahnarzt angefertigt und sorgt dafür, dass Deine Zähne nicht kaputtgehen. Teilweise können diese auch helfen, die anderen Beschwerden zu verbessern oder auch das Zähneknirschen an sich reduzieren.

Wichtiger ist aber, die Ursache anzugehen und den Stress zu lindern. Hierzu findest Du in anderen Artikeln von mir nützliche Tipps oder Du schaust mal auf YouTube vorbei, dort habe ich in einer Playlist verschiedene Entspannungsübungen zum Nachmachen zusammengestellt. Zwar ist es sinnvoll, den Stress insgesamt zu reduzieren, doch hilft es meist am deutlichsten, Entspannungsübungen kurz vor dem Schlafengehen durchzuführen.

Je nach Ausprägung Deiner Stressoren bzw. wenn konkrete psychische Probleme vorliegen, möchte ich Dir auch eine ergänzende Psychotherapie ans Herz legen. Möglichkeiten, schnell eine Therapiemöglichkeit zu finden, kannst Du auf der Seite des ärztlichen Bereitschaftsdienstes finden oder unter 116 117.

Zudem kann auch Physiotherapie, Logopädie und auch Osteopathie helfen, die Beschwerden zu lindern. Fairerweise sei gesagt, dass diese Behandlungsmethoden nicht das Zähneknirschen lösen können, wohl aber die damit einhergehenden Beschwerden, wie beispielsweise Bewegungsprobleme im Bereich des Kiefergelenks. Für letzteres kannst Du in meinem YouTube-Kanal auch eine Übung finden, wie Du selbst Deinen Kiefer mobilisieren kannst.

Es gibt auch medikamentöse Möglichkeiten der Therapie bis hin zu einer Injektion von Botulinumtoxin (Botox) in einen der Kiefermuskeln (M. masseter). Diese werden aber erst angewendet, wenn die nicht-medikamentösen Behandlungsmethoden versagen.

Eine weitere Methode, die ich persönlich kritisch sehe, ist ein zurecht Schleifen der Zähne, um die Okklusion zu verbessern. Auch wenn dieses nicht in großem Ausmaß passiert, so sehe ich diese Herangehensweise doch schwierig. Zumal nach wie vor diskutiert wird, ob dieser Fehlokklusion wirklich Zähneknirschen bedingen kann.

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