7 Lektionen meiner einjährigen Nichte zur Behandlung von Schmerzen

Lektionen meiner Nichte zum Thema Schmerzen

Vor kurzem hat meine einjährige Nichte das Wochenende bei mir und meiner Freundin verbracht. Tagsüber war eigentlich alles sehr unkompliziert, vor allem aber die erste Nacht war nicht sonderlich angenehm, da die Kleine sehr viel gebrüllt hat. In der zweiten Nacht wurde es dann deutlich besser. Vielleicht wunderst Du Dich jetzt, was eine einjährige mit Schmerzen zu tun hat, keine Sorge ihr geht es gut und es ist auch nichts passiert. Aber das wirst Du im Artikel vermutlich sehr schnell nachvollziehen können. Auch wenn es ein sehr schönes Wochenende war und uns Sonntagabend, als die Kleine wieder Zuhause war, ihr Toben und Spielen gefehlt hat, so lassen sich anhand des Wochenendes 7 Lektionen zur Schmerztherapie (aber auch allgemein Behandlung vieler anderer Beschwerden) herleiten und sehr gut erklären. Die ersten drei Lektionen waren übrigens bereits Inhalt meines wöchentlichen E-Mail-Newsletters, wenn Du dazu noch nicht angemeldet bist, findest Du hier die Möglichkeit dazu.  1. Lernen aus Fehlern Die erste Nacht war deutlich unruhiger, als die zweite. Was auch unter anderem daran lag, dass wir beim Schreien nicht immer direkt verstanden haben, wo das Problem lag und länger überlegen mussten, ob die Windel voll ist, sie schlecht geträumt hat oder was sonst nicht gepasst hat. In der zweiten Nacht war uns dann einiges klarer und wir konnten aus den Fehlern der ersten Nacht lernen, die Reihenfolge der Probleme war tatsächlich sogar gleich. Der Schlaf war somit deutlich ruhiger und erholsamer. Gedanken hatten wir uns am Morgen nach der ersten Nacht dazu gemeinsam gemacht, indem wir die Nacht kurz rekapituliert haben. Auch wenn im Falle Schmerzen es zu einer Verschlechterung der Beschwerden kommt, würde ich immer rekapitulieren, ob Dir irgendetwas auffällt, dass Du anders als sonst gemacht hast, was ein Auslöser für die Beschwerden sein könnte. War vielleicht etwas zu viel, hast Du schlecht geschlafen in der Nacht zuvor oder hast Du mehr Stress als sonst? Vielleicht solltest Du Dich bei sportlichen Aktivitäten auch einfach wieder mehr aufwärmen und nicht aus der kalten heraus Vollgas geben. All das können Gründe sein, die möglicherweise zu einer Verschlechterung geführt haben. 2. Teamwork Ganz ehrlich, alleine hätte ich das Wochenende und vor allem auch die Nächte nicht so gut hinbekommen, wie mit der Unterstützung meiner Freundin. Jeder von uns hatte andere Ideen, woran es lag, dass die Kleine am Meckern war. Bei manchen Dingen war es auch gut, dass jeder einen Teil der Aufgaben übernahm. So habe ich zum Beispiel meistens die Kleine aus dem Bett genommen, um sie schon mal zu beruhigen und meine Freundin besorgte in der Zwischenzeit Dinge wie Wickelzeug oder ähnliches. Natürlich geht das alles auch alleine, irgendwie. Auch bei Schmerzen kann man oft erstmal versuchen das ganze alleine hinzubekommen. Mit Unterstützung klappt vieles allerdings deutlich schneller und oftmals auch einfacher. Gerade wenn ein Therapeut schon Erfahrungswerte hat, kannst Du deutlich davon profitieren und auch beim Rekapitulieren von Beschwerdeauslösern, ist es oft sinnvoll, sich den Blick von außen dazuzuholen. 3. Plan für Notfälle Hätten wir alles selbst herausfinden müssen, mit der Kleinen, wär das Gemecker vermutlich noch deutlich stärker und häufiger am Wochenende gewesen. Da ich allerdings sehr detaillierte Listen zu den wichtigsten Punkten bekommen habe von meiner Schwägerin, unter anderem Tipps woran nächtliches Jammern liegen könnte, war es ausgesprochen einfach, da wir in den Akutsituationen einfach nachschauen konnten. Es kann auch bei verschiedenen anderen Beschwerden, wie zum Beispiel bei Schmerzen, sehr hilfreich sein, einen Notfallplan parat zu haben, auf den man ohne nachzudenken zurückgreifen kann. Wichtig ist nur, diesen schnell zur Verfügung zu haben und dann auch daran zu denken. In der ersten Nacht, hatten wir ehrlicherweise nicht daran gedacht, sondern erst, als am nächsten Tag wieder Ruhe eingekehrt war. Auf so einen Plan gehören dann vor allem Maßnahmen, die Du ergreifen kannst, um eine Situation abzufangen und Schmerzen oder andere Beschwerden zu beruhigen. Seien es konkrete Dehnübungen, Entspannungsmethoden oder andere Maßnahmen, aus dem Bereich der Schmerztherapie. Für mich persönlich wäre es auch nicht unwichtig, die bisher bekannten Trigger für Schmerzen dort mit aufzuführen, um schneller einordnen zu können, woran es lag, dass die Schmerzen aufgetreten sind. Dieses mehr an Ruhe und Kontrolle hilft oftmals auch indirekt den Stress zu senken, sodass Schmerzen weniger werden können. 4. Quengeln vs. Schreien Auch wenn ich anfangs mit der Aussage: „Du hörst es, wenn die Kleine wirklich etwas hat.“ nicht viel anfangen konnte, so habe ich schnell gelernt, worin der Unterschied zwischen einem unzufriedenen Quengeln und wirklichem Schreien ist, wenn irgendetwas nicht stimmt. Ähnlich kann das auch bei Schmerzen sein. Wenn Du zum Beispiel nach einer Verletzung wieder ins Training einsteigst, tut es anfangs eher mal leicht weh oder zwickt in dem Bereich, der verletzt war. Das liegt einfach daran, dass Dein Körper Dich davor bewahren will, dass der gleiche Bereich wieder verletzt wird. Ähnlich kann es auch allgemein im Training sein, vor allem wenn Du sehr intensiv trainierst. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo es unangenehm wird und eine gewisse Art von Schmerzen auftritt. Dieser unterscheidet sich allerdings meist deutlich von einem Verletzungsschmerz. Gerade im Training, vor allem auch beim Wiedereinstieg nach Verletzung, würde ich deshalb sowohl das Anstrengungslevel einstufen als auch das Schmerzlevel. Hiermit kannst Du im Laufe der Zeit lernen, Schmerzen und Anstrengung besser zu unterscheiden und somit einzuordnen, über welchen Schmerz (Anstrengungsschmerz) Du hinweggehen kannst, weil es mehr ein Quengeln ist und wann Du aufhören solltest, weil wirklich etwas weh tut (Schreien). 5. Langsam steigern (Eltern vs. Onkel) Mein Bruder und meine Schwägerin sind im Umgang mit der Kleinen, deutlich routinierter als meine Freundin und ich, vor allem als ich (so ehrlich will ich sein). Vieles fällt ihnen deutlich leichter und es wirkt deutlich entspannter, auch wenn die Kleine mal was hat, ist es leichter die Ruhe beizubehalten. Gewisse Erfahrung muss man einfach sammeln, um sich an Dinge zu gewöhnen. Ähnlich wie bei Schmerzen, vor allem nach Verletzungen. Wenn Du beim Wiedereinstieg direkt wieder Vollgas gibst, wirst Du mit hoher Wahrscheinlichkeit auch genauso schnell wieder verletzt sein. Du musst Dich langsam steigern, und Deinem Körper und auch dem Warnsystem Schmerz Zeit geben,

Chronische Schmerzen

Chronische Schmerzen können durch viele Ursachen ausgelöst werden

Die Worte chronische Schmerzen nutze ich nur sehr selten im Umgang mit meinen Patienten. Nicht weil ich es unwichtig finde, wie lange Schmerzen schon bestehen, sondern eher, weil die meisten Patienten das Wort chronisch leider viel zu oft falsch verstehen. An sich bedeutet chronische Schmerzen nur, dass die Schmerzen schon über einen gewissen Zeitraum bestehen, nicht mehr und nicht weniger. Es wird also nur rückblickend etwas beschrieben. Vielfach wird chronisch fälschlicherweise aber nur so verstanden, dass es sich um einen von jetzt an dauerhaften Zustand, unheilbaren Zustand handeln würde. Zwar gibt es Erkrankungen, bei denen das zutreffen mag, das Wort chronisch stellt aber keine Prognose für die Zukunft dar. Ab wann man davon spricht, dass es sich um chronische Schmerzen handelt und welche Konsequenzen sich daraus für die Therapie ergeben, das ist der Inhalt dieses Artikels. Definitionen Um die Verwirrung zu reduzieren, schauen wir uns zunächst mal ein paar Definitionen an, damit wir eine gemeinsame Basis haben, über die wir reden. Chronisch Der Begriff chronisch stammt vom altgriechischen Wort Chronos ab und bedeutet langsam, lange andauernd oder auch die Zeit.  In der Übersetzung finden sich dann auch bereits zwei wichtige Anteile der Definition von chronischen Erkrankungen. Zum einen entwickeln sie sich oft langsam und schleichend, teils auch ohne einen eindeutigen Ausgangspunkt. Zum anderen dauern sie einen langen Zeitraum an (1, 2). Eine eindeutige zeitliche Eingrenzung, ab wann Beschwerden als chronisch bezeichnet werden, gibt es für bestimmte Krankheitsbilder, wie zum Beispiel die chronische Bronchitits. Bei vielen Beschwerden spricht man ab einem Zeitraum von 3 bis 6 Monaten davon, dass diese chronisch geworden sind. Schmerzen Die Definitionen von Schmerzen haben wir uns an anderer Stelle bereits genauer angeschaut. Um einen kurzen Auszug meines Artikels zu zitieren, in dem ich mich auf die Definition der International Association for the Study of Pain (IASP) beziehe: „Schmerz wird laut IASP definiert, als eine unangenehme, sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschäden einhergeht.“ Diese Definition gilt vor allem für akute Schmerzen und zeigt die wichtige Warnfunktion, die Schmerz einnimmt. Wenn es sich um chronische Schmerzen handelt, geht dieser warnende Mechanismus allerdings verloren (3), wie Du gleich sehen wirst. Chronische Schmerzen Chronische Schmerzen werden mittlerweile von diversen Fachleuten als eigenständige Krankheit definiert (4). Dieser Herausforderung kommt auch die Leitlinie nach, die sich eigens mit chronischen, nicht tumorbedingten, Schmerzen beschäftigt (3). Die Leitlinie spricht sich dafür aus, dass Schmerzen ab einer Dauer von mehr als 3 Monaten als chronische Schmerzen definiert werden sollten. Das heißt jetzt allerdings nicht, dass die Schmerzen dauerhaft da sein müssen. Bei chronischen Schmerzen ist es häufig ein Auf und Ab der Schmerzintensität und Schmerzausprägung (3). Wie zuvor schon erwähnt erfüllen chronische Schmerzen nicht mehr die nützliche Warnfunktion, die akute Schmerzen noch erfüllen können. Über die Entstehung ist man sich noch nicht gänzlich sicher und es gibt viele Theorien, wie diese entstehen können. Lerntheoretischer Ansatz Ein Erklärungsansatz fußt darauf, dass Patienten Schmerzen mit bestimmten Handlungen oder auch Situationen verknüpfen (3, 5), es findet also eine Art Konditionierung statt (6). Dies kann nicht nur durch negative Reize passieren, wie beispielsweise eine bestimmte Bewegung, die häufig Schmerzen auslöst (3, 6, 7), sondern es kann auch durch positive Reize dazu kommen, dass Schmerzen chronisch werden (3). In diesem Fall spricht man dann häufig vom sekundären Krankheitsgewinn. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Du durch Deine Schmerzen mehr Aufmerksamkeit und Fürsorge von Deinem Umfeld erfährst (3). Das Schmerzgedächtnis Eng verknüpft mit dem lerntheoretischen Ansatz ist ein Begriff, der im Zusammenhang mit chronischen Schmerzen häufig fällt, das Schmerzgedächtnis. Das heißt, es ist zu einer Veränderung auf neurophysiologischer Ebene (3) gekommen und bestimmte Neurone haben sich „zusammengeschaltet“ entsprechend dem Grundsatz „What fires together – wires together“ (7). Das klingt jetzt im ersten Moment vermutlich ziemlich kompliziert und bedrohlich. Ist es aber deutlich weniger, als Du denkst. Unsere Hirnstruktur verändert sich im Laufe des Lebens immer wieder, man spricht hier auch von Neuroplastizität. In jungen Jahren passiert das noch deutlich schneller, im Laufe des Lebens wird dieser Prozess dann etwas träger. Du kannst Dir das Entstehen der Verbindungen im Gehirn ein bisschen vorstellen wie Waldwege. Je häufiger ein bestimmter Weg gegangen wird, desto eher wird aus einem Trampelpfad, der zunächst kaum erkennbar ist, ein richtiger Weg, der sich auch aus der Distanz gut erkennen lässt. Wird dieser Weg aber länger nicht mehr genutzt, verwildert er im Laufe der Zeit wieder und ist irgendwann verschwunden. Das Thema haben wir uns übrigens auch schon einmal im Zusammenhang mit psychosomatischen Beschwerden angeschaut. Kognitiv-behavioraler Ansatz Hierbei wird die Bedeutung der gefühlten Hilflosigkeit gegenüber den Schmerzen als aufrechterhaltender Faktor von chronischen Schmerzen betont. Somit wird hierbei dem psychischen Anteil des bio-psycho-sozialen Modells Rechnung getragen (3). Was kannst Du tun? Wichtig ist erstmal, dass Dir die Diagnose chronische Schmerzen keine Angst macht, denn wie schon beschrieben heißt es lediglich, dass die Schmerzen über einen Zeitraum von mehr als 3 Monaten bestehen. Zwar wird es nicht unbedingt leichter, wenn chronische Schmerzen schon lange bestehen, diese loszuwerden, es ist grundsätzlich aber auch nach langer Schmerzdauer möglich. Die zuvor erwähnte Neuroplastizität kann nicht nur chronische Schmerzen mit bedingen, sondern auch helfen, diese wieder loszuwerden (5, 6, 7). Wenn Dich das Thema Neuroplastizität genauer interessiert, kann ich Dir die nebenstehende Arte Doku (8) wärmstens empfehlen. Hier geht es auch darum, welche therapeutischen Möglichkeiten es hier gibt. Die konkrete Behandlung ist häufig sehr individuell und häufig kann ein multimodaler Ansatz sinnvoll sein, das heißt mehrere Gesundheitsbereiche arbeiten Hand in Hand zusammen. Was aber immer die Basis darstellen sollte ist, dass Du körperlich aktiv wirst und Deine körperliche Aktivität steigerst. Hierbei ist es übrigens weniger relevant, welche Aktivität das ist, sondern eher, dass Du dieser regelmäßig nachgehst (3). Hier wirken dann mehrere Mechanismen, einer ist die Ausschüttung von Endorphinen (körpereigenen Morphinen), die direkt schmerzlindernd wirken. Weiterhin wird hierüber aber auch die gefühlte Hilflosigkeit reduziert, was auch Bestandteil der nächsten wichtigen Säule ist. Wichtig in der Behandlung chronischer Schmerzen ist, dass Du lernst, wie Du mit Deinen chronischen Schmerzen besser umgehen kannst. Das heißt, welche Dinge tun Dir gut, was kannst Du ohne Schmerzen

5 problematische Gedanken bei Schmerzen und was Du dagegen tun kannst

Gedanken bei Schmerzen, die Beschwerden verstärken und die Heilung bremsen können.

Vor kurzem bin ich über einen Artikel in der Ärztezeitung gestolpert, der mir mal wieder gezeigt hat, wie viel Einfluss unsere Gedanken auf unsere Gesundheit haben. Im Artikel ging es zwar nicht um Gedanken bei Schmerzen, sondern um den schädlichen Einfluss auf die Gesundheit und Lebensdauer bei Hypochondern. Es gibt allerdings auch auf den Verlauf von Schmerzen eine sehr starke Einflussmöglichkeit, über Deine Gedanken. Warum sind Gedanken so wichtig? Bereits in meinem letzten Artikel zum Thema Schmerztherapie habe ich erwähnt, dass man davon ausgeht, dass bis zu 70 % des Behandlungserfolgs bei Schmerzen auf dem Placeboeffekt beruhen. Das heißt Deine Psyche und Deine Gedanken bei Schmerzen haben einen extrem großen Einfluss darauf, wie Du die Schmerzen wahrnimmst und auch, ob und wie Du sie loswirst. Es macht also Sinn, sich auch mit diesem Punkt auseinander zu setzen, um die Behandlung möglichst effektiv zu gestalten. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass es wenig Sinn macht, negative Emotionen komplett zu unterdrücken. Bei Verletzungen zu fluchen, hat beispielsweise auch einen starken Einfluss auf die Wahrnehmung von Schmerzen. Wichtig scheint hierbei zu sein, dass Du auch wirklich fluchst und nicht irgendwelche Verniedlichungsformen wie Scheibenkleister oder ähnliches nutzt. (2) Die Bedeutung von Gedanken wird auch im Film Inception gut zum Ausdruck gebracht: „die kleinste Saat eines Gedanken kann wachsen. Er kann Dich aufbauen oder zerstören.“ (3). Gerade auch beim Thema Schmerzen trifft es dieses Zitat genauer, als Du vielleicht noch denkst. 5 negative Gedanken bei Schmerzen Meiner Erfahrung nach gibt es hauptsächlich 5 Gedanken bei Schmerzen, die einen starken Einfluss auf den Behandlungserfolg haben können. Diese mögen bei dem ein oder anderen eine andere Gewichtung haben und nicht jeder Schmerzpatient wird mit allen Gedanken konfrontiert. Wenn Dich diese Gedanken bei Schmerzen allerdings quälen und einen Behandlungserfolg verhindern, möchte ich mit Dir meine Ideen teilen, um mit diesen besser umgehen zu können. „Alles ist kaputt.“ Bei Dir wurde ein Röntgen oder MRT gemacht und der Arzt hat Dir gesagt, dass alles kaputt ist und Du deswegen Schmerzen hast? Der Gedanke setzt sich fest und diesen wieder loszuwerden kann manchmal viel Zeit in Anspruch nehmen. Um kurz den Film Inception (3) nochmal zu zitieren: „Ein Gedanke! Resistent, hochansteckend; wenn ein Gedanke einen Verstand erst einmal infiziert hat, ist es fast unmöglich, ihn zu entfernen.“ Ich bin aus diesem Grund auch nur eingeschränkt ein Freund von Bildgebung, wenn es sich nicht um akute Verletzungen handelt, bei denen eine Bildgebung auch einen Einfluss auf die Therapieentscheidung hat. Bei chronischen Beschwerden ist der Nutzen aber mehr als fraglich. Das Problem ist, dass Ergebnisse aus der bildgebenden Diagnostik nicht zwingend mit körperlichen Beschwerden zusammenhängen. Wenn aber mal der Gedanke festsitzt, dass Du einen Schmerz nicht loswirst, weil Du Arthrose, einen Bandscheibenvorfall oder was auch immer hast, wird es schwer, Dich vom Gegenteil zu überzeugen. Da ich dieses Thema schon in einem separaten Artikel behandelt habe, verweise ich an dieser Stelle hierauf. Das Ziel ist hier unnötige Bildgebung zu vermeiden. Wenn allerdings die Bildgebung schon erfolgt ist, solltest Du hinterfragen (evtl. mit Unterstützung eines Experten), wie der Befund zu Deinen Schmerzen passt oder auch nicht. „Keiner kann mir helfen“ Wer vermutest Du, ist der Experte, der sich mit Deinem Körper und Deinen Beschwerden am besten auskennt? Kleiner Tipp, Du schaust ihm oder ihr regelmäßig im Spiegel in die Augen. Ohne Dich funktioniert eine Behandlung nicht. Du spürst, was Dir guttut und was Dir nicht guttut. Vor allem bei chronischen Schmerzen bist Du also der wichtigste Experte, wenn es um Deine Beschwerden geht. Ein Therapeut kann Dir helfen, Deine Gedanken und Ideen in die richtige Richtung zu lenken. Er hat Übungen für Dich parat oder kann Dir erklären, welche Mechanismen in Deinem Körper ablaufen. Ohne Deine Mitarbeit und Dein Feedback wird er Dir allerdings nicht weiterhelfen können. Das Ziel ist hier selbst zum Experten zu werden und Deinen Behandler hierbei als Unterstützung zu sehen. Wenn Dein Behandler Dich nicht zu Wort kommen lässt, Deine Erfahrungen nicht ernst nimmt und berücksichtigt, dann würde ich wechseln. „Ich habe schon alles versucht.“, oder „Nichts hilft“ Ein Gedanke bei Schmerzen, der vor allem bei chronischen Schmerzen auftaucht, ist: „Ich habe schon alles versucht.“ Für Dich als Patient mag das in dieser Situation mit Sicherheit auch so wirken, weil Dir kein weiterer Behandlungsansatz einfällt, der Dir von Spezialisten empfohlen bzw. verkauft wurde. Bei vielen Patienten ist mir aber schon aufgefallen, dass sie viele hauptsächlich sehr spezielle Methoden getestet haben. Häufig haben sie sich aber nicht mit den Basics auseinandergesetzt. Der Grund? Sie verkaufen sich oft nicht so gut und z.B. den eigenen Lebensstil zu hinterfragen ist nicht immer angenehm. Stell Dir also mal in aller Ruhe die Frage, ob Du anhand dieser Basics Punkte in Deinem Leben findest, die einen Einfluss auf Deine Schmerzen haben und wenn ja, wie Du sie angehen kannst. Auch hier kann es Sinn machen, sich einen Experten mit an Bord zu holen, der Dich hierbei unterstützt. Das Ziel ist hier Dich selbst zu hinterfragen, welche Möglichkeiten noch offen sind und mittels eines Schmerztagebuchs herauszufinden, was Einfluss auf Deine Schmerzen hat. „Ich kann nichts mehr machen.“ Schmerzen können die Lebensqualität extrem einschränken, vor allem wenn Du Hobbys oder sozialen Interaktionen nicht mehr nachgehen kannst und ja, manchmal wird es schwierig, einen Weg drumherum zu finden. Bei Verletzungen wirst Du manchmal Hobbys, die Dir Spaß machen, für eine Zeit lang sein lassen müssen, wenn Du Deine Schmerzen loswerden willst. Bei einer Operation oder auch konkreten Verletzung lässt sich dieser Zeitraum ungefähr abschätzen, bei chronischen Schmerzen wird es dann herausfordernd. In dieser Zeit entdeckt man aber oft andere Dinge, die einen Ersatz darstellen können. Sei es eine andere Sportart oder ein neues Hobby. Das Ziel ist also Dich nicht auf das zu konzentrieren, was nicht klappt, sondern auf das, was Du noch alles machen kannst. „Alles tut weh“ oder „ich habe die Schmerzen immer.“ Gerade dieser Gedanke bei Schmerzen kann schnell dazu führen, dass wirklich mehr und mehr Bewegungen zu Schmerzen führen, da hier der Noceboeffekt zum Tragen kommen kann. In vielen Fällen

Was ist Schmerztherapie?

Schmerztherapie ist mehr als nur Pillen zu schlucken

Schmerztherapie umfasst, vereinfacht gesagt, alle therapeutischen Maßnahmen, die das Ziel haben, akute oder chronische Schmerzen zu lindern. (1,2) Ärzte, die sich auf die Behandlung von chronischen Schmerzen spezialisiert haben, können durch eine Weiterbildung die Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ erwerben. (3) Wenn Du meinen Blog bereits aufmerksam verfolgst, dann wirst Du vielleicht auch wissen, dass ich vor längerer Zeit bereits einen Artikel geschrieben habe, was Du gegen Schmerzen tun kannst. In diesem Artikel finden sich auch einige Methoden aus dem Bereich der Schmerztherapie, ein allgemeiner Überblick fehlte bisher allerdings und auch der Punkt, warum ein interdisziplinärer Ansatz (mehrere Berufsgruppen arbeiten zusammen) in der Behandlung von Schmerzpatienten oft am zielführendsten ist (4), kam noch zu kurz.  Was sind Schmerzen? Wie immer schauen wir uns erst einmal an, worüber wir eigentlich reden. In früheren Artikeln haben wir uns bereits angeschaut, was Schmerzen sind und auch welchen Sinn Schmerzen haben, aus diesem Grund hier nur eine kurze Zusammenfassung. Schmerz wird definiert als eine unangenehme, sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschäden einhergeht. (5) Schmerz tritt also nicht nur auf, wenn etwas „kaputt“ ist, sondern auch, wenn Dein Körper befürchtet, dass etwas geschädigt werden könnte. Er stellt also eine Art Alarmsystem dar. Akute vs. chronische Schmerzen Diese Definition trifft allerdings hauptsächlich für akute Schmerzen zu, bei chronischen Schmerzen wird das ganze allerdings häufig etwas komplexer. Das lässt sich bereits daran erkennen, dass es hierzu eine eigene Leitlinie gibt (6) und sie häufig auch als eigenständige Krankheit betrachtet werden (7). In diesen Fällen haben chronische Schmerzen oft nicht mehr die zuvor benannte Warnfunktion, die akute Schmerzen haben. Da das Thema chronische Schmerzen extrem komplex ist, wird es hierzu demnächst noch einen eigenen Artikel geben. Wichtig ist an dieser Stelle zu verstehen, dass in der Schmerztherapie zwischen akuten und chronischen Schmerzen oftmals unterschieden werden muss und die Schwerpunkte oft anders zu gewichten sind. Biopsychosoziales Schmerzmodell Das biopsychosoziale Modell nach Engels findet bei vielen Krankheiten, vor allem chronischen Erkrankungen, Anwendung. Es wird genutzt, um besser erklären und verstehen zu können, welche Faktoren bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Krankheiten eine Rolle spielen. (8) Dieses Modell erleichtert es auch, Schmerzen und die unterschiedliche Wahrnehmung dieser, besser zu erklären. Es bildet dementsprechend auch einen der 6 Punkte, den die IASP nutzt, um Schmerzen und Schmerzerleben genauer zu definieren. (5) Das Modell kann allerdings nicht nur genutzt werden, um zu erklären, welche Faktoren Schmerz verstärkend, sondern auch welche Schmerzen lindern und somit in der Schmerztherapie adressiert werden sollten. Biologische Faktoren Hierunter kannst Du Dir alle körperlichen Faktoren vorstellen, die einen Einfluss auf die Schmerzen haben können (aber nicht zwangsläufig müssen). Hierzu zählen zum Beispiel: Verletzungen Nervenschädigungen Entzündungen Endorphine Psychische Faktoren Dieser Bereich ist, denke ich, relativ selbsterklärend. Auch hier gibt es viele Faktoren, die sowohl einen positiven, als auch einen negativen Einfluss haben können, wie beispielsweise: Depression Ängste Placebo/ Nocebo freudige Momente Soziale Faktoren Soziale Faktoren und psychische Faktoren sind teilweise schwierig zu unterscheiden, da sie oftmals eng miteinander verknüpft sind. Bei sozialen Faktoren geht es allerdings eher um das Umfeld und die Interaktion mit diesem, sowie die Prägung, die durch das Umfeld geschieht. Beispiele wären hier: Erziehungsunterschiede im Umgang mit Schmerzen kulturelle Unterschiede sekundärer Krankheitsgewinn (man erfährt z.B. mehr Unterstützung durch das eigene Umfeld aufgrund der Schmerzen) Schmerztherapie In der Schmerztherapie gibt es nun verschiedene Ansätze, die gewählt werden können, um Schmerzen zu reduzieren. Einige werden Dir vermutlich bekannt vorkommen. Andere hingegen dürften Dir vielleicht neu sein. Wie Du bereits erfahren hast, gibt es viele mögliche Ursachen für Schmerzen, die sehr individuell sind. Aus diesem Grund lässt sich auch pauschal nicht sagen, dass eine Methode der anderen unmittelbar überlegen ist. Es gibt sogar Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass „Bis zu 70 % der Therapieerfolge bei Schmerzen […] beruhen auf dem Placeboeffekt.“ (9) In der Therapie von akuten Schmerzen gibt es oft individuelle Leitlinien für bestimmte Beschwerde- und Krankheitsbilder. Chronische Schmerzen haben eine eigene Leitlinie (6), hier wird häufig ein multimodaler Ansatz gewählt, den wir uns später anschauen. Die Bausteine, die in einer Schmerztherapie genutzt werden können, sind folgende: Medikamentöse Therapie Schmerzmittel (Analgetika) dürften, denke ich, jedem von Euch bekannt sein. Einige Schmerzmittel sind zwar frei verkäuflich, ich würde Dir aber dennoch anraten, im Zweifel in der Apotheke oder beim Arzt nachzufragen, welche Schmerzmittel für Dich und Deine Schmerzen empfehlenswert sind. WHO-Stufenschema Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es auch eine Empfehlung, welche Schmerzmittel zuerst gewählt werden sollten und wie diese zu steigern sind. Ich habe Dir die Tabelle hier einmal eingefügt, allerdings solltest Du sie rein als Hintergrundinformation sehen. Die genaue Auswahl der Medikamente solltest Du in Abstimmung mit Deinem behandelnden Arzt treffen, der auch Deine eventuellen Medikamentenunverträglichkeiten kennt. Das Schema kann in jeder Stufe mit ergänzenden Medikamenten und anderen Behandlungen kombiniert werden. WHO Stufenschema Bewegungstherapie Bewegung hat viele positive Effekte auf Schmerzen. Einer davon ist die Ausschüttung von Endorphinen (körpereigenen Morphinen), die wahnsinnig gut funktionieren. So gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass ein Lauf über 6 Meilen (ca. 9,66 km) eine Menge an Endorphinen freisetzt, die ungefähr einer Dosis von 10 mg Morphin entsprechen. Du siehst also, „Bewegung ist einer der größten Schmerzkiller der Welt“ (10). Diese Möglichkeit in der Schmerztherapie nicht zu nutzen, wäre also meistens ein großer Fehler. In der Behandlung ist aber nicht nur die schmerzlindernde Wirkung des Trainings wichtig, sondern auch, dass Du als Patient Möglichkeiten kennenlernst, Bewegungen, die Dir aktuell schwerfallen, entweder wieder ausführen zu können oder alternative Bewegungsmuster zu lernen. Auch das Vertrauen in den eigenen Körper, das vor allem bei chronischen Schmerzpatienten irgendwann schlechter wird, kann hierüber wieder aufgebaut werden. Da ein Ziel bei schmerzhaften Strukturen sein kann, diese belastbarer zu machen, ist ein gezieltes Krafttraining teils unumgänglich. Edukation Patientenaufklärung (Edukation) ist einer der Bereiche, an denen es meiner Meinung nach in unserem Gesundheitssystem am ehesten mangelt. Viele Patienten werden erfahrungsgemäß erst dann selbst aktiv in ihrer Therapie, wenn sie auch verstehen, warum sie gewisse Dinge tun oder auch meiden sollten. Da mein Ziel auch immer ist, dass Patienten selbstständig werden und mich im besten Falle irgendwann nicht mehr benötigen,

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