5 Tipps um Dich auf orthopädische Operationen vorzubereiten
Klar, idealerweise wirst Du versuchen eine OP zu vermeiden und auch mein Behandlungsziel ist es, Dich um eine OP herum zu lotsen. Es gibt aber auch am Bewegungsapparat ein paar Gründe, bei denen eine Operation unausweichlich ist, bei denen Du aber eine gewisse Vorbereitungszeit auf die OP hast, die Dir helfen kann, nachher schneller wieder auf die Beine zu kommen. Wir schauen uns zum einen Dinge an, die für OPs mit teilweise langem Vorlauf gelten, wie zum Beispiel Hüft- oder Knieprothesen, aber auch für kürzere Zeiträume gelten können (Sehnenabrisse oder andere Verletzungen, die durch Verschleiß entstehen). Wenn Du eine akute Verletzung hast, die operiert werden muss, kannst Du aber auch ein paar Dinge mitnehmen, die wir uns im späteren Bereich des Artikels anschauen werden. Da ich nicht auf jede einzelne OP eingehen kann, werde ich versuchen, das Ganze möglichst allgemein zu halten. Auch beschreibe ich biochemische Prozesse, die eine Rolle spielen, stark vereinfacht. In meinen Quellen findest Du aber auch Möglichkeiten, Dich weiter in die Tiefen des Kaninchenbaus vorzuarbeiten. Vorbereitendes Training Die OP ist geplant, Du hast aber noch einige Wochen Zeit? Reines Abwarten ist eine Möglichkeit und für manche Patienten auch vermutlich das, was sie zu tun bereit sind. Aber da Du diesen Artikel gerade liest, gehe ich davon aus, dass Du mehr machen willst. Bei OPs, wie beispielsweise nach Sehnen(an)rissen, kommt es durchaus vor, dass Du ein paar Wochen Zeit hast, bis zur Operation. Spätestens wenn bei Dir eine Gelenkersatzoperation (die Klassiker: Knie- bzw. Hüftprothese) ansteht, hast Du oft mehrere Wochen bis teils Monate Zeit, Dich und Deinen Körper darauf vorzubereiten. Du wirst vermutlich keine Rekorde mehr brechen, aber Du hast genug Zeit, einige Defizite auszubessern und auch Dein Körpergefühl zu verbessern. Du lernst schon einmal Übungen kennen, die später in der Reha wichtig werden, sodass Du auch hier schneller im Training vorankommen wirst. Das Training hat unmittelbar vor der OP aber auch zum Beispiel schmerzlindernde Effekte, was gerade bei vielen orthopädischen Beschwerden, eine zentrale Rolle spielt. Denn Schmerzen sind einer der wichtigen Gründe, warum sich Patienten geplanten orthopädischen Operationen unterziehen. Wie das ganze wirkt, kannst Du in diesem Artikel gerne nochmal nachlesen. Vielleicht verstehst Du dann auch, warum Du nach einer Operation nicht nur rumliegen solltest, sondern Dich so bald, wie möglich wieder bewegen solltest. An dieser Stelle kannst Du dann auch gerne nochmal nachlesen, wie Du ein Training während einer Verletzung gestalten kannst und welche positiven Effekte hierüber möglich sind. Wenn Du Dir vielleicht denkst, dass ja sowieso schon die OP geplant ist und Du deshalb im Training einfach Vollgas geben kannst, ohne Rücksicht auf Verluste, denk vielleicht nochmal darüber nach. Klar ist schon ein struktureller Schaden vorhanden und die OP soll diesen reparieren, aber würdest Du mit einem platten Reifen noch ewig weiterfahren, weil Du weißt, dass die Werkstatt diesen flicken wird? Beim Reifen wird Dir vermutlich bewusst sein, dass dann auch noch die Felge und vielleicht mehr kaputtgeht und die Reparatur immer teurer wird. Bei Deinem Körper ist das ähnlich, allerdings zahlst Du dem Operateur nachher nicht einfach mehr Geld, sondern Dein Körper hat mehr Arbeit und Du wirst eventuell länger für Deine Reha brauchen. Aus diesem Grund gilt es bei der Trainingsplanung nachzudenken, wenn Du Dir alleine unsicher bist, dann hol Dir einen Experten an Deine Seite. Ein weiterer Vorteil, den das Training und auch die Ernährung, die wir uns gleich noch anschauen werden, bringt, ist eine Verbesserung der Stoffwechsellage. Hier geht es vor allem um den Blutzuckerspiegel oder um noch genauer zu sein, den HbA1c-Wert. Dieser Wert liefert eine Aussage darüber, wie sich die letzten 3 Monate Dein Blutzuckerspiegel verhalten hat. Vereinfacht gesagt beschreibt er, wie „verzuckert“ ein rotes Blutkörperchen ist. Wenn dieser ständig zu hoch ist, zum Beispiel durch zu viel an vor allem sogenannten leeren Kalorien (geringe Nährstoffdichte) und/oder auch zu wenig Bewegung landest Du irgendwann beim Krankheitsbild Diabetes Typ 2 (sehr stark heruntergebrochen und die genetische Prädisposition mal außen vor gelassen). Spätestens hier sind Wundheilungsstörungen allgemein bekannt, es geht aber schon vorher in Richtung schlechterer Wundheilung los. Bewegung sensibilisiert vor allem die Muskelzellen für Insulin, sodass der Zucker aus dem Blut in die Muskelzelle gebracht wird und dort „verbrannt“ wird, der Blutzuckerspiegel wird hierdurch gesenkt und das rote Blutkörperchen kann nicht mehr „verzuckern“, sodass der HbA1c-Wert niedrig bleibt. Insulin öffnet quasi wie ein Schlüssel die Zellen für den Zucker im Blut und Training verbessert die Insulinsensitivität der Zellen. Auch wird vielfach nach einer OP Deine Muskulatur abbauen, da sie weniger genutzt wird. Vor allem im direkt von der Operation betroffenen Areal spielt das eine große Rolle. Je mehr Du vorher aufbaust, desto mehr kannst Du im Nachhinein davon zehren. Unterstützen kannst Du dies auch noch über den nächsten Punkt. Ernährung Das Thema Insulin hatten wir eben schon beim Thema Training, allerdings hat auch Deine Ernährung einen großen Einfluss, auf den Blutzuckerspiel. Wenn Du mehr zu Dir nimmst, als Du verbrennst, wird dieser steigen und oben bleiben. Auch wenn Du einfache Kohlenhydrate oder Lebensmittel mit leeren Kalorien (kaum oder wenig Nährstoffen) zu Dir nimmst, jagt der Blutzuckerspiegel schnell nach oben, um danach wieder abzufallen. Heißhunger verführt Dich dann dazu mehr und mehr zu Essen, sodass auch dies wieder zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels und mittel- bis langfristig einer schlechteren Wundheilung führt. Es gibt aber neben dem erhöhten Blutzucker/ HbA1c noch ein weiteres Problem, das daraus entsteht: mehr Körperfett. Vor allem, wenn vermehrt sogenanntes viszerales Fett (zwischen den Organen) vorhanden ist, ist dieses auch stoffwechselaktiv und fördert vor allem chronische Entzündungen. Entzündungen sind zwar an sich wichtig für eine Wundheilung, wie wir uns bereits in diesem Artikel angeschaut haben, allerdings unterscheiden sich chronische Entzündungen von akuten Entzündungen und wie bei fast allem ist ein zu viel auch nicht gut. Wenn Du also noch ein paar Kilo zu viel auf den Rippen hast, ist der Zeitraum bis zur OP eine gute Gelegenheit, dieses Problem nochmal anzugehen. Aber uns geht es ja jetzt nicht nur darum, was Du vermeiden sollst, sondern auch darum, wovon Du mehr konsumieren solltest. An oberster Stelle würde
5 Gründe, warum Osteopathie effektiver ist als ein Schmerzmittel
Ein spannendes Phänomen, was ich immer wieder sehe ist, dass Patienten mir nach einer Behandlung erzählen, dass die Behandlung Schmerzen stärker gelindert hat, als die vorherige Nutzung eines Schmerzmittels. Das klingt im ersten Moment seltsam und ich würde auch nicht behaupten, dass ich magische Hände habe. Aber wie kann es dann zu so einem Phänomen kommen? NA ja, es gibt ein paar einfache Erklärungen, warum Patienten nach einer Behandlung schmerzfreier rausgehen, als wenn sie vorher nur ein Schmerzmittel genommen haben. Wir schauen sie uns gemeinsam an und dabei wirst Du erkennen, dass Du einen Teil davon auch selbst umsetzen kannst, um Deine Schmerzen bereits alleine zu lindern. Entzündung vs. Schmerz Vermutlich eines der am häufigsten genutzten Schmerzmittel auf dem Markt ist Ibuprofen. Und gerade hierbei, aber auch bei anderen Medikamenten aus dieser Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) ist die Herausforderung, dass sie hauptsächlich über eine Entzündungshemmung Schmerzen lindern. Das funktioniert dann auch bei Schmerzen, die im Rahmen einer Entzündung auftreten, oft gut bis sehr gut. Allerdings sind nicht alle Schmerzen durch eine Entzündung bedingt. Es gibt auch viele weitere mögliche Ursachen für Schmerzen, wie Überlastungen (z.B. das Läuferknie) oder chronische Schmerzen, die oft keinen Zusammenhang zu einem Gewebeschaden mehr zeigen. In diesen Fällen wirst Du dann auch über eine Entzündungshemmung wenig schmerzlindernde Effekte erzielen können und vor allem dann können die 5 folgenden Ansätze einer Behandlung eine bessere Wirkung entfalten, als das Schmerzmittel. Allerdings können sie das teilweise auch bei entzündlichen Prozessen. Ruhe Behandlung In der Behandlung Du Zeit zur Ruhe zu kommen, bei mir im Normalfall eine ganze Stunde. Wann nimmst Du Dir sonst bewusst diese Zeit für Dich und kommst zur Ruhe ohne irgendwelche Ablenkungen? Dass Stress eine stark Schmerz steigernde Wirkung haben kann, ist ein Punkt, den wir uns bereits mehrfach angeschaut haben. Zur Erinnerung Stress stellt die Alarmanlage Deines Körpers sensibler ein, sodass Reize schneller als Schmerz wahrgenommen werden können. Wenn Du jetzt überlegst, wie Du das ganze selbst umsetzen kannst, ganz einfach: Komm zur Ruhe und sorg dafür, dass Dein Stresslevel möglichst gering ist. Vermeide zusätzliche Stressoren und entspanne Dich. Du kannst, wie in einem anderen Artikel bereits erwähnt, alleine über die Auswahl Deines Fernsehprogramms einen Einfluss auf Dein Stresslevel nehmen. Schau Dir vielleicht nicht den nächsten Horrorfilm oder Thriller an, sondern eine entspannte Komödie, natürlich kannst Du auch den Fernseher ganz auslassen und einen Spaziergang im Wald machen. Das wird zum einen Deiner Stimmung guttun und ein Spaziergang kann auch für sich eine schmerzlindernde Wirkung haben. Zusätzlich kannst Du natürlich auch Entspannungsübungen machen, ein paar Anregungen findest Du nebenstehend. Berührung Auch wenn aktive Behandlungen in den meisten Fällen langfristig besser Beschwerden lindern, als passive Maßnahmen, so ist doch die Berührung durch einen anderen Menschen etwas, was zu einer starken Schmerzlinderung führen kann. Mit am schönsten lässt sich das immer beobachten, wenn sich kleine Kinder verletzen. Die Eltern streicheln oder pusten über die verletzte Stelle, nehmen das Kind vielleicht kurz in den Arm und zack sind Schmerzen wie weggeblasen (das Aua, was davon fliegt). Die Wirkung von Oxytocin und wie es auf vielfältige Weise zu einer Reduktion von Schmerzen führen kann, haben wir uns bereits in einem früheren Artikel angeschaut. Diese schmerzlindernden Eigenschaften zu nutzen, ist häufig relativ einfach. Nähe in der Partnerschaft, sei es kuscheln, streicheln oder auch Sex. Alles hat schmerzlindernde Eigenschaften. Aber auch wenn Du nicht in einer Partnerschaft bist, gibt es einfache Möglichkeiten und bevor Du drüber nachdenkst, ja auch Selbstbefriedigung kann eine Möglichkeit sein. Ich denke aber zunächst an andere Dinge, wie beispielsweise Faszienrollen (ja, die kann man auch sanft nutzen!) oder Massagegurte. Kontrollgefühl Ein weiterer großer Vorteil ist, dass Du in der Behandlung merkst, dass Dein Schmerz kontrollierbar ist. Im Rahmen von Triggerpunktbehandlungen gibst Du beispielsweise vor, wie intensiv die Behandlung sein soll und darf. Wird es Dir zu viel, kannst Du Stopp sagen und ich passe die Intensität sofort an. Auch wenn wir uns gemeinsam anschauen, wie beweglich ein schmerzendes Gelenk ist, gibst Du vor, welche Bewegungen in Ordnung sind und welche nicht. Zudem wirst Du vielfach feststellen, dass der Schmerz sich auch verändert, wenn Du wirklich locker lassen kannst und das Gelenk passiv durchbewegt wird. Also die Spannung der Muskulatur, die Dein Körper vielleicht als Schutzspannung gedacht hat, sorgt dafür, dass es schmerzt und nicht eine Verletzung oder Überlastung. Du selbst kannst das auch zu einem gewissen Grad ausprobieren. Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, die Bewegung, die sonst Deine Schmerzen auslöst, durch kleine Veränderungen so zu modifizieren, dass der Schmerz weniger wird oder sogar verschwindet? Wenn ja, hast Du auch direkt einen weiteren Behandlungsschritt gefunden. Hierbei ist es dann auch egal, ob Du nur den Bewegungsweg etwas verkürzt oder die Bewegung tatsächlich anders als gewohnt durchführst. Die Hauptsache ist, dass Du Deine Schmerzen reduzieren kannst. Schmerzhafter Bereich wird von Fachkraft begutachtet und Ungewissheit wird zu Gewissheit Unsicherheit kann ein deutlicher Stressor sein und somit auch die Schmerzwahrnehmung erhöhen. Du weißt nicht sicher, ob ein Gewebeschaden vorliegt und Du etwas verschlimmerst, wenn Du Dich weiter bewegst. Sollst Du jetzt eine komplette Pause machen oder kannst Du dosiert weitermachen, vielleicht sogar leicht in den Schmerz reinarbeiten? Vielleicht hast Du auch schon bei Google nachgeschaut, was eine mögliche Ursache sein kann, für Deine Schmerzen und bist bei zig Diagnosen gelandet, die eine schlimmer als die andere. Hab ich schon mal erwähnt, dass Du nicht googeln solltest, nach Beschwerden? Wenn Du wirklich unsicher bist, such Dir den Rat eines Experten und mach zeitnah einen Termin aus. Du wärst nicht der erste, von dem ich mitbekomme, dass eine Gewissheit (selbst wenn etwas geschädigt sein sollte) zu einer Reduzierung der Schmerzen geführt hat. Es hört sich jemand die Probleme an und geht darauf ein Der letzte Punkt klingt vielleicht am banalsten, ist aber meiner Meinung nach einer der wichtigsten Punkte. Du kannst Dir wirklich mal alle Deine Sorgen, Probleme und Ängste von der Seele reden und Dir hört jemand zu und geht darauf ein. Eine kleine Patientenanekdote und warum man sich manchmal „auskotzen“ sollte findest Du im Podcast bzw. auf YouTube.
Was ist Schmerztherapie?
Schmerztherapie umfasst, vereinfacht gesagt, alle therapeutischen Maßnahmen, die das Ziel haben, akute oder chronische Schmerzen zu lindern. (1,2) Ärzte, die sich auf die Behandlung von chronischen Schmerzen spezialisiert haben, können durch eine Weiterbildung die Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ erwerben. (3) Wenn Du meinen Blog bereits aufmerksam verfolgst, dann wirst Du vielleicht auch wissen, dass ich vor längerer Zeit bereits einen Artikel geschrieben habe, was Du gegen Schmerzen tun kannst. In diesem Artikel finden sich auch einige Methoden aus dem Bereich der Schmerztherapie, ein allgemeiner Überblick fehlte bisher allerdings und auch der Punkt, warum ein interdisziplinärer Ansatz (mehrere Berufsgruppen arbeiten zusammen) in der Behandlung von Schmerzpatienten oft am zielführendsten ist (4), kam noch zu kurz. Was sind Schmerzen? Wie immer schauen wir uns erst einmal an, worüber wir eigentlich reden. In früheren Artikeln haben wir uns bereits angeschaut, was Schmerzen sind und auch welchen Sinn Schmerzen haben, aus diesem Grund hier nur eine kurze Zusammenfassung. Schmerz wird definiert als eine unangenehme, sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschäden einhergeht. (5) Schmerz tritt also nicht nur auf, wenn etwas „kaputt“ ist, sondern auch, wenn Dein Körper befürchtet, dass etwas geschädigt werden könnte. Er stellt also eine Art Alarmsystem dar. Akute vs. chronische Schmerzen Diese Definition trifft allerdings hauptsächlich für akute Schmerzen zu, bei chronischen Schmerzen wird das ganze allerdings häufig etwas komplexer. Das lässt sich bereits daran erkennen, dass es hierzu eine eigene Leitlinie gibt (6) und sie häufig auch als eigenständige Krankheit betrachtet werden (7). In diesen Fällen haben chronische Schmerzen oft nicht mehr die zuvor benannte Warnfunktion, die akute Schmerzen haben. Da das Thema chronische Schmerzen extrem komplex ist, wird es hierzu demnächst noch einen eigenen Artikel geben. Wichtig ist an dieser Stelle zu verstehen, dass in der Schmerztherapie zwischen akuten und chronischen Schmerzen oftmals unterschieden werden muss und die Schwerpunkte oft anders zu gewichten sind. Biopsychosoziales Schmerzmodell Das biopsychosoziale Modell nach Engels findet bei vielen Krankheiten, vor allem chronischen Erkrankungen, Anwendung. Es wird genutzt, um besser erklären und verstehen zu können, welche Faktoren bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Krankheiten eine Rolle spielen. (8) Dieses Modell erleichtert es auch, Schmerzen und die unterschiedliche Wahrnehmung dieser, besser zu erklären. Es bildet dementsprechend auch einen der 6 Punkte, den die IASP nutzt, um Schmerzen und Schmerzerleben genauer zu definieren. (5) Das Modell kann allerdings nicht nur genutzt werden, um zu erklären, welche Faktoren Schmerz verstärkend, sondern auch welche Schmerzen lindern und somit in der Schmerztherapie adressiert werden sollten. Biologische Faktoren Hierunter kannst Du Dir alle körperlichen Faktoren vorstellen, die einen Einfluss auf die Schmerzen haben können (aber nicht zwangsläufig müssen). Hierzu zählen zum Beispiel: Verletzungen Nervenschädigungen Entzündungen Endorphine Psychische Faktoren Dieser Bereich ist, denke ich, relativ selbsterklärend. Auch hier gibt es viele Faktoren, die sowohl einen positiven, als auch einen negativen Einfluss haben können, wie beispielsweise: Depression Ängste Placebo/ Nocebo freudige Momente Soziale Faktoren Soziale Faktoren und psychische Faktoren sind teilweise schwierig zu unterscheiden, da sie oftmals eng miteinander verknüpft sind. Bei sozialen Faktoren geht es allerdings eher um das Umfeld und die Interaktion mit diesem, sowie die Prägung, die durch das Umfeld geschieht. Beispiele wären hier: Erziehungsunterschiede im Umgang mit Schmerzen kulturelle Unterschiede sekundärer Krankheitsgewinn (man erfährt z.B. mehr Unterstützung durch das eigene Umfeld aufgrund der Schmerzen) Schmerztherapie In der Schmerztherapie gibt es nun verschiedene Ansätze, die gewählt werden können, um Schmerzen zu reduzieren. Einige werden Dir vermutlich bekannt vorkommen. Andere hingegen dürften Dir vielleicht neu sein. Wie Du bereits erfahren hast, gibt es viele mögliche Ursachen für Schmerzen, die sehr individuell sind. Aus diesem Grund lässt sich auch pauschal nicht sagen, dass eine Methode der anderen unmittelbar überlegen ist. Es gibt sogar Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass „Bis zu 70 % der Therapieerfolge bei Schmerzen […] beruhen auf dem Placeboeffekt.“ (9) In der Therapie von akuten Schmerzen gibt es oft individuelle Leitlinien für bestimmte Beschwerde- und Krankheitsbilder. Chronische Schmerzen haben eine eigene Leitlinie (6), hier wird häufig ein multimodaler Ansatz gewählt, den wir uns später anschauen. Die Bausteine, die in einer Schmerztherapie genutzt werden können, sind folgende: Medikamentöse Therapie Schmerzmittel (Analgetika) dürften, denke ich, jedem von Euch bekannt sein. Einige Schmerzmittel sind zwar frei verkäuflich, ich würde Dir aber dennoch anraten, im Zweifel in der Apotheke oder beim Arzt nachzufragen, welche Schmerzmittel für Dich und Deine Schmerzen empfehlenswert sind. WHO-Stufenschema Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es auch eine Empfehlung, welche Schmerzmittel zuerst gewählt werden sollten und wie diese zu steigern sind. Ich habe Dir die Tabelle hier einmal eingefügt, allerdings solltest Du sie rein als Hintergrundinformation sehen. Die genaue Auswahl der Medikamente solltest Du in Abstimmung mit Deinem behandelnden Arzt treffen, der auch Deine eventuellen Medikamentenunverträglichkeiten kennt. Das Schema kann in jeder Stufe mit ergänzenden Medikamenten und anderen Behandlungen kombiniert werden. WHO Stufenschema Bewegungstherapie Bewegung hat viele positive Effekte auf Schmerzen. Einer davon ist die Ausschüttung von Endorphinen (körpereigenen Morphinen), die wahnsinnig gut funktionieren. So gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass ein Lauf über 6 Meilen (ca. 9,66 km) eine Menge an Endorphinen freisetzt, die ungefähr einer Dosis von 10 mg Morphin entsprechen. Du siehst also, „Bewegung ist einer der größten Schmerzkiller der Welt“ (10). Diese Möglichkeit in der Schmerztherapie nicht zu nutzen, wäre also meistens ein großer Fehler. In der Behandlung ist aber nicht nur die schmerzlindernde Wirkung des Trainings wichtig, sondern auch, dass Du als Patient Möglichkeiten kennenlernst, Bewegungen, die Dir aktuell schwerfallen, entweder wieder ausführen zu können oder alternative Bewegungsmuster zu lernen. Auch das Vertrauen in den eigenen Körper, das vor allem bei chronischen Schmerzpatienten irgendwann schlechter wird, kann hierüber wieder aufgebaut werden. Da ein Ziel bei schmerzhaften Strukturen sein kann, diese belastbarer zu machen, ist ein gezieltes Krafttraining teils unumgänglich. Edukation Patientenaufklärung (Edukation) ist einer der Bereiche, an denen es meiner Meinung nach in unserem Gesundheitssystem am ehesten mangelt. Viele Patienten werden erfahrungsgemäß erst dann selbst aktiv in ihrer Therapie, wenn sie auch verstehen, warum sie gewisse Dinge tun oder auch meiden sollten. Da mein Ziel auch immer ist, dass Patienten selbstständig werden und mich im besten Falle irgendwann nicht mehr benötigen,