Was kannst Du tun beim Läuferknie?
Ehrlicherweise tue ich mich mit Diagnosen wie Läuferknie bzw. Runners Knee immer etwas schwer. Mir persönlich fehlt bei dieser Form der Diagnose eine genaue Definition und somit auch ein entsprechender Behandlungsansatz. Wenn wir uns den Wikipedia Artikel zum Thema Läuferknie anschauen, wird es mit der Verwirrung nicht besser. Hier heißt es: „Während im anglo-amerikanischen Sprachraum zwischen dem Runner’s Knee (Chondromalacia patellae) und dem Iliotibial Band Syndrome unterschieden wird, werden beide im deutschen Sprachraum als „Läuferknie“ bezeichnet.“ Das heißt, wenn Du englische Artikel zu dem Thema durchliest, solltest Du auch hierauf achten. In diesem Artikel beziehe ich mich auf Beschwerden, die durch das Iliotibial Band (tractus iliotibialis) im Bereich des Knies ausgelöst werden und was Du tun kannst, um diese Beschwerden wieder loszuwerden. Definition des Läuferknies Wie bereits weiter oben erwähnt, ist die Definition des Runners Knee nicht ganz eindeutig. Wenn wir in den angloamerikanischen Sprachraum schauen, finden wir hier 2 verschiedene Beschwerdebilder, die unter einem Begriff zusammengefasst werden. Der Begriff Läuferknie ist hier zum Glück etwas eindeutiger. Beim Läuferknie (auch Iliotibialbandsyndrom genannt) handelt es sich um Schmerzen, die im Bereich des äußeren Knies (genauer laterale Femurcondyle) auftreten, vor allem beim Laufen bzw. bei ca. 30° Beugung in der Standbeinphase (2). Dieser Bereich ist häufig auch druckschmerzhaft und es kann auch zu Schwellungen im Rahmen eines Entzündungsprozesses in diesem Bereich kommen, die vor allem durch starke Belastungen auftreten. Vor allem Laufen, aber auch Radfahren (3) und andere Sportarten mit zyklischen (wiederkehrende) Bewegungen der unteren Extremität wie zum Beispiel Rudern (4) gelten als Risikosportarten für diese Überlastungsverletzung. Bei Frauen scheinen auch Fußball, Basketball und Feldhockey Sportarten zu sein, die mit einem erhöhten Risiko einhergehen (4). Anatomie Wenn Du mit einer Fazienrolle schon einmal Deine seitlichen Oberschenkel bearbeitet hast, wirst Du vermutlich einen sehr schmerzhaften Bereich bemerkt haben. Meistens ist das der tractus iliotibialis. Hierbei handelt es sich um eine Aponeurose (bindegewebige Ansatzfläche) vor allem für den M. gluteus maximus und den M. tensor fasciae latae (2). Der tractus iliotibialis verläuft vom Becken bis zum Schienbein (tibia) und ist vor allem für die Stabilisierung des Beins während des Gangs und auch für die Stabilisierung des Knies wichtig (5). Der tractus iliotibialis wird auch als eine „Verstärkung der Oberschenkelfaszie (Fascia lata)“ (6) dargestellt. In einem anderen Artikel haben wir uns schon einmal angesehen, wie stark diese Faszie ist und wie viel Kraft es benötigt, diese auch nur minimal zu verformen. Zur Erinnerung, es sind 460 kg. Ursachen Der genaue Mechanismus, durch den es zur Überlastung und auch den Schmerzen im Bereich des äußeren Knies kommt, ist nicht eindeutig geklärt und wird noch stark diskutiert. Längere Zeit wurde eine Reibung zwischen dem tractus iliotibialis und einem Knochenvorsprung am Knie (lateraler epicondylus) als Ursache des Läuferknies vermutet. Dieser wird mittlerweile aber als eher unwahrscheinlich angesehen. (2) Ein möglicher Entstehungsweg ist über eine zu starke Kompression und somit Reizung von Strukturen, die unter dem tractus iliotibialis liegen. Diese könnte über eine erhöhte Spannung des tractus iliotibialis erklärt werden, die vor allem bei gebeugtem Knie auftritt. (2) Als Risikofaktoren gelten erhöhter Laufumfang (vor allem, wenn dieser schnell gesteigert wurde), Bergläufe, ein starker Plattfuß, mangelnde Kraftausdauer der Hüftmuskulatur und „X-Bein Stellung“ vor allem ermüdungsbedingt (4). Auch die Lauftechnik scheint einen Einfluss zu haben. So gibt es Hinweise, dass bei Läuferinnen mit Läuferknie eine geringe Spurbreite (Schrittbreite), eine verstärkte Adduktion (zur Längsachse heranführen) der Hüfte und eine verstärkte Innenrotation von Knie und Hüfte auftritt. Man ist sich hierbei allerdings noch nicht sicher, ob es Auslöser oder Folge des Läuferknies ist. (2) Therapie Die erste Phase der Therapie orientiert sich mehr oder weniger an der Standardbehandlung von Sportverletzungen. Da es teilweise zu einer Entzündung durch die Überlastung kommen kann, kann es manchmal Sinn machen Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR (Ibuprofen und Co) zu nutzen. Dies würde ich aber immer im Einzelfall mit dem Behandler besprechen. Persönlich würde ich diese aber so gut es geht vermeiden. Wichtig ist es zu Beginn erstmal Ruhe hereinzubringen und die Belastung deutlich zu reduzieren. In Abhängigkeit von den Schmerzen werden Übungen zur Kräftigung der Gesäßmuskulatur in Abduktion, Außenrotation und auch Extension (Streckung) durchgeführt. Beispiele zur Kräftigung der Gesäßmuskulatur in die Abduktion und Extension findest Du nebenstehend. Bei der Kräftigung ist es sinnvoll, vor allem die Kraftausdauer und weniger die Maximalkraft zu trainieren. (2-5) Hilfreich ist es auch hierbei darauf zu achten, dass das Becken stabil gehalten werden kann, vor allem auch bei den Übungen zur Abduktion. Beim Gehen bzw. später auch joggen, bietet es sich an, auch hier auf diese Stabilität zu achten und ein Trendelenburg-Zeichen zu minimieren. Massagen, manuelle Behandlungstechniken wie Osteopathie oder auch Tools wie Faszienrollen können zudem helfen, den Schmerz zu reduzieren. Hierbei macht es Sinn nicht nur den tractus iliotibialis zu behandeln, sondern auch die Muskeln, die am tractus ansetzen, wie der M. gluteus maximus und der M. tensor fasciae latae. Dehnübungen können hier einen weiteren Ansatz darstellen. (2) Auch das Verändern der Lauftechnik kann helfen, die Schmerzen zu reduzieren. Vor allem das Erhöhen der Lauffrequenz und der Spurbreite sind hier erfolgversprechend. (2 & 5). Eine Behandlung bzw. Training des Plattfußes kann einen weiteren Ansatz darstellen. (4) Fazit Das Läuferknie ist ein schönes Beispiel für Schmerzen, die nicht nach dem Dawos-Prinzip („da wo es wehtut“) behandelt werden sollten. Viele der Methoden, die Du findest, um das Läuferknie zu behandeln, wie Faszienrollen oder auch Dehnen können helfen, den Schmerz kurzfristig zu lindern. Mittel- bis langfristig ist es aber wichtiger, zunächst die Belastung anzupassen und die Muskeln im Bereich der Hüfte durch ein Kraftausdauertraining zu trainieren. Ein Anpassen der Lauftechnik ist eine weitere sinnvolle Möglichkeit, die Beschwerden zu verbessern. Wichtig ist in der Behandlung Geduld zu haben und die Belastung Stück für Stück zu steigern, ohne es zu übertreiben. https://youtu.be/PT5S5ybM65E Zum Podcast Quellen (1) https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4uferknie (Zugriff am 05.03.2024) (2) https://www.physiomeetsscience.net/konservative-behandlung-des-iliotibialbandsyndroms-werden-die-richtigen-ziele-verfolgt/ (Zugriff am 05.03.2024) (3) https://www.physiomeetsscience.net/behandlung-des-tractus-syndroms-was-wenn-der-tractus-gar-nicht-steif-und-das-gegenteil-der-fall-ist/ (Zugriff am 06.03.2024) (4) https://www.physiomeetsscience.net/iliotibial-band-syndrom-eine-umfassende-uebersicht/ (Zugriff am 06.03.2024) (5) https://www.physiomeetsscience.net/das-iliotibialband-eine-komplexe-struktur-mit-vielseitigen-funktionen/ (Zugriff am 06.03.2024) (6) https://flexikon.doccheck.com/de/Tractus_iliotibialis (Zugriff am 06.03.2024) Disclaimer Im Text befinden sich sogenannte Affiliate-Links zu Amazon. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für Dich kommt es hierbei zu keinen Mehrkosten, es unterstützt mich aber in meiner Arbeit. Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne
Lauftechnik (auch mit Barfußschuhen)
Wie ich Dir bereits in erzählt habe, bin ich ein sehr großer Freund von Barfußschuhen und habe mit diesen im Oktober 2022 auch den Marathon in Frankfurt gefinisht. Damals noch mit Schuhen von Vibram (V-Run), heute mit etwas günstigeren Schuhen von Saguaro. In den verlinkten Artikeln habe ich zwar auch schon das ein oder andere beschrieben, was bei der Umstellung zu beachten ist, was genau Du bei der Technik beachten solltest und wie Du das gezielter aufbauen kannst, das ist das Ziel des heutigen Artikels. Da es an ein paar Stellen vermutlich etwas nerdig wird, kannst Du aber natürlich auch über das Inhaltsverzeichnis zu den Stellen springen, die Dich interessieren. Um eines vorwegzunehmen, auch wenn ich ein großer Fan von Barfußschuhen beim Joggen bin, heißt das nicht, dass ich sie jedem empfehlen würde. Im Wettkampf können andere Schuhe gegenüber Barfußschuhen. Der Artikel soll mit ein paar Irrtümern zum Thema Lauftechnik aufräumen und Dir einen Leitfaden bieten, an dem Du Dich orientieren kannst, wenn Du mit Barfußschuhen joggen gehen willst oder auch nur Deine Lauftechnik ändern möchtest. Letzten Endes ist es aber von Person zu Person individuell, was die optimale Lauftechnik ist und Du solltest den Artikel eher als einen Rahmen verstehen, um Deine individuell optimale Technik schneller zu finden. Da ich die Artikel auch auf YouTube bzw. im Podcast zur Verfügung stelle, habe ich diesen Artikel in zwei Teile aufgeteilt. Der erste Part dreht sich um die Theorie hinter den Schuhen und die Anatomie. Im zweiten Part geht es dann um das Thema Lauftechnik. Hier im Blog findest Du beide Teile gleichzeitig, ein Vorteil also für die Leseratten unter Euch. Das Video zum Thema Lauftechnik erscheint allerdings erst eine Woche nach dem ersten Video. Warum Barfußschuhe Über mein persönliches Warum zum Thema Barfußschuhe habe ich bereits einen Artikel verfasst. Mir persönlich hat der Wechsel auf Barfußschuhe es erst richtig ermöglicht, mich mit meiner Lauftechnik intensiver auseinander zu setzen und diese zu verbessern. Früher war ich beim Joggen so feinfühlig unterwegs, wie ein Elefant im Angriffsmodus, Du konntest mich also bereits aus weiter Distanz hören und ich bin eine Zeit lang auch sehr häufig umgeknickt. Mittlerweile ist das glücklicherweise vorbei und selbst im unwegsamen Gelände ist mein Fuß stabil und oft bin ich doch sehr leise unterwegs, außer gegen Ende der Einheit, wenn ich müde werde. Das Problem mit „klassischen Laufschuhen“ Klassische Laufschuhe haben in meinen Augen ein paar Nachteile, die oft als Vorteil verkauft werden. Einige entstehen leider aus einem Missverständnis, dass wir uns ein klein wenig später nochmal genauer anschauen, beim Abschnitt „Stoßdämpfer und Fehlschluss abrollen“. Aber schauen wir uns erstmal an, was klassische Laufschuhe ausmacht, auch wenn die Variation natürlich riesig ist. Sprengung Nein, wir jagen die Schuhe oder Deine Füße nicht in die Luft. Sprengung bezeichnet den Unterschied zwischen Ferse und Zehenbereich. Diese fällt bei klassischen Laufschuhen oft deutlich größer aus. Bei Neutral- oder auch Barfußschuhen ist hier kein Unterschied vorhanden. Wenn Deine Füße nicht an eine große Sprengung gewohnt sind, würde ich sie gar nicht erst daran gewöhnen, sondern direkt mit Neutralschuhen starten. Was Du allerdings durch diese Entscheidung auch direkt mit beeinflusst, ist der nächste Punkt: Dämpfung Eine Dämpfung kann gewisse Vorteile haben, wenn Du mit dem Laufen einsteigst. Deine Muskulatur, vor allem im Fußbereich, und die Plantarfaszie müssen diese Funktion weniger übernehmen und Du wirst vermutlich schneller Deine Distanzen steigern können. Wie aber auch bei Bandagen ist der Nachteil, dass Dein Körper diese Funktion nicht selbst aktiv übernehmen muss. Ein weiterer Nachteil ist, dass durch die dickere Sohle Dein Körper auch weniger sensorischen Input über den Untergrund bekommt. Dir fehlt also ein Teil an Informationen, der nützlich sein kann, auch wenn es um das Thema Verletzungsprophylaxe geht. Eine starke Dämpfung kann auch in manchen Fällen zu einer stärkeren Instabilität führen. Stell Dir das einfach mal wie ein weiches Kissen vor, auf dem Du einbeinig stehst. Auch hier wird es schnell wackelig und instabil. Anatomie Falls Du den Artikel zum Thema Fersensporn bereits gelesen hast, dann weißt Du bereits, dass der Fuß (normalerweise) ein ausgeprägtes Längsgewölbe hat. Dieses wird vor allem über die Plantarfaszie aufgespannt, aber auch über mehrere Muskeln im Bereich der Fußsohle und des Unterschenkels (ich verzichte mal darauf, alle sieben (1) aufzuzählen) spannen das Längsgewölbe. Gerade die Plantarfaszie ist ein sehr festes Gewebe, wenn Du Dich an meinen Artikel über Faszienrollen erinnerst. Kleine Gedächtnisstütze, es braucht ca. 400 kg um die Plantarfaszie um 1 % zu verformen. Das heißt hier ist ein sehr solider Stoßdämpfer verbaut, der beim Aufkommen wie eine Feder Energie aufnehmen und beim Abdrücken vom Untergrund wieder abgeben kann. Die vielen Gelenke im Bereich der Fußwurzel lassen auch eine entsprechende Abflachung und Wiederaufrichtung des Gewölbes zu. Ähnliche Federmöglichkeiten bestehen über das Sprunggelenk in Kombination mit der Wadenmuskulatur (M. triceps surae bzw. M. gastrocnemius und M. soleus) in Kombination mit der stärksten Sehne unseres Körpers (der Achillessehne). Weiter folgen das Kniegelenk, was über den M. quadrizeps femoris viel Kraft aufnehmen kann und auch die Hüfte mit der Gesäßmuskulatur. Stoßdämpfer und Fehlschluss abrollen Wie Du oben feststellen konntest, sind also viele sehr starke Muskeln vorhanden, um an den Gelenken der Beine die Kräfte, die beim Joggen entstehen aufzunehmen. Leider gibt es dabei bei vielen Läufern ein Problem, sodass sie diese Dämpfung weniger gut nutzen können. Dieses tritt vor allem auf, wenn sie mit stark gedämpften Schuhen und einer starken Sprengung unterwegs sind. Häufig anzutreffen ist bei diesem Schuhtyp ein Aufkommen mit der Ferse bzw. dem Rückfuß. Das heißt, zwei Stoßdämpfer (Fußgewölbe und Sprunggelenk) fallen schonmal weg. Da hierbei auch häufig das Knie eher gestreckt ist, fällt auch hier die Stoßdämpferfunktion eher mau aus, sodass uns lediglich das Hüftgelenk noch als Stoßdämpfer bleibt. Da die Schrittlänge bei diesem Laufstil häufig länger ist, ist als beim Vorfuß- oder Mittelfußlauf, kommt nochmal eine höhere Belastung beim Aufkommen dazu (189 % des Körpergewichts beim Fersenläufer vs. 58 % beim Vorfuß- bzw. Mittelfußläufer (2)). Falls es Dir geht, wie mir, dann hast auch Du vermutlich mal als Kind gelernt, dass Du Deine Füße über die