Was ist Schmerztherapie?

Schmerztherapie ist mehr als nur Pillen zu schlucken

Schmerztherapie umfasst, vereinfacht gesagt, alle therapeutischen Maßnahmen, die das Ziel haben, akute oder chronische Schmerzen zu lindern. (1,2) Ärzte, die sich auf die Behandlung von chronischen Schmerzen spezialisiert haben, können durch eine Weiterbildung die Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ erwerben. (3) Wenn Du meinen Blog bereits aufmerksam verfolgst, dann wirst Du vielleicht auch wissen, dass ich vor längerer Zeit bereits einen Artikel geschrieben habe, was Du gegen Schmerzen tun kannst. In diesem Artikel finden sich auch einige Methoden aus dem Bereich der Schmerztherapie, ein allgemeiner Überblick fehlte bisher allerdings und auch der Punkt, warum ein interdisziplinärer Ansatz (mehrere Berufsgruppen arbeiten zusammen) in der Behandlung von Schmerzpatienten oft am zielführendsten ist (4), kam noch zu kurz.  Was sind Schmerzen? Wie immer schauen wir uns erst einmal an, worüber wir eigentlich reden. In früheren Artikeln haben wir uns bereits angeschaut, was Schmerzen sind und auch welchen Sinn Schmerzen haben, aus diesem Grund hier nur eine kurze Zusammenfassung. Schmerz wird definiert als eine unangenehme, sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschäden einhergeht. (5) Schmerz tritt also nicht nur auf, wenn etwas „kaputt“ ist, sondern auch, wenn Dein Körper befürchtet, dass etwas geschädigt werden könnte. Er stellt also eine Art Alarmsystem dar. Akute vs. chronische Schmerzen Diese Definition trifft allerdings hauptsächlich für akute Schmerzen zu, bei chronischen Schmerzen wird das ganze allerdings häufig etwas komplexer. Das lässt sich bereits daran erkennen, dass es hierzu eine eigene Leitlinie gibt (6) und sie häufig auch als eigenständige Krankheit betrachtet werden (7). In diesen Fällen haben chronische Schmerzen oft nicht mehr die zuvor benannte Warnfunktion, die akute Schmerzen haben. Da das Thema chronische Schmerzen extrem komplex ist, wird es hierzu demnächst noch einen eigenen Artikel geben. Wichtig ist an dieser Stelle zu verstehen, dass in der Schmerztherapie zwischen akuten und chronischen Schmerzen oftmals unterschieden werden muss und die Schwerpunkte oft anders zu gewichten sind. Biopsychosoziales Schmerzmodell Das biopsychosoziale Modell nach Engels findet bei vielen Krankheiten, vor allem chronischen Erkrankungen, Anwendung. Es wird genutzt, um besser erklären und verstehen zu können, welche Faktoren bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Krankheiten eine Rolle spielen. (8) Dieses Modell erleichtert es auch, Schmerzen und die unterschiedliche Wahrnehmung dieser, besser zu erklären. Es bildet dementsprechend auch einen der 6 Punkte, den die IASP nutzt, um Schmerzen und Schmerzerleben genauer zu definieren. (5) Das Modell kann allerdings nicht nur genutzt werden, um zu erklären, welche Faktoren Schmerz verstärkend, sondern auch welche Schmerzen lindern und somit in der Schmerztherapie adressiert werden sollten. Biologische Faktoren Hierunter kannst Du Dir alle körperlichen Faktoren vorstellen, die einen Einfluss auf die Schmerzen haben können (aber nicht zwangsläufig müssen). Hierzu zählen zum Beispiel: Verletzungen Nervenschädigungen Entzündungen Endorphine Psychische Faktoren Dieser Bereich ist, denke ich, relativ selbsterklärend. Auch hier gibt es viele Faktoren, die sowohl einen positiven, als auch einen negativen Einfluss haben können, wie beispielsweise: Depression Ängste Placebo/ Nocebo freudige Momente Soziale Faktoren Soziale Faktoren und psychische Faktoren sind teilweise schwierig zu unterscheiden, da sie oftmals eng miteinander verknüpft sind. Bei sozialen Faktoren geht es allerdings eher um das Umfeld und die Interaktion mit diesem, sowie die Prägung, die durch das Umfeld geschieht. Beispiele wären hier: Erziehungsunterschiede im Umgang mit Schmerzen kulturelle Unterschiede sekundärer Krankheitsgewinn (man erfährt z.B. mehr Unterstützung durch das eigene Umfeld aufgrund der Schmerzen) Schmerztherapie In der Schmerztherapie gibt es nun verschiedene Ansätze, die gewählt werden können, um Schmerzen zu reduzieren. Einige werden Dir vermutlich bekannt vorkommen. Andere hingegen dürften Dir vielleicht neu sein. Wie Du bereits erfahren hast, gibt es viele mögliche Ursachen für Schmerzen, die sehr individuell sind. Aus diesem Grund lässt sich auch pauschal nicht sagen, dass eine Methode der anderen unmittelbar überlegen ist. Es gibt sogar Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass „Bis zu 70 % der Therapieerfolge bei Schmerzen […] beruhen auf dem Placeboeffekt.“ (9) In der Therapie von akuten Schmerzen gibt es oft individuelle Leitlinien für bestimmte Beschwerde- und Krankheitsbilder. Chronische Schmerzen haben eine eigene Leitlinie (6), hier wird häufig ein multimodaler Ansatz gewählt, den wir uns später anschauen. Die Bausteine, die in einer Schmerztherapie genutzt werden können, sind folgende: Medikamentöse Therapie Schmerzmittel (Analgetika) dürften, denke ich, jedem von Euch bekannt sein. Einige Schmerzmittel sind zwar frei verkäuflich, ich würde Dir aber dennoch anraten, im Zweifel in der Apotheke oder beim Arzt nachzufragen, welche Schmerzmittel für Dich und Deine Schmerzen empfehlenswert sind. WHO-Stufenschema Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es auch eine Empfehlung, welche Schmerzmittel zuerst gewählt werden sollten und wie diese zu steigern sind. Ich habe Dir die Tabelle hier einmal eingefügt, allerdings solltest Du sie rein als Hintergrundinformation sehen. Die genaue Auswahl der Medikamente solltest Du in Abstimmung mit Deinem behandelnden Arzt treffen, der auch Deine eventuellen Medikamentenunverträglichkeiten kennt. Das Schema kann in jeder Stufe mit ergänzenden Medikamenten und anderen Behandlungen kombiniert werden. WHO Stufenschema Bewegungstherapie Bewegung hat viele positive Effekte auf Schmerzen. Einer davon ist die Ausschüttung von Endorphinen (körpereigenen Morphinen), die wahnsinnig gut funktionieren. So gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass ein Lauf über 6 Meilen (ca. 9,66 km) eine Menge an Endorphinen freisetzt, die ungefähr einer Dosis von 10 mg Morphin entsprechen. Du siehst also, „Bewegung ist einer der größten Schmerzkiller der Welt“ (10). Diese Möglichkeit in der Schmerztherapie nicht zu nutzen, wäre also meistens ein großer Fehler. In der Behandlung ist aber nicht nur die schmerzlindernde Wirkung des Trainings wichtig, sondern auch, dass Du als Patient Möglichkeiten kennenlernst, Bewegungen, die Dir aktuell schwerfallen, entweder wieder ausführen zu können oder alternative Bewegungsmuster zu lernen. Auch das Vertrauen in den eigenen Körper, das vor allem bei chronischen Schmerzpatienten irgendwann schlechter wird, kann hierüber wieder aufgebaut werden. Da ein Ziel bei schmerzhaften Strukturen sein kann, diese belastbarer zu machen, ist ein gezieltes Krafttraining teils unumgänglich. Edukation Patientenaufklärung (Edukation) ist einer der Bereiche, an denen es meiner Meinung nach in unserem Gesundheitssystem am ehesten mangelt. Viele Patienten werden erfahrungsgemäß erst dann selbst aktiv in ihrer Therapie, wenn sie auch verstehen, warum sie gewisse Dinge tun oder auch meiden sollten. Da mein Ziel auch immer ist, dass Patienten selbstständig werden und mich im besten Falle irgendwann nicht mehr benötigen,

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner