Kopf frei kriegen (mentale Erholung) – 3 leicht umsetzbare Möglichkeiten
Nachdem wir uns letzte Woche das vegetative Nervensystem angeschaut haben und vor allem auch, was chronischer Stress für Probleme mit sich bringen kann, schauen wir uns heute mal an, was meiner Erfahrung nach die besten Möglichkeiten sind, den Kopf frei zu kriegen und die mentale Erholung (Regeneration) zu verbessern. Meiner Erfahrung nach, ist es für viele Menschen einfacher etwas für die körperliche Regeneration zu tun und evtl. auch mal eine Pause einzulegen. Der Bereich mentale Erholung geht leider oft eher unter, obwohl es sehr leicht sein kann, auch hier etwas zu tun. Vielfach ploppen bei diesem Thema Ideen wie Meditation, am besten noch Zen Meditation auf oder lange dauernde Übungen, wie progressive Muskelentspannung. Ja, diese Möglichkeiten haben ihre Berechtigung und ihre Vorteile, aber ganz ehrlich, wenn jemand mental überlastet ist, ist oft seine letzte Idee, sich für eine halbe Stunde hinzusetzen, um progressive Muskelentspannung durchzuführen. Zen Meditation ist vor allem zu Beginn sehr frustrierend und das muss man auch wirklich wollen, sodass das als schnelle Hilfe auch rausfällt. Wenn ich Patienten empfehle, etwas für die mentale Erholung zu tun, geht es um leicht umsetzbare Dinge, die nicht in Arbeit ausarten. Weitere Ansätze kannst Du übrigens in folgendem Artikel von mir finden: Wie Du Deinen Stress reduzieren kannst. Definition Wikipedia Regeneration Schauen wir uns erstmal an, wovon wir eigentlich reden. Wikipedia definiert Regeneration folgendermaßen: Unter Regeneration werden Prozesse verstanden, die zur Wiederherstellung eines physiologischen Gleichgewichtszustandes führen. Sie stehen immer in Bezug zu einer vorausgehenden Belastung und haben (wieder-)versorgende Funktion. Auch hier geht es also wieder um eine Balance. Je belastender oder auch anstrengender eine vorangehende Tätigkeit ist, desto mehr Erholung ist nötig. Entweder durch eine komplette Pause, also zum Beispiel im Schlaf. Oder aber Du machst etwas komplett anderes, sodass Dein Körper oder Geist sich erholen können. Regeneration und Erholung verwende ich im Text übrigens synonym, Du könntest anstatt mentale Erholung also auch mentale Regeneration sagen. Kopf frei kriegen oder auch mentale Erholung Wenn Dein Gehirn tagsüber schon stark mit Nachdenken beschäftigt ist, macht es also wenig Sinn, wenn Du abends noch versuchst in einem ähnlichen Bereich neues Wissen anzusammeln. Beides ist zu nah beieinander und die Belastung würde sich nur aufsummieren. Anders sieht es aus, wenn Du Dich tagsüber zum Beispiel nur mit Zahlen beschäftigst und abends einen anspruchsvollen Roman liest oder eine Sprache lernen würdest. Das kann (je nach Anstrengungslevel des Tages) ausreichend weit auseinander liegen und die Ermüdung nicht aufsummieren, sondern zu einem gewissen Grad bei der Erholung helfen. Noch leichter und effektiver ist es allerdings, etwas gänzlich anderes zu machen. Sport (Kraft und Ausdauer) Mir persönlich hilft regelmäßiger Kopf wunderbar den Kopf frei zu kriegen und an meiner mentalen Erholung zu arbeiten. Zu Beginn des Trainings ist es noch oft so, dass viele Gedanken in den Kopf schießen. Im Laufe der Zeit wird das allerdings immer weniger und vor allem nach dem Sport habe ich oft eine geistige Klarheit, die so ihresgleichen sucht. Für mich funktioniert hier tatsächlich Krafttraining sehr gut, noch besser sind allerdings lange Ausdauereinheiten. Eine gleichmäßige Bewegung, über die ich irgendwann nicht mehr großartig nachdenken muss, ist super, um den Kopf frei zu kriegen. Wenn es mal nicht direkt funktionieren sollte, versuche ich mich mehr auf bestimmte Bewegungsanteile zu konzentrieren und an diesen zu arbeiten. Die bewussten Gedanken werden hierdurch sehr schnell, sehr ruhig. Zeit in der Natur Zeit in der Natur kann für viele Dinge sehr heilsam sein. In Japan beispielsweise wird von Ärzten teils das sogenannte Shinrin Yoku verschrieben, was im Deutschen soviel heißt, wie Waldbaden. Vor allem zur Stressreduktion funktioniert das nachweislich sehr gut. Für mich persönlich funktioniert oft der Wald zur mentalen Erholung nicht so gut, wie andere Orte. Meine Favoriten sind die Berge und auch Wasser (Flüsse, Seen, Meer). Vor allem die Berge sind hier meine absolute Nummer 1. Die Ruhe, die dort oftmals herrscht, findet man sonst in meinen Augen nur selten. Mich erdet es auch immer, diese riesigen Felsen zu sehen, die sich über Jahrmillionen aufgetürmt haben und zu sehen, wie wenig Kontrolle wir Menschen darüber haben. Aber ich drifte ab… Zeit mit Freunden Zeit mit guten Freunden, wenn Du wirklich Du selbst sein kannst, ist eine weitere wundervolle Möglichkeit, die mentale Erholung zu verbessern. Auch hier vielleicht wieder ein Beispiel von mir. Wie Du vielleicht weißt, habe ich früher sowohl eine aktive Leistungssportzeit gehabt und war auch längere Zeit als Trainer im Leistungssport tätig. Der Sport meiner Wahl war damals das Rudern. Trainingslager sind meistens von morgens bis abends ziemlich durchgetaktet, vor allem wenn zwischen den Einheiten ein Teil der Sportler auch noch behandelt werden soll. Für mich sind Trainingslager oder auch das Mitfahren zu Wettkämpfen um bei der Betreuung zu unterstützen super Möglichkeiten den Kopf frei zu kriegen. Um Ostern war ich zum Beispiel für ein paar Tage mit meinem früheren Verein im Trainingslager. Die Erholung war ungefähr so stark, wie wenn ich mehrere Wochen Urlaub gemacht hätte.https://youtu.be/5q-Dhjhqxmo Zum Podcast Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne Ries. Ich bin Heilpraktiker, Osteopath und Physiotherapeut und schon von klein auf vom menschlichen Körper fasziniert. Nachdem ich mehrere Jahre als angestellter Physiotherapeut gearbeitet habe, habe ich mir 2021 den Traum der eigenen Praxis erfüllt und habe mich hier auf die Arbeit mit Schmerzpatienten und Sportlern spezialisiert. Wie Du im Blog merken wirst, sind das aber nicht meine ausschließlichen Behandlungsfelder. Zur Terminbuchung kommst Du übrigens bequem hier. Diese Faszination versuche ich sowohl in meiner Arbeit an meine Patienten weiterzugeben, als auch mittels des Blogs und anderer Social Media Formate, wie YouTube… Wenn Du immer auf dem Laufenden bleiben willst, kannst Du Dich auch gerne zu meinem wöchentlichen E-Mail Newsletter anmelden. osteo-ries.de
Das vegetative Nervensystem
Eine Sache, die ich Patienten immer wieder erkläre, ist das vegetative Nervensystem, da das Wissen hierüber unter anderem dabei hilft, um unter anderem zu verstehen, warum der Körper auf Stress mit vielfältigsten Beschwerden reagieren kann. Was macht das vegetative Nervensystem? Im Bereich des Nervensystems wird funktionell zwischen dem somatischen Nervensystem und dem vegetativen Nervensystem unterschieden. Eine weitere Unterteilungsmöglichkeit ist zwischen zentralem Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) und dem peripheren Nervensystem (Nerven, Nervenzentren). Leichter verständlich wird die Funktion des vegetativen Nervensystems, wenn man sich einen anderen Begriff dafür anschaut, denn es wird auch als autonomes Nervensystem bezeichnet. Das heißt, dass hierüber verschiedene Organfunktionen unbewusst gesteuert werden. Das somatische Nervensystem hingegen steuert die Funktion der Skelettmuskulatur. Beide Teile beeinflussen sich, trotz unterschiedlicher Funktion, zu einem gewissen Teil gegenseitig. Das vegetative Nervensystem lässt sich weiter in drei verschiedene Bereiche unterteilen, wobei uns später heraus hauptsächlich die ersten beiden beschäftigen werden: Sympathikus Parasympathikus Enterisches Nervensystem Zum Thema enterisches Nervensystem könnte ich vermutlich nochmal einen ganzen eigenen Blogbeitrag erstellen, es wird von manchen Autoren auch als eigenständiger Teil angesehen. Englische Begriffe hierfür zeigen Dir auch, was es ungefähr ist: „Abdominal brain“ oder auch „second brain“. Hier geht es um das Nervengeflecht im abdominalen Bereich (Bauchraum). Sympathikus und Parasympathikus Vielleicht kennst Du aus dem Biologieunterricht der Schule noch die schöne Skizze mit dem Höhlenmenschen, der jagt, wegrennt oder auch kämpft (Sympathikus) und auf der anderen Seite dem Höhlenmenschen, der vorm Lagerfeuer chillt und sein Essen verdaut (Parasympathikus). Hierüber lässt sich schon die gegensätzliche Wirkung der beiden Anteile des vegetativen Nervensystems erkennen. Auch wenn der Sympathikus schon sehr sympathisch klingt (ja, ich weiß, schlechtes Wortspiel), so ist er doch hauptsächlich für die Reaktionen verantwortlich, die unter Stress passieren. Der Parasympathikus hingegen ist für die Reaktionen, die in der Pause passieren, verantwortlich. Auch wenn sich Teile des vegetativen Nervensystems im Gehirn finden lassen, so ist von der Lage den meisten vermutlich hauptsächlich eine andere Aufteilung bekannt: Der Parasympathikus wird hauptsächlich über den Nervus Vagus (10. Hirnnerv) und Nerven aus dem Bereich des Sakrums (Kreuzbein) gebildet. Der Sympathikus liegt mit seinen Nervenkernen im Bereich der Brustwirbelsäule und der ersten beiden Lendenwirbel Wenn wir bei diesem Modell bleiben, gibt es auch häufig im Bereich des Sympathikus genauere Einteilung, welche Organe über welche Bereiche der Brust- bzw. Lendenwirbelsäule angesteuert werden. Diese widersprechen sich allerdings häufiger mal (wenn auch teils nur in Nuancen). Da ich keine Studien finden konnte, in denen dies genauer untersucht wurde, lasse ich hier eine entsprechende Skizze weg. Grob unterteilen lässt sich das ganze vielleicht so, dass über den Bereich der oberen Brustwirbelsäule hauptsächlich Kopf und Organe des Brustkorbs sympathisch angesteuert werden und je weiter es an der Wirbelsäule runtergeht, desto eher geht es Richtung Bauchorgane. Beim Magen-Darm-Trakt kannst Du Dir ungefähr merken, dass je weiter es an der Wirbelsäule abwärts geht, desto weiter schreitest Du im Verdauungstrakt voran. Bei den Anteilen des Parasympathikus wird es dann wieder einfacher. Der Nervus Vagus steuert parasympathisch vom Kopf abwärts die Organe des Brustkorbs und im Verdauungstrakt alles bis zum sogenannten Cannon-Böhm-Punkt an (im linken Drittel des querverlaufenden Anteils des Dickdarms, dem sogenannten Colon transversum). Des Weiteren werden von ihm auch die Nieren angesteuert. Die restliche parasympathische Ansteuerung erfolgt über Nerven aus dem Bereich des Kreuzbeins. Wie Du erkennst, welcher Teil aktiver ist Es gibt eine objektive Messmethode für das vegetative Nervensystem, die sogenannte Herzratenvariabilitätsmessung (HRV). Diese Werte sind allerdings vor allem dann aussagekräftig, wenn Du regelmäßig Messungen durchführst und Deine Werte somit vergleichen kannst. Daneben gibt es noch einige Zeichen, die Hinweise sein können. Für den Parasympathikus wären das: verengte Pupillen vermehrte Speichelproduktion niedriger Puls Harndrang durch Anspannen der Harnblase Für den Sympathikus: geweitete Pupillen Mundtrockenheit erhöhter Puls bzw. Blutdruck vermehrtes Schwitzen schlechte Verdauung Exkurs: Schmerz und Stress Auch wenn das vegetative Nervensystem keinen mir bekannten direkten Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung hat, so ist doch bekannt, dass vor allem Stress, Ängste und ähnliche negative Emotionen die Entstehung von chronischen Schmerzen begünstigen können. Hierauf bin ich unter anderem in diesem Artikel eingegangen. Und auch die Schmerzwahrnehmung ist in unangenehmen Situationen (Stress) deutlich sensibler, als in positiven Situationen. Hierfür sind dann unter anderem Endorphine verantwortlich, körpereigene Schmerzmittel, die sehr gut funktionieren. Darauf bin ich hier etwas genauer eingegangen. Die Balance entscheidet Wie so oft im Leben ist es nicht so, dass nur der eine oder nur der andere Teil wichtig ist, sondern die Balance zwischen Gegensätzen ist der Schlüssel. So auch beim Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus. Es ist so, dass immer beide Teile aktiv sind, mal der eine mehr und mal der andere. Normalerweise erfolgt das situativ und macht so auch am meisten Sinn, wenn das vegetative Nervensystem gut funktioniert. In akuten Stresssituationen ist es wichtig, dass der Sympathikus aktiver wird und zum Beispiel die Verdauung eine weniger hohe Rolle spielt. Das Herz soll ordentlich arbeiten, sodass die Muskulatur gut versorgt wird, für Kampf oder Fluchtreaktionen. Wenn diese Situationen geklärt sind, wird es Zeit, dass der Parasympathikus das Ruder wieder übernimmt, um Dich runter zu bringen und damit Du auch in Ruhe essen und verdauen kannst. Was evolutionär allerdings in unserem Körper noch nicht so ganz angekommen ist, ist das moderne Leben, indem diese Reaktionen oftmals nicht mehr so ausgeprägt stattfinden müssen, vor allem nicht auf Dauer (Stichwort chronischer Stress). Gerade bei letzterem ist es dann oftmals entscheiden, selbst etwas gegen den Stress zu tun, um den Körper dabei zu unterstützen, runterzukommen. Auf der anderen Seite merken Patienten in meinen Behandlungen, wenn oft der Parasympathikus aktiver wird, dass sie beispielsweise zu frösteln beginnen oder auch, dass ihr Bauch auf einmal wie wild zu gluckern beginnt. Beides können Zeichen dafür sein, dass der Parasympathikus (ungewohnter Weise) dominanter wird. Das Gluckern im Bauch bedeutet letztlich einfach, dass der Magen-Darm-Trakt aktiv wird und die Kälte lässt sich dadurch erklären, dass bei Sympathikusaktivität die Durchblutung, vor allem der Skelettmuskulatur, verbessert wird. Du siehst, dass Dir das Verständnis über das vegetative Nervensystem in vielen Punkten helfen kann, zu verstehen, warum Dein Körper bestimmte Reaktionen zeigt und wo Du entsprechend ansetzen solltest. https://youtu.be/lbCtZTH8GNc Zum Podcast Etienne RiesWie Du