Was ist Muskelkater?
Von den einen geliebt und von den anderen gefürchtet, so ist er doch für viele ein wesentlicher Bestandteil, wenn es um ein intensives Training geht. Die Rede ist von Muskelkater. Wie dieser entsteht, ob er wirklich eine Messgröße für ein gutes Training ist und wie Du ihn vermeiden kannst, das schauen wir uns in diesem Artikel an. Anatomie der Bewegung Um zu verstehen, was Muskelkater eigentlich ist, müssen wir uns erstmal anschauen, wie ein Muskel aufgebaut ist und eine Bewegung stattfindet. Aber keine Sorge, wir gehen hierbei nur soweit ins Detail, wie es nötig ist. Wir springen direkt auf eine sehr kleine Ebene, die sogenannten Sarkomere. Hierunter versteht man die kleinste Organisationseinheit in einer Muskelzelle, die sich aktiv zusammenziehen kann. Dieses Zusammenziehen bezeichnet man als Kontraktion. (1, 2) Das Sarkomer besteht aus verschiedenen Anteilen, wie Du es auf dem Bild erkennen kannst. Für die Kontraktion wichtig sind vor allem Aktin und Myosin. Die Z-Scheiben begrenzen die einzelnen Sarkomere untereinander und stellen den Ansatz des Aktins dar. Indirekt setzt auch das Myosin an den Z-Scheiben an, über dünne Titinfasern. (1, 2) Wenn ein Sarkomer sich jetzt zusammenzieht, laufen neben der Bewegung auch weitere physiologische Prozesse ab, um diese zu ermöglichen. Der Einfachheit halber blenden wir diese Prozesse allerdings an dieser Stelle aus. Wir konzentrieren uns nur darauf, welche Bewegung Aktin und Myosin machen. Zunächst werden die Myosinköpfchen an Aktin gebunden. Der Winkel des Myosinköpfchens ist zu Beginn 90°. Beim Anspannen findet eine 45° Kippbewegung (ähnlich einem Ruderschlag)des Myosinköpfchens statt. Hierdurch wird das Aktin zur Mitte des Sarkomers hingezogen. (2) Das kannst Du auf dem nebenstehenden Bild skizziert erkennen. Wenn der Muskel sich wieder entspannt, läuft der ganze Prozess genau andersherum wieder ab. Je weiter der Muskel gedehnt ist, desto geringer sind auch potenziell die Kontaktmöglichkeiten zwischen Aktin und Myosin. Je angespannter und verkürzter er ist, desto weniger Sarkomere können sich noch kontrahieren. Aus diesen Gründen ist in beiden Positionen die mögliche Muskelkraft am geringsten. Was passiert bei Muskelkater? Beim Muskelkater ging man früher davon aus, dass es durch Laktat (ein Abfallprodukt der Energiegewinnung) zu einer Übersäuerung der Muskulatur käme. Diese Theorie ist allerdings mittlerweile widerlegt. Worüber Muskelkater genau ausgelöst wird, ist nach wie vor nicht abschließend geklärt. (3, 4, 5) Die aktuell gängigste Theorie, geht davon aus, dass durch Überlastung die Z-Scheiben beschädigt werden. Das verzögerte Einsetzen der durch Muskelkater bedingten Schmerzen lässt sich damit erklären, dass die Muskelfaser selbst keine Schmerzrezeptoren hat und somit keine Schmerzen wahrnehmen kann. (4) Normalerweise treten die Schmerzen erst nach ungefähr 24 Stunden auf. Manchmal kann es sogar auch länger dauern. (3, 4, 5). Die Vermutung ist, dass es im Rahmen der Heilung zu einer Entzündungsreaktion kommt und diese, sowie die entstehende Schwellung zu den Schmerzen beiträgt. (3, 5) Die betroffene Muskulatur fühlt sich oft hart, steif und kraftlos an und schmerzt bei Bewegung, sowie Druckausübung auf die betroffene Muskulatur. Nach spätestens einer Woche ist der Muskelkater im Normalfall dann auch wieder vorbei. (3, 4) Eine neuere Theorie (3) geht davon aus, dass der Muskelkater auf eine Verletzung der Muskelspindeln (Dehnungsrezeptoren in der Skelettmuskulatur) und nicht der Z-Scheiben zurückzuführen sei. Was begünstigt Muskelkater? Muskelkater entsteht vor allem durch Überlastung der Muskulatur. Somit können folgende Punkte dazu führen, dass Muskelkater eher auftritt: exzentrische Kontraktion (bremsende Bewegungen) neuer Sport bzw. ungewohnte Belastungen Wettkämpfe Es kann aber auch durch andere Dinge zu einem Muskelkater kommen, wie z.B.: Massagen Injektionen in Muskeln Muskelkrämpfe Brauchst Du Muskelkater für erfolgreiches Training? Auch wenn es oft gerne anders verkauft wird, Muskelkater ist kein Anzeichen dafür, ob Deine Trainingsintensität ausreichend war. Er ist viel eher ein Zeichen dafür, dass das Training Deine aktuellen Kapazitäten überschritten hat. Als Anfänger kann es allerdings schwierig sein, Muskelkater komplett zu vermeiden und unter uns, es ist auch manchmal ein schönes Gefühl am Tag nach dem Training zu spüren, dass man am Vortag intensiv trainiert hat. Langfristig wird Dich ein häufiger Muskelkater in Deiner sportlichen Entwicklung allerdings eher bremsen, da die betroffenenen Muskeln länger zur Regeneration brauchen, als im Normalfall. Was kannst Du tun? Es gibt mehrere Möglichkeiten, um Muskelkater entweder zu vermeiden, oder diesen zu therapieren. Da das Vermeiden effektiver ist, starten wir hiermit. Für Dehnen, was gerne als Ansatz zur Linderung oder auch Vermeidung genutzt wird, gibt es leider keine Nachweise. Wenn es Dir guttut, spricht nichts dagegen, dieses als vorbeugende Maßnahme zu nutzen. Wenn Du Dir allerdings den Verletzungsmechanismus nochmal anschaust, macht es eher weniger Sinn, Dehnen als Behandlung des Muskelkaters zu nutzen, ein normales Bewegen, zur Durchblutungsförderung dürfte hier sinnvoller sein. Zumal Training auch viele positive Effekte auf Verletzungen haben kann. Vermeidung Eine Erfolgsgarantie gibt es leider beim Vermeiden genauso wenig, wie bei der Therapie. Was allerdings Muskelkater vorbeugend wirken kann, sind folgende Dinge (4, 5): vernünftiges Aufwärmen, wodurch die muskuläre Leistungsfähigkeit verbessert werden kann. Dehnen spielt hier übrigens keine große Rolle. langsames Steigern der Übungen, um eine Überlastung zu vermeiden Therapie In der Behandlung gibt es viele Theorien, worüber Muskelkater gelindert werden könne, allerdings konnten viele in Studien nicht belegt werden. Wir schauen uns lediglich die an, für die es eine gewisse Evidenz gibt: Kirschsaft (4, 6): Hiermit kann wohl vor allem der Muskelkater bedingte Kraftverlust reduziert werden. Wärmeanwendungen (4, 5, 7): hierüber lassen sich sowohl Schmerzen als auch die Funktion und das Bewegungsausmaß verbessern. Von Infrarotlampen, über Wärmflaschen, Körnerkissen oder einfach einer heißen Dusche bzw. Bad ist vieles denkbar. Massagen (4, 5, 8): hier scheinen vor allem leichte Massagen hilfreich zu sein und auf zu intensive Anwendungen sollte verzichtet werden. Nutzen kannst Du hierzu auch Faszienrollen. Wie diese wirken, haben wir uns hier schon mal angeschaut. Kälteanwendungen (5, 9): hier scheint ein Bad in 11 bis 15 ° Celsius kaltem Wasser, für 11 bis 15 Minuten einen Effekt auf den Muskelkater zu haben, vor allem wenn dieses innerhalb der ersten 24h genutzt wird. https://youtu.be/f1yFkB2PUKk Zum Podcast Quellen (1) https://de.wikipedia.org/wiki/Muskelfibrille (Zugriff am 22.05.2024) (2) https://de.wikipedia.org/wiki/Muskelkontraktion (Zugriff am 22.05.2024) (3) https://www.physiomeetsscience.net/muskelkater-als-neurale-mikroschaedigung-der-muskelspindeln-nicht-primaer-des-muskels/ (Zugriff am 22.05.2024) (4) https://de.wikipedia.org/wiki/Muskelkater (Zugriff am 22.05.2024) (5) https://flexikon.doccheck.com/de/Muskelkater (Zugriff am 22.05.2024) (6) Connolly, D. A., McHugh, M. P., Padilla-Zakour, O. I., Carlson, L., & Sayers, S. P. (2006). Efficacy of
Was kannst Du tun beim Läuferknie?
Ehrlicherweise tue ich mich mit Diagnosen wie Läuferknie bzw. Runners Knee immer etwas schwer. Mir persönlich fehlt bei dieser Form der Diagnose eine genaue Definition und somit auch ein entsprechender Behandlungsansatz. Wenn wir uns den Wikipedia Artikel zum Thema Läuferknie anschauen, wird es mit der Verwirrung nicht besser. Hier heißt es: „Während im anglo-amerikanischen Sprachraum zwischen dem Runner’s Knee (Chondromalacia patellae) und dem Iliotibial Band Syndrome unterschieden wird, werden beide im deutschen Sprachraum als „Läuferknie“ bezeichnet.“ Das heißt, wenn Du englische Artikel zu dem Thema durchliest, solltest Du auch hierauf achten. In diesem Artikel beziehe ich mich auf Beschwerden, die durch das Iliotibial Band (tractus iliotibialis) im Bereich des Knies ausgelöst werden und was Du tun kannst, um diese Beschwerden wieder loszuwerden. Definition des Läuferknies Wie bereits weiter oben erwähnt, ist die Definition des Runners Knee nicht ganz eindeutig. Wenn wir in den angloamerikanischen Sprachraum schauen, finden wir hier 2 verschiedene Beschwerdebilder, die unter einem Begriff zusammengefasst werden. Der Begriff Läuferknie ist hier zum Glück etwas eindeutiger. Beim Läuferknie (auch Iliotibialbandsyndrom genannt) handelt es sich um Schmerzen, die im Bereich des äußeren Knies (genauer laterale Femurcondyle) auftreten, vor allem beim Laufen bzw. bei ca. 30° Beugung in der Standbeinphase (2). Dieser Bereich ist häufig auch druckschmerzhaft und es kann auch zu Schwellungen im Rahmen eines Entzündungsprozesses in diesem Bereich kommen, die vor allem durch starke Belastungen auftreten. Vor allem Laufen, aber auch Radfahren (3) und andere Sportarten mit zyklischen (wiederkehrende) Bewegungen der unteren Extremität wie zum Beispiel Rudern (4) gelten als Risikosportarten für diese Überlastungsverletzung. Bei Frauen scheinen auch Fußball, Basketball und Feldhockey Sportarten zu sein, die mit einem erhöhten Risiko einhergehen (4). Anatomie Wenn Du mit einer Fazienrolle schon einmal Deine seitlichen Oberschenkel bearbeitet hast, wirst Du vermutlich einen sehr schmerzhaften Bereich bemerkt haben. Meistens ist das der tractus iliotibialis. Hierbei handelt es sich um eine Aponeurose (bindegewebige Ansatzfläche) vor allem für den M. gluteus maximus und den M. tensor fasciae latae (2). Der tractus iliotibialis verläuft vom Becken bis zum Schienbein (tibia) und ist vor allem für die Stabilisierung des Beins während des Gangs und auch für die Stabilisierung des Knies wichtig (5). Der tractus iliotibialis wird auch als eine „Verstärkung der Oberschenkelfaszie (Fascia lata)“ (6) dargestellt. In einem anderen Artikel haben wir uns schon einmal angesehen, wie stark diese Faszie ist und wie viel Kraft es benötigt, diese auch nur minimal zu verformen. Zur Erinnerung, es sind 460 kg. Ursachen Der genaue Mechanismus, durch den es zur Überlastung und auch den Schmerzen im Bereich des äußeren Knies kommt, ist nicht eindeutig geklärt und wird noch stark diskutiert. Längere Zeit wurde eine Reibung zwischen dem tractus iliotibialis und einem Knochenvorsprung am Knie (lateraler epicondylus) als Ursache des Läuferknies vermutet. Dieser wird mittlerweile aber als eher unwahrscheinlich angesehen. (2) Ein möglicher Entstehungsweg ist über eine zu starke Kompression und somit Reizung von Strukturen, die unter dem tractus iliotibialis liegen. Diese könnte über eine erhöhte Spannung des tractus iliotibialis erklärt werden, die vor allem bei gebeugtem Knie auftritt. (2) Als Risikofaktoren gelten erhöhter Laufumfang (vor allem, wenn dieser schnell gesteigert wurde), Bergläufe, ein starker Plattfuß, mangelnde Kraftausdauer der Hüftmuskulatur und „X-Bein Stellung“ vor allem ermüdungsbedingt (4). Auch die Lauftechnik scheint einen Einfluss zu haben. So gibt es Hinweise, dass bei Läuferinnen mit Läuferknie eine geringe Spurbreite (Schrittbreite), eine verstärkte Adduktion (zur Längsachse heranführen) der Hüfte und eine verstärkte Innenrotation von Knie und Hüfte auftritt. Man ist sich hierbei allerdings noch nicht sicher, ob es Auslöser oder Folge des Läuferknies ist. (2) Therapie Die erste Phase der Therapie orientiert sich mehr oder weniger an der Standardbehandlung von Sportverletzungen. Da es teilweise zu einer Entzündung durch die Überlastung kommen kann, kann es manchmal Sinn machen Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR (Ibuprofen und Co) zu nutzen. Dies würde ich aber immer im Einzelfall mit dem Behandler besprechen. Persönlich würde ich diese aber so gut es geht vermeiden. Wichtig ist es zu Beginn erstmal Ruhe hereinzubringen und die Belastung deutlich zu reduzieren. In Abhängigkeit von den Schmerzen werden Übungen zur Kräftigung der Gesäßmuskulatur in Abduktion, Außenrotation und auch Extension (Streckung) durchgeführt. Beispiele zur Kräftigung der Gesäßmuskulatur in die Abduktion und Extension findest Du nebenstehend. Bei der Kräftigung ist es sinnvoll, vor allem die Kraftausdauer und weniger die Maximalkraft zu trainieren. (2-5) Hilfreich ist es auch hierbei darauf zu achten, dass das Becken stabil gehalten werden kann, vor allem auch bei den Übungen zur Abduktion. Beim Gehen bzw. später auch joggen, bietet es sich an, auch hier auf diese Stabilität zu achten und ein Trendelenburg-Zeichen zu minimieren. Massagen, manuelle Behandlungstechniken wie Osteopathie oder auch Tools wie Faszienrollen können zudem helfen, den Schmerz zu reduzieren. Hierbei macht es Sinn nicht nur den tractus iliotibialis zu behandeln, sondern auch die Muskeln, die am tractus ansetzen, wie der M. gluteus maximus und der M. tensor fasciae latae. Dehnübungen können hier einen weiteren Ansatz darstellen. (2) Auch das Verändern der Lauftechnik kann helfen, die Schmerzen zu reduzieren. Vor allem das Erhöhen der Lauffrequenz und der Spurbreite sind hier erfolgversprechend. (2 & 5). Eine Behandlung bzw. Training des Plattfußes kann einen weiteren Ansatz darstellen. (4) Fazit Das Läuferknie ist ein schönes Beispiel für Schmerzen, die nicht nach dem Dawos-Prinzip („da wo es wehtut“) behandelt werden sollten. Viele der Methoden, die Du findest, um das Läuferknie zu behandeln, wie Faszienrollen oder auch Dehnen können helfen, den Schmerz kurzfristig zu lindern. Mittel- bis langfristig ist es aber wichtiger, zunächst die Belastung anzupassen und die Muskeln im Bereich der Hüfte durch ein Kraftausdauertraining zu trainieren. Ein Anpassen der Lauftechnik ist eine weitere sinnvolle Möglichkeit, die Beschwerden zu verbessern. Wichtig ist in der Behandlung Geduld zu haben und die Belastung Stück für Stück zu steigern, ohne es zu übertreiben. https://youtu.be/PT5S5ybM65E Zum Podcast Quellen (1) https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4uferknie (Zugriff am 05.03.2024) (2) https://www.physiomeetsscience.net/konservative-behandlung-des-iliotibialbandsyndroms-werden-die-richtigen-ziele-verfolgt/ (Zugriff am 05.03.2024) (3) https://www.physiomeetsscience.net/behandlung-des-tractus-syndroms-was-wenn-der-tractus-gar-nicht-steif-und-das-gegenteil-der-fall-ist/ (Zugriff am 06.03.2024) (4) https://www.physiomeetsscience.net/iliotibial-band-syndrom-eine-umfassende-uebersicht/ (Zugriff am 06.03.2024) (5) https://www.physiomeetsscience.net/das-iliotibialband-eine-komplexe-struktur-mit-vielseitigen-funktionen/ (Zugriff am 06.03.2024) (6) https://flexikon.doccheck.com/de/Tractus_iliotibialis (Zugriff am 06.03.2024) Disclaimer Im Text befinden sich sogenannte Affiliate-Links zu Amazon. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für Dich kommt es hierbei zu keinen Mehrkosten, es unterstützt mich aber in meiner Arbeit. Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne