Hast Du schon einmal das Gefühl gehabt, dass Deine Verdauung nicht so funktioniert, wie sie sollte? Oder leidest Du unter unerklärlichen Beschwerden wie chronischer Müdigkeit, Hautproblemen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten? Dann könnte das Leaky-Gut-Syndrom eine Rolle spielen.

Das Leaky-Gut-Syndrom, auch als erhöhte Darmpermeabilität oder „löchriger Darm“ bekannt, beschreibt einen Zustand, in dem Deine Darmbarriere durchlässiger wird als gewöhnlich. Dadurch können schädliche Stoffe wie Toxine, unverdaute Nahrungsbestandteile oder Bakterien in Deinen Blutkreislauf gelangen und dort Entzündungen sowie verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen.

Was an sich nur nach einem reinen Problem klingt, hat uns in früheren Zeiten allerdings einen evolutionären Vorteil verschafft. Wie dieser aussah, welche Symptome auftreten können und wie auch eine Behandlung aussehen kann, das kannst Du in diesem Blogartikel erfahren.

Warum ein Leaky Gut evolutionär sinnvoll war

Interessanterweise ist ein gewisser Grad an erhöhter Darmdurchlässigkeit evolutionär betrachtet durchaus sinnvoll. In früheren Zeiten, wenn der Mensch unter starkem Stress stand, handelte es sich meist um Kampf- oder Fluchtsituationen, das heißt der Körper musste maximale Leistung abrufen.

Die erhöhte Durchlässigkeit der Darmbarriere in diesen Situationen ermöglichte eine schnellere Nährstoffaufnahme. So konnte Dein Körper in akuten Notlagen effizienter Energie bereitstellen.

Heutzutage gibt es jedoch viele Faktoren, die Deinen Darm dauerhaft durchlässig machen und somit gesundheitliche Probleme verursachen können. Auch der akute Stress, der in früheren Zeiten zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmbarrieren führte, die sinnvoll war, kann im Falle von chronischem Stress zum Leaky-Gut-Syndrom führen.

Welche Beschwerden könnten auf Leaky Gut hindeuten?

Ein durchlässiger Darm kann sich in vielerlei Hinsicht bemerkbar machen:

  • Chronische Verdauungsprobleme (Blähungen, Durchfall, Verstopfung)
  • Unverträglichkeiten gegenüber bestimmten Lebensmitteln
  • Hautprobleme wie Akne, Ekzeme oder Psoriasis
  • Erschöpfung, Migräne und Konzentrationsprobleme (der sogenannte „Brain-Fog“)
  • schlechtere Nährstoffaufnahme und daraus entstehende Mangelerscheinungen
  • Gelenkschmerzen und chronische Entzündungen
  • psychische Veränderungen durch Störung der Darm-Hirn-Achse

Viele dieser Symptome sind natürlich nicht ganz eindeutig, sodass es rein anhand der Symptome nicht möglich ist, eindeutig zu sagen, ob ein Leaky-Gut-Syndrom vorliegt. Hierzu braucht es eine gewisse Erfahrung als Behandler und weiterführend eine gezielte Diagnostik, um eindeutig sagen zu können, dass ein Leaky Gut vorliegt.

Diagnostik des Leaky-Gut-Syndroms

Um die Diagnostik leichter erklären zu können, zunächst mal ein Schema, wie die Barriere im Darm aufgebaut ist und welche Funktion die entsprechenden Labormarker haben, die Erklärung folgt danach. Die Bestimmung der Werte erfolgt mittels Stuhldiagnostik:

Schematische Darstellung der wichtigsten Laborparameter zur Diagnostik des Leaky-Gut-Syndroms.

 

Darmlumen:

Unter Darmlumen versteht man all das, was sich innerhalb des Darmrohres befindet, also vor allem der Speisebrei.

Sekretorisches Immunglobulin A (sIgA)

Das sIgA wird von Plasmazellen unter der Schleimhaut produziert und bildet die erste Verteidigungslinie gegen Keime, Gifte und Allergene, indem es die Schleimhäute mit einer durchgehenden Schutzschicht überzieht.

Wenn sIgA zu niedrig ist, kann dies schneller zu einem Leaky Gut oder auch einer erhöhten Infektanfälligkeit insgesamt führen, da hiervon sämtliche Schleimhäute des Körpers betroffen sind.

Ist sIgA hingegen stark erhöht, so spricht das für eine starke Aktivierung des Immunsystems durch zum Beispiel Allergien, Infekte oder auch Keime im Darm.

Zonulin

Durch Zonulin kann der Körper die sogenannten tight junctions öffnen. Die tight junctions kannst Du Dir vereinfacht gesagt wie Druckknöpfe an Deiner Kleidung oder einer Tasche vorstellen, allerdings zwischen den einzelnen Zellen der Darmwand. Durch Zonulin kann der Körper diese öffnen und den Darm durchlässig machen.

Welcher Sinn dahinter steckt, haben wir uns weiter oben bereits angesehen. Wenn dies allerdings zu oft passiert, kann dies langfristig auch zu einem Leaky-Gut-Syndrom führen. Ein körperfremder Stoff, der diese Öffnung auch bewirken kann, ist übrigens Gluten. Hier wird die Barriere allerdings weiter geöffnet, als dies durch Zonulin der Fall wäre.

α1-Antitrypsin

Normalerweise tritt α1-Antitrypsin nicht im Darm auf, sondern befindet sich im Blut. Auch wenn durch Zonulin die tight junctions normal weit geöffnet werden, erfolgt kein Durchtritt ins Darmlumen. Erst wenn die Öffnungen zu groß werden, kann es dazu kommen, dass α1-Antitrypsin im Stuhl nachweisbar wird. Es ist also ein guter Marker für Darmentzündungen bzw. einen Leaky Gut.

Calprotectin

Calprotectin wird dann vom Körper freigesetzt, wenn Darmzellen geschädigt werden und Entzündungen im Darm vorliegen.

Ursachen für das Leaky-Gut-Syndrom

1. Dysbalance im Mikrobiom

Dein Darm beherbergt Billionen von Bakterien, die für Deine Gesundheit eine entscheidende Rolle spielen. Fehlt es an bestimmten nützlichen Bakterien, wie Faecalibacterium prausnitzii oder Akkermansia municiphila wird die Darmschleimhaut nicht ausreichend regeneriert. Das kann zu einer geschwächten Darmbarriere führen.

Auch ein Mangel an Bakterien, die sIgA produzieren, kann zu einem Leaky Gut führen. Die Bakterien, die sIgA produzieren, sind hauptsächlich E. coli und Enterococcus specc. Hier gibt es im Vergleich zu den Bakterien, die die Schleimhaut direkt betreffen, auch Probiotika, die E. coli und Enterococcus specc. beinhalten.

2. Schadstoffe und Ernährung

Bestimmte Lebensmittelbestandteile und Umweltgifte können Deine Darmbarriere schädigen:

  • Saponine: Diese schäumenden Stoffe in Hülsenfrüchten können Deine Darmwand reizen. Einweichen und richtiges Kochen hilft, sie zu reduzieren.
  • Alkohol: Schädigt die Darmflora und fördert Entzündungen.
  • Gluten: Kann die Barriere öffnen, insbesondere bei empfindlichen Menschen. Sauerteig-Fermentation reduziert das Problem.
  • Zucker und einfache Kohlenhydrate: Füttern schlechte Bakterien und fördern Entzündungen. Reine Fruktose kann zudem zu einer Schädigung der Schutzschicht führen (hiermit ist nicht unbedingt Obst gemeint, sondern eher Säfte oder Fruktosezusätze in anderen Lebensmitteln).
  • Industriell verarbeitete Lebensmittel: Enthalten oft Zusatzstoffe, die Deine Darmgesundheit beeinträchtigen.
  • NSARs: Schmerzmittel aus dieser Gruppe können auch die Darmbarriere schädigen, neben weiterer potenziell negativer Faktoren der Heilung. Bekannte Vertreter sind Ibuprofen oder Aspirin.

3. Chronischer Stress

Dauerhafter Stress kann zu einer chronischen Öffnung der Darmbarriere führen. Wenn Du Deinen Stress nicht in den Griff bekommst, kann sich Dein Darm kaum erholen, selbst wenn die restliche Therapie an Dich ideal angepasst ist.

Dies ist auch einer der Gründe, warum es teilweise sinnvoll sein kann, Veränderungen peu à peu einzubauen und nicht schlagartig den kompletten Lebensstil umzukrempeln.

Therapieansätze bei Leaky Gut

1. Schädliche Faktoren vermeiden

Erster Schritt: Reduziere alles, was Deinen Darm zusätzlich belasten könnte. Vermeide Alkohol, stark verarbeitete Lebensmittel, Gluten (vor allem, wenn Du empfindlich darauf reagierst) und Zucker. Die Zubereitung von Hülsenfrüchten, durch 24h einweichen vor dem Kochen, kann die Verträglichkeit deutlich verbessern und durch das Ankeimen wird die Menge schädlicher Stoffe reduziert.

Auch ist zum Beispiel ein Sauerteig weniger Glutenhaltig und somit oft deutlich bekömmlicher. Zu Beginn einer Leaky Gut Therapie würde ich allerdings auch darauf verzichten.

2. Die Darmbarriere stärken

Bestimmte Nährstoffe unterstützen die Regeneration Deines Darms:

  • Zink: Wichtig für die Wundheilung und Gewebeneubildung, entsprechend wichtig für die Regeneration des Darmgewebes.
  • Kurkuma: Wirkt entzündungshemmend und unterstützt den Körper dabei, die tight junctions wieder aufzubauen. Wichtig ist ein Präparat ohne schwarzen Pfeffer (Piperin) zu nutzen, da dieser das Leaky Gut Problem eher befeuern würde.
  • Omega-3-Fettsäuren: Reduzieren Entzündungen und unterstützen die Darmintegrität.
  • Glutamin: reduziert die Durchlässigkeit des Darms
  • gerne nutze ich auch Kombipräparate, wie dieses von Goetterspeise oder dieses von Tisso
  •  

3. Prä- und Probiotika gezielt einsetzen

  • Präbiotika (Ballaststoffe aus Wurzelgemüse, resistente Stärke, oder auch bestimmte Präparate) dienen als Futter für Deine guten Darmbakterien und helfen, die Schleimhaut aufzubauen.
  • Probiotika (fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Kefir oder gezielte Probiotikapräparate) fördern ein gesundes Mikrobiom.

4. Stressmanagement in den Alltag integrieren

Stress kann Deine Darmgesundheit erheblich verschlechtern. Setze auf:

  • Achtsamkeitsübungen und Meditation
  • Regelmäßige Bewegung, aber nicht übermäßig intensiven Sport
  • Genügend Schlaf und bewusste Erholungsphasen

Osteopathie und das Leaky-Gut-Syndrom

Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass bei diversen Darmbeschwerden auch eine osteopathische Behandlung unterstützend einen wertvollen Beitrag leisten kann.

Ein wichtiger Ansatz ist hier mit Sicherheit eine Beeinflussung des vegetativen Nervensystems hin zu einer erhöhten Aktivität des Parasympathikus, also letztlich eine stärkere Entspannung. Eine Durchblutungsverbesserung, sowie eine Verbesserung der Motilität (Bewegung des Darms, um Speisebrei weiterzutransportieren) werden ebenfalls als mögliche Ansätze diskutiert, wie osteopathische Behandlungen beim Leaky-Gut-Syndrom helfen könnten.

Fazit: Dein Weg zu einem gesunden Darm

Chronischer Stress ist auch beim Leaky-Gut-Syndrom einer der Haupttreiber, wie bei vielen anderen chronischen Erkrankungen unserer Zeit. Die Symptome sind oft schwammig und am Anfang für Dich vielleicht eher schwer zu erkennen.

Spätestens wenn Du behandlungsresistente Probleme hast und der Darm auch nicht so mitarbeitet, wie Du das gerne hättest, macht es Sinn, Dich an einen Experten zu wenden, der Dich gezielt unterstützen kann.

Vieles in der Behandlung liegt in Deiner Hand, wie die Ernährung und das Reduzieren von Stress. Da der Darm einen wichtigen Grundpfeiler für Deine allgemeine Gesundheit darstellt, macht es auch Sinn, auf diese Dinge zu achten, wenn Du Dich noch fit und vital fühlst. Auf diesem Weg sorgst Du dafür, dass Du es auch lange bleiben wirst.

Disclaimer

Im Text befinden sich sogenannte Affiliate-Links zu Amazon und auch Tisso. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für Dich kommt es hierbei zu keinen Mehrkosten, es unterstützt mich aber in meiner Arbeit. Das Gleiche gilt für die verlinkten Produkte von Tisso.

Quellen

(1) Bischoff, S. C. (2014). Physiology of the gut barrier. Clinical and Translational Gastroenterology, 5(10), e61. https://doi.org/10.1038/ctg.2014.12

(2) De Punder, K., & Pruimboom, L. (2013). The dietary intake of wheat and other cereal grains and their role in inflammation. Nutrients, 5(3), 771–787. https://doi.org/10.3390/nu5030771

(3) Fasano, A. (2012). Leaky gut and autoimmune diseases. Clinical Reviews in Allergy & Immunology, 42(1), 71–78. https://doi.org/10.1007/s12016-011-8291-x

(4) Halbfurter, M. (2015). Leaky Gut: Eine wissenschaftliche Literaturanalyse. Wiener Schule für Osteopathie.

(5) Hollander, D. (1999). Intestinal permeability, leaky gut, and autoimmune diseases. Journal of the American College of Nutrition, 18(1), 95–99. https://doi.org/10.1080/07315724.1999.10718822

(6) Huss, S. (2018). Leaky Gut und Osteopathie. DO – Deutsche Zeitschrift für Osteopathie, 16(1), 31–36.

(7) Kelly, G. (2015). Probiotics in gastrointestinal health. Alternative Medicine Review, 8(3), 263–271.

(8) Miele, L., Valenza, V., La Torre, G., Montalto, M., Cammarota, G., Ricci, R., Masciana, R., Forgione, A., Gabrieli, M. L., Perotti, G., Vecchio, F. M., & Gasbarrini, G. (2009). Increased intestinal permeability in patients with irritable bowel syndrome. Gastroenterology, 138(1), 206–214. https://doi.org/10.1053/j.gastro.2009.09.062

(9) Turner, J. R. (2009). Molecular basis of epithelial barrier regulation: From basic mechanisms to clinical application. Nature Reviews Immunology, 9(11), 799–809. https://doi.org/10.1038/nri2653

(10) Müller, A., Franke, H., Resch, K.-L., & Fryer, G. (2014). Effectiveness of osteopathic manipulative therapy for managing symptoms of irritable bowel syndrome: A systematic review. Journal of the American Osteopathic Association, 114(6), 470–479. https://doi.org/10.7556/jaoa.2014.098

(11) https://www.immundiagnostik.com/de/news/leaky-gut-part-3 (Zugriff am 19.02.2025)

(12) https://www.goetterspeise.de/lexikon/mikronaehrstoffe/zink/ (Zugriff am 19.02.2025)

(13) https://www.goetterspeise.de/lexikon/pflanzenextrakte/kurkuma/ (Zugriff am 19.02.2025)

(14) https://examine.com/supplements/glutamine/?show_conditions=true (Zugriff am 19.02.2025)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner