Vielleicht kennst Du folgende Situation: Du hast Dich lange auf Deinen Urlaub gefreut, weil Du Dich endlich erholen kannst vom strapaziösen Alltag. Die letzten Wochen und Monate waren der pure Stress, ein Termin jagte den nächsten. Du kommst an, die Anreise klappt super und das Wetter ist perfekt. Die Vorfreude ist riesig und Du hast viele Pläne.
Die erste Nacht ist vorbei und statt voller Energie wachzuwerden, tropft die Nase, der Hals ist zu und Du startest mit einer fiesen Erkältung, die Deine Urlaubspläne erstmal komplett über den Haufen wirft.
„Aber warum werde ich im Urlaub krank?“, wirst Du Dich jetzt fragen. Während Deines stressigen Alltags, als Dir das Ganze besser in den Kram gepasst hätte, warst Du fit und hast funktioniert. Kaum merkt Dein Körper, dass er eine Chance auf Ruhe hat, wirst Du hingegen krank.
Das Phänomen ist keine Seltenheit und tritt beispielsweise auch nach Prüfungsphasen auf. Mir ging es zum Beispiel erst vor kurzem selbst so, als ich vor Weihnachten im Urlaub war. Zuerst Magen-Darm-Probleme und dann ging es direkt mit Erkältung weiter. Es war der erste richtige Urlaub seit etwas mehr als 2 Jahren, was mit Sicherheit ein Teil des Problems war.
Der Grund dafür ist das Stresshormon Cortisol, was einen massiven Einfluss auf das Immunsystem nehmen kann. Wir schauen uns in diesem Blogartikel gemeinsam an, welche Funktion Cortisol hat, warum das Krank werden im Urlaub evolutionär sogar Sinn machte und wie Du dem Problem entgegenwirken kannst.
Was ist Cortisol?
Cortisol wird vereinfacht oft als Stresshormon beschrieben, da es vor allem in stressigen Situationen ausgeschüttet wird. Hier ist es auch egal, ob es sich um psychischen oder physischen (körperlichen) Stress handelt, für Deinen Körper macht das keinen Unterschied.
Wenn wir uns Cortisol genauer anschauen, zählt es zu den Glucocorticoiden, einer Gruppe von Hormonen, die in der Nebennierenrinde produziert wird. Die Gruppe der Glucocorticoide hat ihren Namen übrigens daher, da sie einen Einfluss auf den Glucosestoffwechsel haben.
Doch nicht nur in stressigen Situationen schüttet Dein Körper Cortisol aus. Auch im Tagesverlauf schüttet Dein Körper in unterschiedlichen Mengen aus, vor allem rund um das morgendliche Aufstehen, um Deinen Körper in Schwung zu bringen. Das Stichwort lautet circadianer Rhythmus (am Abend macht Dich dann übrigens Melatonin müde).
Cortisol erfüllt im Körper diverse Funktionen, wie zum Beispiel die Hemmung von Insulin an den Zellen, wodurch der Blutzuckerspiegel ansteigt (2). Dies sorgt dafür, dass dem Körper in Stresssituationen vermehrt Zucker zur Verfügung steht, was in früheren Zeiten absolut sinnvoll war.
Blöd wird es nur, wenn diese Reaktion durch chronischen Stress oder Medikamente wie Kortison (ja, die Ähnlichkeit im Namen kommt nicht von ungefähr) hervorgerufen wird. Weil dies langfristig auch zu einer Insulinresistenz bzw. Diabetes mellitus führen kann (2).
Eine weitere Funktion ist ursprünglich sinnvoll gewesen, führt allerdings zu dem Problem, was hinter der Frage „warum werde ich im Urlaub krank“ steckt. Cortisol hat auch einen Einfluss auf das Immunsystem, indem es Entzündungen hemmen kann (auch das wirst Du von Kortison kennen) und unter anderem über eine Hemmung von NF-κB (Protein, das für die Regulation der Immunantwort mitverantwortlich ist) das Immunsystem einbremst.
Aber warum werde ich im Urlaub krank?
Vereinfacht gesagt kann die Ausschüttung von Cortisol dazu führen, dass Du zwar krank wirst, aber Dein Immunsystem erstmal nicht reagiert und klassische Symptome wie eine laufende Nase und ähnliches zunächst ausbleiben. Vermutlich fragst Du Dich jetzt, wo der Sinn in so einer Reaktion steckt und warum werde ich dann im Urlaub krank, oder? Die Erklärung findet sich (wie auch beim Blutzucker) unter dem Betrachtungswinkel des evolutionären Vorteils.
Wenn wir in früheren Zeiten in Stresssituationen kamen, bedeutete dies meist Kampf oder Flucht, um das Überleben zu sichern. Denkst Du eine laufende Nase oder Husten wären hier hilfreich gewesen?
Unser Körper verschiebt dieses „richtig krank werden“ nach hinten, auf einen Zeitpunkt, zu dem er das Gefühl hat, dass es angebrachter ist, was dann wiederum dazu führen kann, dass Du im Urlaub krank wirst.
Wie kann ich das verhindern?
Die Lösung, die meiner Frau direkt in den Sinn kam war, dass wir deutlich öfter Urlaub machen müssen. Das wäre natürlich die Lösung, von der wir alle träumen, oder?
Allerdings ist dieser Ansatz für die meisten vermutlich nur zu einem gewissen Grad umsetzbar. Allerdings ist die Idee meiner Frau gar nicht so weit weg von der wirklichen Lösung.
Stell Dir Stress und die Reaktionen Deines Körpers vereinfacht wie einen alten Teekessel vor, der pfeift, wenn das Wasser kocht.
Der Druck im Kessel, der bei Hitze entsteht, lässt sich mit der Reaktion Deines Körpers auf Stress vergleichen. Die Hitze, die den Kessel aufheizt, ist mit Stress vergleichbar und das Ventil, das pfeift, sind Möglichkeiten den Stress abzubauen wie Urlaub, Meditation, progressive Muskelentspannung, Boxbreathing oder andere Entspannungsmethoden.
Wenn der Teekessel nicht das Ventil hätte, würde er irgendwann durch den Druck explodieren. Die andere Option ist, dass Du die Hitze (den Stress) deutlich herunterfährst.
Es gibt einige Mittel aus der Gruppe der sogenannten Adaptogene, wie Theanin (Extrakt aus dem grünen Tee), Ashwaganda oder Rhodiola rosea, die einen Einfluss auf die Stressreaktionen Deines Körpers nehmen können. Auch manche Entspannungstees können eine positive Wirkung entfalten, hier sind zum Beispiel Inhaltsstoffe, wie Lavendel, Zitronenmelisse, Safran oder Baldrian empfehlenswert.
Bei Tee kann es auch hilfreich sein, sich wirklich Zeit bei der Zubereitung zu nehmen. Ob es jetzt direkt eine komplette Teezeremonie sein muss, wie diese vor allem in manchen asiatischen Ländern zelebriert wird, ist Dir natürlich freigestellt. Das würde auch mir vermutlich zu lange dauern.
Aber alleine schon losen Tee zu verwenden, diesen in ein Teesieb oder Teeei zu füllen und dann zu überbrühen, fordert deutlich mehr Zeit und kann somit eine gewisse Ruhe in Deinen stressigen Alltag bringen. Auch Matcha zuzubereiten, wo Du den gemahlenen Grüntee noch im Wasser schaumig aufrührst, ist eine Zeremonie, die Ruhe und Entschleunigung bringt.
Und auch wenn Kaffee mit dem darin enthaltenen Koffein vermutlich für die wenigsten mit Ruhe und Stressreduktion zu tun hat. Hast Du Dir schon mal die Zeit genommen, einen Kaffee per Hand zu mahlen und dann selbst in Ruhe zu überbrühen? Glaub mir, es schafft eine andere Ruhe und somit auch einen anderen Genuss.
Eine weitere Substanz, die positive Effekte auf das Stresslevel zu haben scheint, ist übrigens CBD, das meist in Ölform angeboten wird.
Auch osteopathische Behandlungen können meiner Erfahrung nach sehr gut eine Stressreduktion herbeiführen und den Parasympathikus aktivieren bzw. den Sympathikus senken. Eine andere Möglichkeit, die ich in Behandlungen allerdings nur selten nutze, ist Cholincitrat. Dieses aktiviert den Parasympathikus unmittelbar und das auch merklich. Persönlich sehe ich hier aber das Risiko, dass Patienten hierüber einen einfachen Ausweg sehen und nicht den Umgang mit ihren Stressoren verbessern.
Auch würde ich davon ausgehen, dass sich Dein Körper irgendwann an all diese Mittel gewöhnen wird und es auf lange Sicht am sinnvollsten ist, auch aus diesem Grund einen besseren Umgang mit den Stressoren zu finden oder diese loszuwerden.
Denn auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Schmerzwahrnehmung ist es so, dass Dein Körper sich anpasst, wenn die von ihm geforderten Reaktionen ausbleiben. Wenn Du „nur“ Schmerzmittel nimmst, wirst Du im Laufe der Zeit höhere Dosen benötigen und ähnliches könnte ich mir auch bei den oben genannten Stresssenkern vorstellen.
Fazit
Die Frage „warum werde ich im Urlaub krank?“ lässt sich relativ leicht beantworten. Durch erhöhten Stress und die damit einhergehende Cortisolausschüttung wird Dein Immunsystem deutlich gebremst und die Körper zeigt keine so deutlichen Reaktionen auf Krankheiten, wie normalerweise.
Sobald der Stress nachlässt und Dein Immunsystem wieder richtig zu arbeiten beginnt, holt der Körper die Arbeit nach, die er vor sich her geschoben hat.
Wenn Du ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Stress und Entspannung hast, wirst Du weniger anfällig für diese Problematik und kannst Deinen Urlaub besser genießen.
Quellen
(1) https://flexikon.doccheck.com/de/Cortisol (Zugriff am 05.02.2025)
(2) https://www.endokrinologie.net/pressemitteilung/seltene-hormonerkrankungen-als-ursache-fuer-diabetes.php (Zugriff am 05.02.2025)
(3) https://bionorica.de/de/gesundheit/nasennebenhoehlen-und-schnupfen/warum-wird-man-haeufig-im-urlaub-krank.html (Zugriff am 05.02.2025)
(4) https://examine.com/supplements/theanine/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
(5) https://examine.com/supplements/ashwagandha/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
(6) https://examine.com/supplements/rhodiola-rosea/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
(7) https://examine.com/supplements/lavender/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
(8) https://examine.com/supplements/lemon-balm/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
(9) https://examine.com/supplements/saffron/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
(10) https://examine.com/supplements/valerian/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
(11) https://examine.com/supplements/cbd/?show_conditions=true (Zugriff am 05.02.2025)
Disclaimer
Im Text befinden sich sogenannte Affiliate-Links zu Amazon. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für Dich kommt es hierbei zu keinen Mehrkosten, es unterstützt mich aber in meiner Arbeit.
Wie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne Ries.
Ich bin Heilpraktiker, Osteopath und Physiotherapeut und schon von klein auf vom menschlichen Körper fasziniert. Nachdem ich mehrere Jahre als angestellter Physiotherapeut gearbeitet habe, habe ich mir 2021 den Traum der eigenen Praxis erfüllt und habe mich hier auf die Arbeit mit Schmerzpatienten und Sportlern spezialisiert. Wie Du im Blog merken wirst, sind das aber nicht meine ausschließlichen Behandlungsfelder. Zur Terminbuchung kommst Du übrigens bequem hier.
Diese Faszination versuche ich sowohl in meiner Arbeit an meine Patienten weiterzugeben, als auch mittels des Blogs und anderer Social Media Formate, wie YouTube…
Wenn Du immer auf dem Laufenden bleiben willst, kannst Du Dich auch gerne zu meinem wöchentlichen E-Mail Newsletter anmelden.
Verwandte Beiträge
-
Was ist eigentlich Stress?
Letzte Woche gab es aufgrund des Umzugsstresses leider keinen Artikel. Deshalb wünsche ich Dir jetzt viel Spaß mit dem neuen Artikel, indem es darum geht zu erklären, was Stress eigentlich…
-
Ikigai - Finde Dein Warum
Das Jahresende kommt immer näher auf uns zu. Für viele zwar zum einen eine stressige Zeit, zum anderen aber auch eine Zeit, in der man eher mal innehält und reflektiert.…
-
Wie Du Deinen Stress reduzieren kannst
Nachdem wir uns im letzten Artikel angeschaut haben, was Stress genau ist, widmen wir uns heute dem entscheidenderen Part, nämlich wie Du Deinen Stress reduzieren kannst. Kenne Deinen Gegner Zunächst…