Klar, idealerweise wirst Du versuchen eine OP zu vermeiden und auch mein Behandlungsziel ist es, Dich um eine OP herum zu lotsen. Es gibt aber auch am Bewegungsapparat ein paar Gründe, bei denen eine Operation unausweichlich ist, bei denen Du aber eine gewisse Vorbereitungszeit auf die OP hast, die Dir helfen kann, nachher schneller wieder auf die Beine zu kommen.

Wir schauen uns zum einen Dinge an, die für OPs mit teilweise langem Vorlauf gelten, wie zum Beispiel Hüft- oder Knieprothesen, aber auch für kürzere Zeiträume gelten können (Sehnenabrisse oder andere Verletzungen, die durch Verschleiß entstehen). Wenn Du eine akute Verletzung hast, die operiert werden muss, kannst Du aber auch ein paar Dinge mitnehmen, die wir uns im späteren Bereich des Artikels anschauen werden.

Da ich nicht auf jede einzelne OP eingehen kann, werde ich versuchen, das Ganze möglichst allgemein zu halten. Auch beschreibe ich biochemische Prozesse, die eine Rolle spielen, stark vereinfacht. In meinen Quellen findest Du aber auch Möglichkeiten, Dich weiter in die Tiefen des Kaninchenbaus vorzuarbeiten.

Vorbereitendes Training

Die OP ist geplant, Du hast aber noch einige Wochen Zeit? Reines Abwarten ist eine Möglichkeit und für manche Patienten auch vermutlich das, was sie zu tun bereit sind. Aber da Du diesen Artikel gerade liest, gehe ich davon aus, dass Du mehr machen willst.

Bei OPs, wie beispielsweise nach Sehnen(an)rissen, kommt es durchaus vor, dass Du ein paar Wochen Zeit hast, bis zur Operation. Spätestens wenn bei Dir eine Gelenkersatzoperation (die Klassiker: Knie- bzw. Hüftprothese) ansteht, hast Du oft mehrere Wochen bis teils Monate Zeit, Dich und Deinen Körper darauf vorzubereiten.

Du wirst vermutlich keine Rekorde mehr brechen, aber Du hast genug Zeit, einige Defizite auszubessern und auch Dein Körpergefühl zu verbessern. Du lernst schon einmal Übungen kennen, die später in der Reha wichtig werden, sodass Du auch hier schneller im Training vorankommen wirst.

Das Training hat unmittelbar vor der OP aber auch zum Beispiel schmerzlindernde Effekte, was gerade bei vielen orthopädischen Beschwerden, eine zentrale Rolle spielt. Denn Schmerzen sind einer der wichtigen Gründe, warum sich Patienten geplanten orthopädischen Operationen unterziehen. Wie das ganze wirkt, kannst Du in diesem Artikel gerne nochmal nachlesen. Vielleicht verstehst Du dann auch, warum Du nach einer Operation nicht nur rumliegen solltest, sondern Dich so bald, wie möglich wieder bewegen solltest.

An dieser Stelle kannst Du dann auch gerne nochmal nachlesen, wie Du ein Training während einer Verletzung gestalten kannst und welche positiven Effekte hierüber möglich sind.

Wenn Du Dir vielleicht denkst, dass ja sowieso schon die OP geplant ist und Du deshalb im Training einfach Vollgas geben kannst, ohne Rücksicht auf Verluste, denk vielleicht nochmal darüber nach. Klar ist schon ein struktureller Schaden vorhanden und die OP soll diesen reparieren, aber würdest Du mit einem platten Reifen noch ewig weiterfahren, weil Du weißt, dass die Werkstatt diesen flicken wird?

Beim Reifen wird Dir vermutlich bewusst sein, dass dann auch noch die Felge und vielleicht mehr kaputtgeht und die Reparatur immer teurer wird. Bei Deinem Körper ist das ähnlich, allerdings zahlst Du dem Operateur nachher nicht einfach mehr Geld, sondern Dein Körper hat mehr Arbeit und Du wirst eventuell länger für Deine Reha brauchen. Aus diesem Grund gilt es bei der Trainingsplanung nachzudenken, wenn Du Dir alleine unsicher bist, dann hol Dir einen Experten an Deine Seite.

Ein weiterer Vorteil, den das Training und auch die Ernährung, die wir uns gleich noch anschauen werden, bringt, ist eine Verbesserung der Stoffwechsellage. Hier geht es vor allem um den Blutzuckerspiegel oder um noch genauer zu sein, den HbA1c-Wert. Dieser Wert liefert eine Aussage darüber, wie sich die letzten 3 Monate Dein Blutzuckerspiegel verhalten hat. Vereinfacht gesagt beschreibt er, wie „verzuckert“ ein rotes Blutkörperchen ist.

Wenn dieser ständig zu hoch ist, zum Beispiel durch zu viel an vor allem sogenannten leeren Kalorien (geringe Nährstoffdichte) und/oder auch zu wenig Bewegung landest Du irgendwann beim Krankheitsbild Diabetes Typ 2 (sehr stark heruntergebrochen und die genetische Prädisposition mal außen vor gelassen). Spätestens hier sind Wundheilungsstörungen allgemein bekannt, es geht aber schon vorher in Richtung schlechterer Wundheilung los.

Bewegung sensibilisiert vor allem die Muskelzellen für Insulin, sodass der Zucker aus dem Blut in die Muskelzelle gebracht wird und dort „verbrannt“ wird, der Blutzuckerspiegel wird hierdurch gesenkt und das rote Blutkörperchen kann nicht mehr „verzuckern“, sodass der HbA1c-Wert niedrig bleibt. Insulin öffnet quasi wie ein Schlüssel die Zellen für den Zucker im Blut und Training verbessert die Insulinsensitivität der Zellen.

Auch wird vielfach nach einer OP Deine Muskulatur abbauen, da sie weniger genutzt wird. Vor allem im direkt von der Operation betroffenen Areal spielt das eine große Rolle. Je mehr Du vorher aufbaust, desto mehr kannst Du im Nachhinein davon zehren. Unterstützen kannst Du dies auch noch über den nächsten Punkt.

Ernährung

Das Thema Insulin hatten wir eben schon beim Thema Training, allerdings hat auch Deine Ernährung einen großen Einfluss, auf den Blutzuckerspiel. Wenn Du mehr zu Dir nimmst, als Du verbrennst, wird dieser steigen und oben bleiben. Auch wenn Du einfache Kohlenhydrate oder Lebensmittel mit leeren Kalorien (kaum oder wenig Nährstoffen) zu Dir nimmst, jagt der Blutzuckerspiegel schnell nach oben, um danach wieder abzufallen.

Heißhunger verführt Dich dann dazu mehr und mehr zu Essen, sodass auch dies wieder zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels und mittel- bis langfristig einer schlechteren Wundheilung führt.

Es gibt aber neben dem erhöhten Blutzucker/ HbA1c noch ein weiteres Problem, das daraus entsteht: mehr Körperfett. Vor allem, wenn vermehrt sogenanntes viszerales Fett (zwischen den Organen) vorhanden ist, ist dieses auch stoffwechselaktiv und fördert vor allem chronische Entzündungen.

Entzündungen sind zwar an sich wichtig für eine Wundheilung, wie wir uns bereits in diesem Artikel angeschaut haben, allerdings unterscheiden sich chronische Entzündungen von akuten Entzündungen und wie bei fast allem ist ein zu viel auch nicht gut.

Wenn Du also noch ein paar Kilo zu viel auf den Rippen hast, ist der Zeitraum bis zur OP eine gute Gelegenheit, dieses Problem nochmal anzugehen.

Aber uns geht es ja jetzt nicht nur darum, was Du vermeiden sollst, sondern auch darum, wovon Du mehr konsumieren solltest. An oberster Stelle würde ich hier Protein nennen, von dem Du ausreichend zu Dir nehmen solltest und zudem auch Kollagen. Protein wird hauptsächlich benötigt, um Muskulatur aufzubauen, allerdings erst, nachdem ein ausreichender Trainingsreiz gesetzt wurde. (2)

Da in der Anfangszeit nach einer Operation einer entsprechender Trainingsreiz aber oft nicht möglich ist, würde ich zumindest auf eine ausreichende Proteinzufuhr achten, um diesen Anteil nicht auch noch zu vernachlässigen.

Kollagen wiederum ist einer der Hauptbestandteile der Haut, aber auch von Sehnen und Bändern. Für eine ausreichende Versorgung zu sorgen, dürfte rund um eine Operation sinnvoll sein, auch wenn die Datenlage noch nicht eindeutig ist. Kollagen ist aber auch bereits bei Tendinopathien (Schmerzen im Sehnenbereich) ein sinnvoller Bestandteil der Behandlung, um dem Körper Bausteine zur Verfügung zu stellen, damit er das Gewebe stabiler aufbauen kann.

Generell solltest Du auf eine gesunde Ernährung achten (wobei Dir das Essen im Krankenhaus nicht unbedingt helfen wird). Je ungesünder die Ernährung, desto stärker werden normalerweise Entzündungen auftreten. Stark verarbeitete Lebensmittel, frittiertes Essen, Zucker, Brot oder beispielsweise Gebäck werden Entzündungen beispielsweise eher begünstigen.

Zu niedrigeren Entzündungswerten führen beispielsweise Fisch, Gemüse, gesunde Öle (z.B. Olivenöl), Obst und Ballaststoffe. Wichtig sind hier vor allem die sogenannten Omega-3- bzw. Omega-6-Fettsäuren. Wo Omega-3-Fettsäuren Entzündungen eher senken, da werden Omega-6-Fettsäuren Entzündungen eher befeuern. (3)

Wenn Dir Fisch nicht schmecken sollte, kann beispielsweise ein supplementieren mit Fischöl oder Algenöl sinnvolle Alternativen sein. Andere pflanzliche Quellen, sind für den Körper nicht so gut nutzbar, da sie erst umgewandelt werden müssen, was nicht sonderlich effektiv ist.

Über die Ernährung wirst Du, außer bei extremen Ernährungsformen, Entzündungen nicht so weiter herunterfahren, dass eine Wundheilung nicht mehr vernünftig funktioniert.

Theoretisch gibt es noch einige weitere Nährstoffe, die ich Dir hier empfehlen könnte, wie beispielsweise Vitamin C, was essenziell wichtig ist, für die Kollagensynthese (Um-/ Aufbau von Kollagen). Patienten empfehle ich mittlerweile aber tatsächlich meistens ein Kombipräparat (Yggdrasil von Goetterspeise), was die wichtigen Nährstoffe, für eine gute Wundheilung enthält.

Alltagsplanung

Überleg Dir am besten vor einer OP, welche Schwierigkeiten Dir Zuhause begegnen können im Alltag. Sei es die schmale Treppe, die Du mit Krücken hochlaufen müsstest oder aber die Schulter Deiner dominanten Hand wird operiert und Du musst Deinen Alltag danach mit Deiner schwachen Hand bestreiten.

Wo Krückenlaufen mit einem normalen Fitnesslevel noch gut machbar ist, so wird es oft deutlich schwieriger den Alltag mit der nicht dominanten Hand zu bestreiten. Geh ruhig vor Deiner OP einmal einen Tag so durch, als ob die Operation frisch durchgeführt worden wäre und überleg Dir, wo Schwierigkeiten auftreten und wie Du diese angehen kannst.

Vielleicht gibt es ein paar Hilfsmittel, die Du in der Anfangszeit benötigst und die Du noch besorgen solltest. Dein Behandler oder aber ein Orthoädiegeschäft können hier Anlaufstellen sein.

Substanzen, die Du meiden solltest

Da ich den Begriff Giftstoffe nicht für alle folgenden Punkte ideal finde, habe ich den Punkt mit Substanzen umschrieben.

Ich denke den meisten dürfte klar sein, dass rund um eine Operation Alkohol nicht ideal ist und die Heilung verschlechtern wird. Aber auch Rauchen zählt zu den Dingen, die ich vor einer Operation vermeiden würde, da es die Durchblutung verschlechtert und somit die Heilung negativ beeinflussen wird.

Was ich in der Tätigkeit als Physio im Krankenhaus als einzigen Vorteil bei Rauchern gesehen habe, war, dass sie mehrheitlich eine sehr hohe Motivation hatten, aus dem Bett und wieder auf die Beine zu kommen. Das war es dann aber auch. Heilung, aber auch die Schmerzwahrnehmung waren oft deutlich schlechter.

Was jetzt vielleicht überraschen wird ist, dass ich bestimmte Schmerzmittel nach einer Operation vermeiden würde. Nicht weil ich der Meinung wäre, dass Du Dich durch Deine Schmerzen durchbeißen sollst, aber ein anderer Anteil der Wirkung stört mich bei diesen.

Die Gruppe der sogenannten nicht-steroidalen-Antirheumatika (kurz NSAR) wirken nicht nur schmerzlindernd, sondern auch entzündungshemmend. Zu diesen Medikamenten zählen bekannte Vertreter, wie Ibuprofen oder Aspirin (wäre nach einer Operation sowieso nicht empfehlenswert).

Das große Problem ist aber, dass die Entzündung teils zu stark gehemmt wird und hierüber die Heilung des Gewebes negativ beeinflusst wird (3).

Um die Entzündungsreaktion zu „normalisieren“ würde ich eher auf die Ernährung und ausreichend Bewegung achten, vielleicht noch ein paar Nahrungsergänzungsmitteln (schau hierfür gerne nochmal unter dem Punkt Ernährung nach). Hierüber lässt sich die Nutzung von NSAR, auch nach Literatur (3), mindestens reduzieren, wenn nicht sogar ersetzen, vor allem in Hinblick auf die Entzündung.

Es gibt aber auch Patienten bzw. Situationen, in denen Du um diese Medikamente nicht wirklich herumkommst. Dann würde ich versuchen, die Einnahme so kurz wie möglich zu halten.

Was vermutlich auch für mich die größte Herausforderung darstellen dürfte, ist der Verzicht auf Kaffee. Aber leider gibt es auch hier einige Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass Koffein die Wundheilung und Gewebeversorgung negativ zu beeinflussen scheint (5). Aber mit einem konkreten Ziel lässt sich auch das normalerweise schaffen.

Wenn Dich hier genaue Zusammenhänge interessieren, kann ich Dir den sehr aktuellen Blogartikel von Chris Eikelmeier zu dem Thema empfehlen, einen Link findest Du in den Quellen unter (5).

Stress und Ängste reduzieren

Sowohl Stress als auch Ängste können das Schmerzempfinden negativ beeinflussen. Die oben beschriebenen Möglichkeiten zur Vorbereitung sollen auch den Zweck erfüllen, Dir zu zeigen, was Du alles machen kannst, um Dich vorzubereiten. Hilflos einem Problem gegenüberzustehen, erhöht Ängste und Sorgen oft unnötigerweise.

Wichtig ist auch, dass Du nicht zu viel über Deine Operation nachliest. Vor allem Erfahrungsberichte würde ich mir keine mehr anschauen, kurz vor der Operation. Du kannst noch nachschauen, wie der Ablauf ist, wie die Nachbehandlung aussieht. Bei allem würde ich mich aber auf objektive Informationen beschränken und subjektive Erfahrungen eher meiden.

Diejenigen, die positive Erfahrungen mit Deiner bevorstehenden Operation gemacht haben, wirst Du selten finden, denn sie denken oft nicht mal mehr an das Problem oder die vergangene OP. Anders sieht es bei denen aus, bei denen aus welchen Gründen auch immer das Ergebnis nicht ideal ist.

Du weißt aber auch nicht, was schiefgelaufen ist. Vielleicht wurde nach der OP zu schnell zu viel gemacht, vielleicht waren die Voraussetzungen nicht ideal oder welche Gründe auch immer.

Fazit

Auch wenn es oftmals so wirken mag, dass man in der Vorbereitung auf eine Operation nichts tun kann, außer Daumen drehen, so sind die Möglichkeiten doch nicht so gering. Die oben genannten Punkte solltest Du allerdings als Vorschläge sehen und Dich nicht dazu zwingen, alles sklavisch durchzuboxen, das erzeugt nur unnötigen Stress.

Um es nochmal kurz zusammenzufassen:

  1. Trainiere vor der Operation vor allem auch den Bereich, der operiert werden soll
  2. Beweg Dich genug, um Deinen Stoffwechsel zu verbessern
  3. Gesunde, antientzündliche Ernährung, mit ausreichend Protein und Kollagen
  4. Alltag vorbereiten, für die Zeit nach der OP
  5. Alkohol, Zigaretten, Kaffee und NSAR meiden
  6. Stress und Ängste reduzieren (nicht googeln)
 

Sicher könnte man die Liste noch ewig weiterführen, diese Punkte sind in meinen Augen aber mit Abstand am relevantesten. Bei ein paar Punkten wirst Du vielleicht Hilfe brauchen, aber glaub mir, viele Behandler freuen sich auch mal darauf, jemanden auf eine Operation vorzubereiten, weil auch die Nachbehandlung deutlich besser ablaufen wird.

Quellen

(1) Eikelmeier, Chris (2023). Diagnose sportunfähig!? : der Ratgeber für evidenzbasierte Rehabilitations- und Ernährungsstrategien bei Verletzungen und Schmerzen. Anröchte : Chris Eikelmeier

(2) https://www.physiomeetsscience.net/die-wirkung-von-ernaehrung-auf-tendinopathien/ (Zugriff am 06.11.2024)

(3) https://www.physiomeetsscience.net/der-einsatz-von-nsar-bei-muskuloskelettalen-traumen-freund-oder-feind/ (Zugriff am 06.11.2024)

(4) https://www.physiomeetsscience.net/chronische-muskel-skelettschmerzen-und-ernaehrung/ (Zugriff am 06.11.2024)

(5) https://www.chriseikelmeier.de/kaffee-ist-ungesund-punkt/ (Zugriff am 08.11.2024)

Disclaimer

Im Text befinden sich sogenannte Affiliate-Links zu Amazon. Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Für Dich kommt es hierbei zu keinen Mehrkosten, es unterstützt mich lediglich in meiner Arbeit.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner