Eines der größten Probleme unseres Gesundheitssystems
Wenn ich sage, dass unser Gesundheitssystem einige Baustellen hat, sage ich Dir glaube ich nichts Neues. Es gibt zu wenig Personal, überall ist zu wenig Geld vorhanden, wir operieren in Deutschland viel zu viel und so weiter und so weiter. Ein Problem, was sich daraus leider ergibt ist, dass Ärzte und Therapeuten oft zu wenig Zeit haben, Dinge ausreichend zu erklären und somit ein Anpassen des Lebensstils, was selbst in vielen Leitlinien verschiedener Krankheitsbilder, als grundlegende Basis beschrieben wird, zu kurz kommt. Für mich war das vor meiner Selbstständigkeit tatsächlich auch einer der Gründe, warum mir schnell klar wurde, dass ich in diesem System auf Dauer nicht arbeiten könnte. Das Problem ist, dass ich in diesem System nicht hätte so arbeiten können, wie ich es jetzt tue. Mein Anspruch ist, dass ich genug Zeit habe, um jedem Patienten die beste Behandlung angedeihen zu lassen, die mir mit meinem Wissen und meinen Fähigkeiten möglich ist. Nicht mehr und nicht weniger. Da auch Therapieansätze im Bereich des Lebensstils eine wichtige Rolle spielen, brauche ich auch Zeit um Patienten, diese zusammenhänge zu erklären, damit sie verstehen, warum ich nicht einfach die Beschwerden „wegzaubern“ kann. Multifaktorielle Probleme vs. eindimensionale Behandlung Gerade bei multifaktoriellen Problemen, wie zum Beispiel chronischen Schmerzen brauche ich am Patienten Zeit, und zwar mehr Zeit, als mir das Kassensystem als beispielsweise Physio zugestehen würde. Aus diesem Grund, bin ich auch aus dem Kassensystem ausgestiegen, damit ich die Dauer meiner Behandlungen selbst wählen kann. Eine Stunde Behandlungszeit mag teilweise lange wirken, aber ganz ehrlich bei sehr komplexen Beschwerdebildern, wird selbst das manchmal eng und vor allem das Erklären der Zusammenhänge oder was Du als Patient noch selbst tun kannst, fällt manchmal kürzer aus, als es mir lieb wäre. Klar gibt es dafür mittlerweile den Blog, der immer weiter wächst und Dir die Möglichkeit gibt, die Dinge nachzulesen oder im Podcast anzuhören und spätestens in den weiteren Behandlungen greife ich einige Dinge nochmal auf, meinem persönlichen Anspruch kann ich hier aber nicht immer gerecht werden. Ein Grund, aus dem es mir so schwerfällt, Dinge ausreichend zu erklären in der Behandlungszeit, ist die Anspruchshaltung, die aus der medizinischen Versorgung im Kassensystem mehr und mehr erwächst. Was genau ich damit meine? Ganz einfach, in der „normalen“ medizinischen Versorgung geht es größtenteils darum, Pille a gegen Problem x einzunehmen oder dass etwas operiert wird, wenn es kaputt ist. Der Behandlungsansatz ist also nicht sonderlich komplex. Das mag ja auch bei bakteriellen Infektionen ganz gut funktionieren, wenn ich ein Antibiotikum einnehme, um die problematischen Bakterien abzutöten, ist das ein wunderbar effizienter Ansatz. Aber sind die meisten Probleme unserer Zeit denn wirklich so eindimensional? Beispiele multifaktorieller Beschwerdebilder Schauen wir uns dazu doch einfach mal ein paar der Krankheiten und Beschwerdebilder an, die eine stetig wachsende Zahl haben, wo man fast von Pandemien sprechen könnte (ich weiß, das Wort können wir alle nicht mehr hören). Beide verleiten zu einer sehr einfachen Herangehensweise, sie sind aber eigentlich deutlich komplexer. Adipositas Adipositas ist gekennzeichnet, durch ein massives Übergewicht. Meistens wird zur Definition noch der BMI (Body-Mass-Index) herangezogen. Hiernach wäre ich persönlich (1,81 m und Stand Dienstag 90,1 kg) übrigens im Bereich des Übergewichts mit einem BMI von 27,5 unterwegs und müsste ca. 8 Kilogramm abnehmen, um in den Bereich des Normalgewichts zu kommen. Klar könnte ich mein Gewicht etwas reduzieren, für die 8 kg müsste ich aber vermutlich auch anfangen Muskulatur abzubauen. Es gibt ein paar andere Methoden, die allgemeingültiger sind, bei untrainierten Personen liefert der BMI allerdings nichtsdestotrotz eine gute Idee über die aktuelle Situation. Bei meiner Körpergröße wäre ich ab 98,3 kg übrigens im Bereich der Adipositas Grad I (BMI > 30) unterwegs. Wie kommt es jetzt zu solch einem starken Übergewicht? Na ja, wenn wir es rein physikalisch sehen, wird mehr Energie zugeführt, als verbrannt wird und die überschüssige Energie wird zu Fett umgewandelt und eingelagert. Klingt simpel und führt dann zu dem Ansatz, dass Du einfach weniger essen müsstest oder Dich mehr bewegen musst. Schon mal gehört? An sich eine nette Idee, die auch sehr simpel klingt, aber alleine der Aspekt Ernährung wird schon unglaublich komplex. Da gibt es dann wiederum verschiedene Ernährungsformen, die unterschiedlich gut sättigen. Einfache Zucker beispielsweise führen über schnelle Blutzuckerspitzen und einen danach folgenden starken Abfall des Blutzuckerspiegels, schnell zu einem erneuten Hungergefühl (ganz vereinfacht gesagt). Je komplexer Kohlenhydrate werden, desto gleichmäßiger ist Dein Energielevel und desto weniger Heißhunger entsteht auch häufig. Ein Problem dabei ist jetzt aber, dass verschiedene Menschen auf verschiedene Lebensmittel unterschiedlich reagieren. Das sieht man auch zum Beispiel, wenn man sich Studien anschaut, die Low-Carb und High-Carb Diäten miteinander vergleichen. Beide Diäten führen im Schnitt zur gleichen Gewichtsabnahme, es gibt aber immer Ausreißer in beide Richtungen, die von der einen oder der anderen Ernährungsform mehr oder weniger profitieren. Allen die gleiche Ernährungsform aufzwängen, wäre hier wieder einmal zu kurz gedacht. Und dann ist ja auch die Frage, warum Menschen so übermäßig Kalorien zu sich führen. Liegt es lediglich an der schlechten Ernährung oder mangelndem Wissen darüber? Zum Teil bestimmt, aber dann müsste man ja einfach nur jedem eine Ernährungsberatung angedeihen lassen und das Thema wäre geklärt. Aber auch das ist es ja nicht alleine. Denn Ernährung ist mehr, als nur ein Zuführen von Kalorien und Nährstoffen. Überleg doch alleine einmal, wie Du Dich fühlst, wenn Du Dein Lieblingsessen isst oder auch nur daran denkst? Das hierbei auch massiv Glücksgefühle aufkommen können ist hoffentlich ein Phänomen, was nicht nur bei mir auftritt. Wenn wir uns jetzt mal anschauen, wie viele Menschen einsam sind, unter Ängsten leiden oder andere psychische Probleme aufweisen, dann ist das einer der Gründe, warum wir uns nicht wundern müssen, wieso die Adipositaszahlen so massiv steigen. Die Frage hierbei ist dann allerdings, was Henne und was Ei ist, denn manche Studien vermuten auch, dass das sogenannte metabolische Syndrom (Mischung aus Übergewicht, erhöhte/r Blutzucker/ Blutfette/ Blutdruck) verantwortlich sein könnte für psychische Erkrankungen, wie Depressionen (1). Persönlich halte ich allerdings beide Richtungen für plausibel. Schauen wir uns dann noch an, wie wenig sich viele Menschen bewegen, dann finden wir