Was ist Gesundheit?
„Was ist Dir persönlich das Wichtigste, wenn Du über Gesundheit nachdenkst?“ Eine vermeintlich einfache Frage, die ich vor kurzem auf Instagram gestellt bekommen habe. Die Antwort fiel mir tatsächlich nicht so leicht und im kurzen Social Media Format nochmal weniger. Hast Du Dir selbst schon einmal die Frage gestellt, was Gesundheit bedeutet und wie Du sie definierst? Und nein, diese Frage ist nicht nur philosophisch, sondern hat meiner Meinung nach auch eine große Bedeutung, wenn es darum geht, dass Du eine für Dich optimale Behandlung erhältst. Definitionen Die folgenden Definitionen habe ich aus Wikipedia und dem DocCheck Flexikon entnommen. Hiermit möchte ich Dir zunächst einen groben Überblick verschaffen, bevor wir ans Eingemachte gehen. Humoralpathologie Im antiken Konzept der Humoralpathologie wird sie als Eukrasie definiert. Also ein Gleichgewicht wohltemperierter Körpersäfte und Temperamente. Nietzsche Der Philosophen Friedrich Nietzsche definiert sie wie folgt: „Gesundheit ist dasjenige Maß an Krankheit, das es mir noch erlaubt, meinen wesentlichen Beschäftigungen nachzugehen.“ Salutogenese Nach dem Modell der Salutogenese ist Gesundheit kein fixer Zustand. Gesundheit und Krankheit sind vielmehr die beiden Extreme auf einem Kontinuum, das beeinflusst wird von subjektivem Empfinden und objektivierbaren Einflüssen. Bei jedem Menschen sind also immer sowohl gesunde als auch kranke Aspekte feststellbar und das während der gesamten Lebensdauer. Weltgesundheitsorganisation Die WHO hat 1984 folgende Definition herausgegeben: „Gesundheit ist ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Sich des bestmöglichen Gesundheitszustandes zu erfreuen ist ein Grundrecht jedes Menschen, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung.“ Schwierigkeiten der Definitionen Bist Du aus den obigen Definitionen jetzt schlau geworden, was Gesundheit genau bedeutet und kannst es jemandem mit Deinen Worten erklären? Ich tue mich nach wie vor schwer, auch wenn die Definition der WHO meinem Verständnis einer Definition noch am nächsten kommt. Häufig wird Gesundheit leider einfach nur als das Gegenteil von Krankheit definiert bzw. als das Fehlen von Beschwerden. Aber es beinhaltet in meinen Augen nochmal deutlich mehr. Die Definition der WHO bezieht sich hier auf ein allgemeines, völliges Wohlbefinden und definiert hierüber Gesundheit. Aber meiner Meinung nach wird hierdurch nur der Begriff Gesundheit durch ein ähnliches Wort ersetzt. Meiner Meinung nach, ist es aber auch nur schwer bis gar nicht machbar, eine allgemeingültige Definition zu finden. Für jeden Menschen ist Gesundheit und Wohlbefinden etwas anderes und das ist auch der Grund, warum Du als Patient Dich damit auseinandersetzen solltest, wie Du es für Dich definierst und was somit Deine Ziele sind. Zielt unser Gesundheitssystem wirklich auf Gesundheit ab? Wir haben Krankenhäuser und auch eine Krankenkasse, um Arzt zu werden, muss man Medizin studieren. Alternativ kann man Heilpraktiker werden, um Menschen zu helfen. Aber wie viele Begriffe fallen Dir ein, die mit Gesundheit zu tun haben? Mir persönlich keiner, außer der Oberbegriff Gesundheitssystem. Das mag vielleicht spitzfindig klingen und mir geht es jetzt nicht darum, die Begriffe künstlich zu ändern. Es zeigt aber deutlich, worauf der Fokus im System liegt, nämlich Krankheiten und das Bekämpfen von Krankheiten. Auch das ist unglaublich wichtig und essenziell. Bitte versteh mich hier nicht falsch. Ich bin froh, dass es hierüber Wissen gibt und dass es Anwendung findet. Aber es bietet Dir entsprechend nur einen Aspekt und wird Dich in der aktuellen Ausprägung nicht unbedingt zu Deinem individuellen Ideal bringen. Das System zielt vielfach auf „One size fits all“ Lösungen ab. Die ja in einigen Bereichen, wie der Notfallmedizin, ein guter Ausgangspunkt sind. Aber was passiert jetzt, wenn Du hiermit nicht weiter kommst? Macht die Osteopathie es besser? Ein vielfach angeführtes Zitat im Bereich der Osteopathie besagt: „Gesundheit zu finden sollte die Aufgabe des Arztes sein. Jeder kann Krankheit finden.“ (Andrew Taylor Still) Der Ansatz ist gut, aber wie oft er umgesetzt wird, ist meiner Erfahrung nach sehr unterschiedlich. Hier ist meiner Meinung nach allerdings in allen medizinischen Bereichen Nachholbedarf. Manche machen es vielleicht etwas besser und ja, meiner Meinung nach gehen Osteopathen oft individueller an die Beschwerden des Patienten heran. Allerdings ist es auch hier sehr individuell, welcher Therapeut am Werke ist. Wie in allen anderen medizinischen Professionen auch. Wenn man sich teils in Fachgruppen oder auf Fortbildungen anschaut, wie Patientenfälle diskutiert werden, ist das schon häufig extrem spannend, vom Umgang untereinander mal ganz zu schweigen. Was heißt das für Patienten? Das ganze Thema ist etwas sehr Individuelles und jeder hat hier andere Ziele und Ansichten. Aus diesem Grund kann es manchmal schwierig sein als Patient herauszufinden, wer Dich hier am besten unterstützen kann. Wichtig ist, dass Du weißt, was Dein Ziel ist und was Du bereit bist dafür zu tun. Du wirst somit zu einem wichtigen Partner in der Behandlung, ohne dessen Mitwirken und Meinung es nicht möglich ist, das Optimum zu erreichen. Solltest Du das Gefühl haben, dass das nicht der Fall ist, kann ich Dir nur raten, Deinen Behandler darauf anzusprechen und im Zweifel diesen zu wechseln. Zum Podcast Quellen https://flexikon.doccheck.com/de/Gesundheit https://de.wikipedia.org/wiki/Gesundheit https://de.wikipedia.org/wiki/Salutogenese Still, A. T. (2013). Der Natur bis ans Ende vertrauen!. JOLANDOS. Etienne RiesWie Du vielleicht schon mitbekommen hast, ist mein Name Etienne Ries. Ich bin Heilpraktiker, Osteopath und Physiotherapeut und schon von klein auf vom menschlichen Körper fasziniert. Nachdem ich mehrere Jahre als angestellter Physiotherapeut gearbeitet habe, habe ich mir 2021 den Traum der eigenen Praxis erfüllt und habe mich hier auf die Arbeit mit Schmerzpatienten und Sportlern spezialisiert. Wie Du im Blog merken wirst, sind das aber nicht meine ausschließlichen Behandlungsfelder. Zur Terminbuchung kommst Du übrigens bequem hier. Diese Faszination versuche ich sowohl in meiner Arbeit an meine Patienten weiterzugeben, als auch mittels des Blogs und anderer Social Media Formate, wie YouTube… Wenn Du immer auf dem Laufenden bleiben willst, kannst Du Dich auch gerne zu meinem wöchentlichen E-Mail Newsletter anmelden. osteo-ries.de
Was ist eigentlich Osteopathie (für mich)?
Da ich die Frage sowohl von Patienten, als auch im privaten Umfeld häufiger gestellt bekomme und nie eine kurze, prägnante Antwort parat habe, will ich versuchen in diesem Blogartikel das ganze zu erklären. Hierzu möchte ich zum einen auf die Geschichte der Osteopathie in kurzer Form eingehen und zum anderen auch darauf, warum eine Erklärung schwierig ist. Zum Schluss werde ich Dir, lieber Leser kurz erklären, was für mich Osteopathie bedeutet und was ich für Vorteile der Osteopathie sehe, vor allem im Vergleich zu meinem ursprünglichen Beruf des Physiotherapeuten. Disclaimer In Deutschland gibt es keinen eigenständigen Beruf des Osteopathen, anders als in einigen anderen Ländern. Osteopathie wird als Heilkunde definiert, die nur von Ärzten oder Heilpraktikern ausgeübt werden darf. Im Verlauf des Textes verwende ich dennoch häufiger den Begriff Osteopath. Diesen verwende ich als Vereinfachung für Behandler, die osteopathische Behandlungen durchführen bzw. deren Behandlungen durch die osteopathische Denkweise maßgeblich beeinflusst werden. Kleine Geschichtsstunde Die Osteopathie geht zurück auf Andrew Taylor Still (1828-1917). Dieser wuchs als Sohn eines Methodistenpredigers im damaligen Grenzland der USA auf. Rau war zu dieser Zeit nicht nur die politische Lage (amerikanischer Bürgerkrieg etc.), sondern auch die medizinische Versorgung (Stichtwort „heroische Medizin“). Heilmethoden wie exzessiver Aderlass oder Behandlungen mit Kalomel (Quecksilberchlorid) waren alles andere als eine Seltenheit. Vor allem, nachdem drei seiner Kinder an Meningitis und kurz darauf ein viertes an Lungenentzündung verstorben waren, suchte er nach Wegen, die damalige Medizin zu verbessern. Hierzu beschäftigte er sich mit diversen Richtungen und fügte seiner Medizinphilosophie das hinzu, was er für die Patienten nützlich empfand und lehnte den Rest ab. Die Natur und ihr „Schöpfungswerk“ sah er als vollkommen an. Heilung ging seiner Meinung nach immer von den Selbstheilungskräften des Körpers und „Gottes Apotheke“ aus. Das Funktionieren dieser Apotheke sei allerdings nur dann gewährleistet, wenn Nerven, Blut- und Lymphgefäße frei arbeiten können. Die Aufgabe des Osteopathen sei also durch das Beeinflussen über die Knochen (griechisch osteon), diese Versorgung wieder zu normalisieren, sodass die Selbstheilung funktionieren kann und das Leiden (griechisch pathos) gelindert wird. Durch einen seiner späteren Schüler (John Martin Littlejohn 1866-1947) wurde der Bereich der Physiologie stärker in die Osteopathie mit aufgenommen. Dies führte allerdings auch zu starken Zerwürfnissen innerhalb der Osteopathie. Wenn Du über die Geschichte der Osteopathie noch mehr erfahren möchtest, so sei Dir folgender Artikel (1) des Jolandos Verlag ans Herz gelegt. Grundannahmen nach Stil Still werden vier Grundannahmen zugeschrieben, die seine Behandlungen beeinflussten: Die Rolle der Arterie ist essenziell Der Körper ist eine Funktionseinheit Die Funktion bestimmt die Körperstruktur und umgekehrt Der Körper besitzt die Fähigkeit zur Selbstregulation Ob alle diese Grundannahmen so allgemeingültig zutreffen, kann man gerne diskutieren und auch hinterfragen. Vor allem die Gewichtung der ersten halte ich persönlich für schwierig. Wenn man bei der zweiten Grundannahme bedenkt, dass Still in seinen Texten ein Konzept des „triune man“ beschreibt (der Einheit aus Körper, Geist und Seele) kann man hieraus durchaus Verbindungen zum biopsychosozialen Schmerzmodell bzw. generell dem biopsychosozialen Modell ziehen, das deutlich später entstand. Dass der Körper Selbstregulationskräfte und vor allem auch Selbstheilungskräfte besitzt, wirst Du merken, wenn Du Dich verletzt und die Wunde heilt, meist ohne, dass Du von außen etwas tun musst. Teilbereiche der Osteopathie In der Osteopathie werden je nach zählweise 3 bis 4 Teilbereiche untergliedert. parietale Osteopathie (der Bewegungsapparat) viszerale Osteopathie (innere Organe und deren Aufhängungen) cranio-sakrale Osteopathie (hier geht man von einem inhärenten Rhythmus zwischen Schädel und Kreuzbein aus, der sich in den restlichen Körper ausbreitet) biodynamische Osteopathie, die sich aus der cranio-sakralen Osteopathie entwickelt hat Die Tatsache, dass es mehrere Bereiche gibt, heißt allerdings nicht, dass ein Osteopath jeweils nur mit einer Methode arbeitet. Normalerweise sollen alle Bereiche Einfluss auf die Untersuchung und auch die Behandlung haben. Definition der WHO (2010) „Osteopathie bietet ein breites Spektrum an Herangehensweisen zur Gesunderhaltung und dem Umgang mit Krankheiten an. Die folgenden Prinzipien zur Behandlung und dem Umgang mit Patienten bilden die Grundlagen der Osteopathie: Der Mensch bildet eine dynamische funktionelle Einheit, dessen Wohlbefinden durch Körper, Geist und Seele beeinflusst wird; Der Organismus besitzt selbstregulierende Mechanismen und die natürliche Fähigkeit zur Selbstheilung; Struktur und Funktion bedingen sich auf allen Ebenen des Körpers gegenseitig. Wendet der Osteopath diese Prinzipien zur Behandlung von Patienten an, so greift er im Rahmen dieses Konzepts auf den aktuellen Stand von Medizin und Forschung zurück. Praktizierende Osteopathen verstehen klinische Zeichen und Symptome von Patienten als Folgen der Interaktion zahlreicher physischer und nichtphysischer Faktoren. Osteopathie berücksichtigt besonders die dynamische Wechselbeziehung dieser Faktoren und die Bedeutung der Patienten-Therapeuten-Beziehung für den therapeutischen Prozess. Sie ist keine krankheitszentrierte sondern eine patientenzentrierte Form der Gesundheitsfürsorge. Strukturelle Diagnose und manuelle Behandlung sind wesentliche Bestandteile der Osteopathie. Die osteopathische Behandlung wurde als Mittel entwickelt um die physiologischen selbstregulierenden und selbstheilenden Mechanismen im Körper zu unterstützen. Dazu werden jene Bereiche des Körpers angesprochen, die Gewebespannungen, Stress oder Funktionsstörungen aufweisen, welche die gesunderhaltenden neuronalen, vaskulären und biochemischen Mechanismen behindern können.“ https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/44356/9789241599665_eng.pdf?sequence=1&isAllowed=y (2) (Zugriff am 02.12.2022) Was ist Osteopathie nun für mich? Nach dem groben theoretischen Abriss möchte ich jetzt darauf eingehen, was für mich Osteopathie ausmacht und definiert. Ehrlicherweise sind die obigen Punkte nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal der Osteopathie, auch wenn es gerne von Verbänden und Kollegen so hingestellt wird. Niemals Stillstehen Fangen wir einmal damit an, welchen Titel der „Alte Doktor“ (Still) seinen Absolventen vergeben hat: DO (Doctor of Osteopathic Medicine) Allerdings war Still eine weitere Ableitung vermutlich deutlich wichtig, Dig on! (Grabe/ suche weiter). Es ging ihm nicht darum, dass seine Ansichten stur in Stein gemeißelt sind und auch nicht, dass ihm blind gehuldigt wird. Die Weiterentwicklung seiner Theorien war für ihn bedeutend wichtiger. Und ich denke, dass dieser Ansatz den meisten Menschen, egal in welchem Bereich guttun würde. Vor allem im medizinischen Kontext bzw. in der Arbeit mit und am Menschen ist er allerdings unerlässlich! Selbstheilungskräfte und der „triune man“ Ich kann Stills Faszination für das Wunderwerk des menschlichen Körpers absolut nachvollziehen und wenn man sich alleine auch den Bereich des Placeboeffekts anschaut und hier sieht, welche Medikamente der Körper selbst produzieren kann