Schmerzampel und 24h Regel

Schmerzampel

Wäre jede Behandlung von Schmerzen gleich, würde es vermutlich kaum noch Schmerzpatienten geben und viele Behandler im Gesundheitssystem müssten umschulen. Allerdings gibt es bei der Behandlung von Schmerzen keine one-size-fits-all Lösungen. Zum einen ist es wichtig zu verstehen, wodurch die Schmerzen ausgelöst werden, was spätestens bei chronischen Schmerzen schon dazu führt, dass wir nicht nur einen Ansatzpunkt haben, sondern oft mehrere. Aber auch, dass Nervenschmerzen zum Beispiel beim Karpaltunnelsyndrom oft anders behandelt werden sollten, als Überlastungsprobleme des Bewegungsapparats, wie das Läuferknie oder Fersensporn. Dennoch nutze ich, wenn es um die Behandlung von Schmerzen geht, zwei Faustregeln sehr gerne, die für nahezu alle Patienten gelten, zum einen die Schmerzampel und zum anderen die 24h Regel. Was genau das ist und warum ich diese Tools als so wichtig empfinde, erfährst Du in diesem Artikel. Schmerzen beim Training Ein wichtiger Bestandteil der Schmerztherapie sind Bewegung bzw. gezielte Übungen. Auch in der Leitlinie für Chronischer nicht tumorbedingter Schmerz schreiben die Autoren „Körperliche Aktivität ist die Basis einer evidenzbasierten Therapie.“ (1) Es gibt auch interessante Untersuchungen, die zeigen, dass ein ca. 10 km Lauf (6,3 Meilen) zu einer Schmerzlinderung führt, die mit einer Dosis von 10 mg Morphin intravenös (direkt ins venöse Blut gespritzt) gleichzusetzen ist (2). Das sogenannte Runners High, wird laut den Autoren dieser Studie unter anderem durch die Endorphinausschüttung begünstigt. Allerdings scheint ein Teil der Effekte auch auf andere Mechanismen zurückzuführen zu sein. Wenn allerdings gezielte Übungen genutzt werden, um schmerzhafte Bereiche am Körper belastbarer zu machen, kann es vor allem zu Beginn teilweise auch zu Schmerzen beim Training führen. Vor allem bei Unsicherheit neigen viele Patienten dazu, die Übungen dann lieber sein zu lassen, aus Angst, sie könnten wieder etwas kaputt machen. Auch nach einer Verletzung kann es bei den ersten Trainingseinheiten oft dazu kommen, dass Schmerzen beim Training schneller auftreten, als es zum Heilungsverlauf passen würde. Warum kann Schmerz zu Beginn normal sein An sich ist es sinnvoll etwas zu ändern, wenn Schmerzen beim Training auftreten, denn akuter Schmerz erfüllt in erster Linie eine Warnfunktion. Wenn Schmerzen neu auftreten, würde ich also das Training oder was auch immer gerade zu den Schmerzen geführt hat, zunächst pausieren und überlegen, woran das liegen kann. Stimmt die Technik bei der Übungsausführung, hast Du Dich passend aufgewärmt, hast Du Dich wirklich fit genug fürs Training gefühlt oder hast Du die letzten Nächte kaum geschlafen und bist eher wie ein Zombie unterwegs. All das können Faktoren sein, die die Schmerzwahrnehmung negativ beeinflussen und somit zu Schmerzen beim Training führen können. Wenn Du Deinen Körper nach einer Verletzung wieder langsam an Belastungen heranführst, verhält er sich leider manchmal wie die Prinzessin auf der Erbse und nimmt ein kleines Zwicken direkt als Schmerz war, weil er übervorsichtig geworden ist. Ähnliches kann auch bei chronischen Schmerzen passieren, sodass in beiden Fällen ein gewisses Schmerzlevel toleriert werden kann und sollte. Hierbei kann dann die Schmerzampel weiterhelfen und auch die 24h Regel, die wir uns beide gleich anschauen werden. Behandlung ist immer sehr individuell Wie weiter oben schon erwähnt lässt sich nicht pauschal sagen, was definitiv zu einer Schmerzlinderung führen wird und was nicht. Spätestens wenn Du eine sehr negative Erwartungshaltung haben solltest, kann der Noceboeffekt greifen und eine sonst effektive Behandlung greift nicht mehr. Natürlich hast Du immer die Möglichkeit auf Trainingsmethoden zurückzugreifen, die auch bei einer akuten Verletzung möglich sind. Allerdings kann es in der Behandlung von Schmerzen manchmal auch sinnvoll sein, ein gewisses Schmerzlevel zuzulassen. Spannend ist, dass eine schmerzhafte Behandlung (Massage) zu einer kurzfristigen Schmerzlinderung führen kann (3). Scheinbar ist dieser Effekt allerdings abhängig davon, wie gut oder schlecht Dein Körper das Schmerzempfinden modulieren kann. Mit einem zu hohen Schmerzlevel in eine Behandlung oder Training einzusteigen macht aber auch keinen Sinn, denn hierüber würde zu sehr das Alarmsystem getriggert werden und die Schmerzwahrnehmung würde eher zunehmen, anstatt abnehmen. Es ist also wichtig zum einen den goldenen Mittelweg zu finden und zum anderen das ganze individuell anzupassen. Zwei allgemeine Faustregeln Nichtsdestotrotz gibt es zwei Faustregeln, die dennoch bei den meisten Patienten sehr gut funktionieren. Ausklammern würde ich hier allerdings vor allem frische Verletzungen, bei denen die Heilung noch am Anfang steht. Im Zweifel solltest Du allerdings immer mit Deinem Behandler absprechen, ob das für Dich und Deine Beschwerden Sinn ergibt oder worauf Du achten solltest! Schmerzampel Bei der Schmerzampel gehst Du von einer Schmerzskala von 0 bis 10 aus, so wie wir uns das auch im letzten Artikel zum Thema Anstrengung vs. Schmerzen angeschaut haben. Im unteren Drittel, also einem Schmerzlevel von ca. 0 bis 3 ist die Ampel grün, das heißt die Belastung ist in Ordnung und die Belastung wird höchstwahrscheinlich passend sein. Auf Gelb springt die Ampel im mittleren Drittel, also einem Schmerzlevel von ungefähr 4 bis 6. Diese Belastungen können manchmal gut funktionieren, es kann aber auch sein, dass die Belastung noch zu hoch ist, für Deinen aktuellen Stand. Im Bereich von ca. 7 bis 10 steht die Ampel auf Rot, hier würde ich also nicht weitermachen oder die Übung so anpassen, dass das Schmerzlevel wieder sinkt. Die Ampel gibt eine grobe Tendenz und ich würde hier auch keine scharfen Trennlinien setzen, sodass 3 von 10 nie ein Problem ist, aber ab 4 es schon kritisch wird. Du kannst Dich aber zumindest grob daran orientieren. 24h Regel Auch wenn Du Dich an die Schmerzampel hältst, kann es dennoch teilweise zu sogenannten Flare Ups, also einer Schmerzsteigerung nach dem Training oder auch einer Behandlung kommen. Diese bedeuten nicht zwingend, dass die Behandlung schlecht läuft. Denn es gibt, wie weiter oben schon erwähnt, unglaublich viele Faktoren, die einen Einfluss auf Deine Beschwerden haben können. So kann es auch passieren, dass Du an einem Tag ohne Schmerzen beim Training durchkommst und auch im Nachhinein keine Verschlechterung der Beschwerden wahrnimmst, an einem anderen Tag kurz darauf kann das aber ganz anders aussehen, teils auch schon, weil Du einfach die Nacht zuvor kaum geschlafen hast, sodass Du unausgeruht und gestresst trainiert hast. Dein Körper kann dann zum Teil schneller mit Schmerzen reagieren. Das Ziel sollte dennoch sein, dass spätestens nach

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