Wie Du vielleicht schon in früheren Artikeln von mir erkannt hast, finde ich die menschliche Psyche und das Zusammenspiel zwischen ihr und dem Körper (Psychosomatik) unglaublich spannend. Der Placeboeffekt zeigt dies meiner Meinung nach am eindrucksvollsten. Aber auch Stress und daraus entstehende Probleme, wie zum Beispiel Magen-Darm-Probleme sind vermutlich auch Dir bekannt, spätestens, wenn Du an schwierige Prüfungen zurückdenkst.

Die Osteopathie stellt in meinen Augen eine Behandlungsform dar, die sich sehr gut eignet, um psychosomatische Probleme mitzubehandeln. Um es aber von Anfang an zu betonen, eine alleinige osteopathische Behandlung, ohne entsprechende Psychotherapie wird vor allem bei schwerwiegenden psychischen Beschwerdebildern nur eingeschränkt weiterhelfen.

Kurze Geschichte der Psychosomatik

Schon seit der Antike wurde das Zusammenwirken von Geist und Körper für die Gesundheit immer wieder betont. Platon war der Meinung, dass man nicht nur seinen Geist, sondern auch seinen Körper schulen sollte. Auch eines der vermutlich bekanntesten lateinischen Zitate: „Mens sana in corpore sano“ (ein gesunder Geist in einem gesunden Körper) nimmt auf das Zusammenspiel zwischen Körper und Geist Bezug. (1)

Selbst im Alten Testament findet sich ein Bezug zur Psychosomatik: „Ein fröhliches Herz tut dem Leibe wohl; aber ein betrübtes Gemüt lässt das Gebein verdorren.“ (Sprüche 17, 22; (2))

Der Begriff Psychosomatik wurde übrigens 1818 vom deutschen Arzt Johann Christian August Heinroth geprägt. Er war zudem außerordentlicher Professor des weltweit ersten Lehrstuhls für „Psychische Therapie“ in Leipzig (1811). (3)

Seit 2003 gibt es in Deutschland den „Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“, die Ausbildung erstreckt sich über mindestens 5 Jahre. (4)

Definition Psychosomatik

Der Begriff stammt aus dem altgriechischen und setzt sich aus den beiden Wörtern psyché (Atem, Hauch, Seele) und soma (Körper, Leib) zusammen.

Berücksichtigt wird bei der psychosomatischen Krankheitslehre, die wechselseitige Wirkung von psychischen Einflüssen auf körperliche Vorgänge. Die Bandbreite der Beschwerdebilder ist hier sehr groß.

Von vermeintlichen Kleinigkeiten, wie leichten Magen-Darm-Beschwerden bedingt durch Prüfungsstress bis hin zu den Folgen von psychischen oder physischen Traumata.

Bei Traumata und ihren Folgen ist es oftmals leichter, zu erkennen, wo die Ursache für die Problematik liegt (Psyche oder Körper). Bei anderen Krankheitsbildern, wie zum Beispiel Depressionen ist das schwieriger, da hier viele körperliche Faktoren, aber auch psychische bzw. emotionale Faktoren eine Rolle spielen.

Therapie

Meiner Meinung nach muss eine gute Behandlung von psychosomatischen Beschwerden beide Aspekte adressieren. Es müssen allerdings nicht beide Bereiche von einem Therapeuten behandelt werden, interdisziplinäre Zusammenarbeit lautet hier das Zauberwort.

Auch lässt sich nur schwer pauschalisieren, welche Methoden zum Einsatz kommen sollten, oder ob zuerst die Psyche oder der Körper behandelt werden sollte. Das sind individuelle Entscheidungen und auch davon abhängig, wo der Patient aktuell seinen Schwerpunkt setzt bzw. wozu er bereit ist. 

In meinen Behandlungen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Osteopathie begleitend zu einer Psychotherapie gute Erfolge bringen kann. Hier hatte ich sowohl Patienten, die während der Behandlungen (teils von alleine, teils durch den Hinweis von mir) eine Psychotherapie gestartet haben, als auch Patienten, die sich bereits in psychotherapeutischer Behandlung befanden.

Je nach Beschwerdebild fiel es einigen Patienten leichter, mit einer körperlichen Behandlung (Osteopathie) zu starten. Andere hingegen konnten leichter mit einer Psychotherapie starten, bevor sie eine körperbetonte Therapie angehen konnten.

Im Bereich der posttraumatischen Belastungsstörungen zum Beispiel gibt es auch Ansätze, in denen Medikamente zum Einsatz kommen, während psychotherapeutischer Intervention. Die Erklärung dahinter findest Du in diesem YouTube Video. Ich habe zwar bewusst die Stelle verlinkt, an der die Erklärung beginnt, allerdings ist die gesamte Dokumentation sehr sehenswert.

Vereinfacht gesagt ist der Ansatz, die körperlichen Reaktionen von der Erinnerung zu entkoppeln, indem die körperlichen Reaktionen (Stressreaktionen) gedämpft werden. Leider kann es durch Traumata dazu kommen, dass die entsprechenden Neurone im Gehirn (Angstzentrum und Erinnerungen) so stark zusammen feuern, dass sie im Laufe der Zeit zusammengeschaltet werden. Sowohl die Zusammenschaltung, als auch die Entkoppelung „nutzen“ das Prinzip der Neuroplastizität.

Medikamente setze ich in meinen Behandlungen nicht ein und auch eine psychotherapeutische Behandlung kann ich nicht ersetzen. 

Ich persönlich nutze bei psychosomatischen Beschwerdebildern zum einen die Osteopathie, die auch hierbei viele Behandlungsansätze liefert und, was manchmal fast noch wichtiger ist, höre ich den Patienten aktiv zu, wenn sie über ihre Probleme reden. Letzteres wird (leider) viel zu oft unterschätzt.

Osteopathie und Psychosomatik

Die Osteopathie hat im Bereich der manuellen Behandlungsmethoden den großen Vorteil, dass sie sowohl intensive, als auch sehr sachte Techniken kennt. 

Meiner Meinung nach würde es zum Beispiel keinen Sinn machen, wenn der Patient sowieso schon stark gestresst ist, mit intensiven und schmerzhaften Techniken noch eins obendrauf zu setzen und den Sympathikus hiermit noch mehr zu aktivieren.

Hat ein Patient zum Beispiel in einem bestimmten Körperbereich bei Berührungen und auch Bewegungen Schmerzen, macht es Sinn durch leichte Berührungen oder auch sanftes Bewegen dem Patienten zu zeigen, dass der Schmerz veränderbar ist. Das kann dann in den Behandlungen resultieren, die manchmal klischeehaft mit der Osteopathie verbunden werden und ich als Therapeut von außen betrachtet nur die Hand auflege.

Der Vorteil ist hierbei, dass der Parasympathikus vermehrt aktiv wird und somit ein Ausgleich im vegetativen Bereich stattfinden kann. Denn viele Patienten mit psychosomatischen Beschwerden, die ich in der Behandlung habe, tun sich unglaublich schwer zu entspannen und stehen quasi unter dauernder Anspannung und somit Sympathikusaktivität.

Somatoemotionaler Release

Der Begriff wurde vom Osteopathen John Upledger geprägt. Vereinfacht gesagt, ist die Idee dahinter, dass aufgestaute Emotionen zu körperlichen Beschwerden führen können. Beim Somatioemotionalen Release lösen sich nach seiner Theorie diese aufgestauten Emotionen durch die osteopathische Behandlung. (5)

Meiner Erfahrung nach kommt es hierzu nur selten in der ersten Behandlung. Die Behandlungen, in denen ich diesen Release bei Patienten erlebt hatte, fanden dann statt, wenn die Patienten bereits durch mehrere Behandlungen Vertrauen zu mir aufgebaut hatten. 

Meine erste therapeutische Erfahrung mit diesem Effekt beschreibe ich im Podcast bzw. untenstehenden Video, da es über dieses Medium leichter ist, die Erfahrungen zu schildern, als in Textform.

Der Vollständigkeit halber möchte ich allerdings erwähnen, dass ich ähnliche Effekte allerdings auch schon von Patienten geschildert bekommen habe, wenn sie sich im Rahmen der Psychotherapie mit emotionalen Blockaden beschäftigt haben und diese hierüber lösen konnten.

Du siehst auch hier wieder, es kann in beide Richtungen funktionieren und bedingt sich gegenseitig.

Fazit

Gerade bei der Psychosomatik macht es Sinn, beide Bereiche zu adressieren. Je nachdem, ob die körperlichen oder die psychischen Beschwerden stärker sind, würde ich empfehlen den Fokus auf diesen Bereich zu legen. Der andere Bereich sollte allerdings nie vernachlässigt werden. Aus diesem Grund kläre ich bei meinen Patienten, die entsprechende Beschwerdebilder haben, immer ab, ob eine Psychotherapie stattfindet und sollte dies noch nicht der Fall sein, kläre ich in diese Richtung entsprechend auf.

Mir ist auch klar, dass es teils länger dauern kann, bis man einen Termin bei einem Psychotherapeuten findet. In dringenden Fällen gibt es allerdings auch die Möglichkeit über den ärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117) Termine zu vereinbaren, die Möglichkeiten findest Du auch unter folgendem Link.

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