Nachdem wir uns zuletzt den Tennisellenbogen angeschaut haben, ist es eigentlich nur logisch uns seinen nächsten Verwandten, den Golferarm anzuschauen. Dieser wird auch als Golferellenbogen oder halbschlau Epicondylitis humeri medialis bzw. ulnaris genannt. Warum der Begriff Epicondylitis nur halbschlau ist, weißt Du hoffentlich noch vom Artikel über den Tennisellenbogen, als kleiner Refresher, es ist keine Entzündung, die die Probleme verursacht.

Anatomie

Betroffen ist im Falle des Golferarms hauptsächlich die Beugemuskulatur im Bereich des Unterarms, die sogenannten Flexoren. Es können aber alle Muskeln, die am medialen (innenseitigen) Epicondylus (Knochenvorsprung) des Oberarmknochens im Bereich des Ellbogens ansetzen, betroffen sein.

Folgende Muskeln haben hier ihren Ursprung (1):

  • M. pronator teres
  • M. flexor digitorum superficialis
  • M. flexor carpi radialis
  • M. flexor carpi ulnaris
  • M. palmaris longus
 

Wichtig zu wissen ist auch, dass der Nervus ulnaris (versorgt unter anderem den kleinfingerseitigen Bereich der Hand) zwischen dem M. flexor carpi ularnis entlang zieht, sodass dieser auch irritiert werden kann. Diese Stelle befindet sich in der Nähe des sogenannten Musikantenknochens (Sulcus nervi ulnaris). 

Durch den M. pronator teres wiederum kann der Nervus medianus komprimiert werden, so dass es auch hier zu Problemen kommen kann.

Kommt Dir ein ähnliches Phänomen noch vom Tennisarm bekannt vor? Wenn Du so willst, zwei weitere Piriformis Syndrome des Ellbogens.

Symptome

Für viele Patienten wird vermutlich der Schmerz im Bereich des inneren Ellbogens das dominierende Symptom sein. Dieses tritt vor allem bei Belastung der oben genannten Muskeln (vor allem Zugreifen der Hand gegen Widerstand) auf.

Es können aber auch, wie weiter oben bereits erwähnt, der Nervus ulnaris und auch der Nervus medianus (den könntest Du vom Karpaltunnelsyndrom noch kennen) irritiert werden, im Rahmen des Golferellenbogens.

Der N. ulnaris kann, wie schon erwähnt, durch den M. flexor carpi ulnaris komprimiert werden und der N. medianus durch den M. pronator teres.

Das Versorgungsgebiet des N. ulnaris kannst Du auf Bild 1 und 2 sehen. 

Bild 1
Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris im Bereich des Handrückens

Das Versorgungsgebiet des N. medianus auf Bild 3 und 4, hier beziehe ich mich hauptsächlich auf den Bereich der Hand, da dieser oft am auffälligsten ist.

Sensibles Areal des N. medianus im Bereich der Handfläche, was auch beim Karpaltunnelsyndrom betroffen sein kann
Bild 3
Sensibles Areal des N. medianus im Bereich des Handrückens, was auch beim Karpaltunnelsyndrom betroffen sein kann
Bild 4

 

Taubheit oder auch Parästhesien (Kribbeln, „Ameisenlaufen“) sind eher selten, Lähmungen, die hypothetisch bei lange bestehender oder intensiver Kompression auftreten könnten, sind mir noch nie untergekommen und sind wie schon angedeutet vermutlich auch eher ein theoretisches Problem.

Ursachen des Golferarms

Der Hauptgrund für den sogenannten Golferellenbogen sind Überlastungen der oben genannten Muskulatur. Ähnlich wie beim Läuferknie oder auch dem plantarem Fersenschmerz ist aber nicht primär die Muskulatur schmerzhaft, sondern die Sehnen bzw. die Ansätze der Sehnen am Knochen. Ein Grund dafür ist vermutlich, dass die Muskeln deutlich weniger sensibel sind, als Sehnen oder auch Knochenhaut.

Vor allem Handwerker, aber auch Golfspieler (daher das Synonym Golferarm) (2) haben ein erhöhtes Risiko, die Beschwerden zu entwickeln, aufgrund der erhöhten Belastungen der oben genannten Muskulatur.

Beim Golferarm sind mir keine Untersuchungen zu weiteren Risikofaktoren bekannt, wie es sie beim Tennisarm gibt. Allerdings würde ich, da der Mechanismus der gleiche ist, davon ausgehen, dass die Risikofaktoren, die für die Entstehung eines Tennisarms gelten, genauso für einen Golferarm Risikofaktoren darstellen.

Die angedeuteten Risikofaktoren sind vor allem Faktoren, die die Durchblutung und somit auch die Versorgung des Gewebes verschlechtern können, sowie Faktoren, die chronisch niedriggradige Entzündungen begünstigen, wie zum Beispiel Rauchen, Adipositas, Typ 2 Diabetes.

Auch niedriggradige Entzündungen können im späteren Verlauf zu einer schlechteren Durchblutung des Gewebes führen.

Allerdings scheinen auch psychologische Faktoren, wie Erschöpfung (sowohl körperlich als auch mental) die Entstehung zu begünstigen.

Wenn wir uns jetzt nur das Symptom Schmerz im Bereich des äußeren Ellbogens anschauen, kann es auch durch eine Irritation des N. ulnaris oder aber des N. medianus oberhalb der betroffenen Stelle zu den Beschwerden kommen. Mögliche Gründe können zum Beispiel Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule oder Beschwerden im Bereich der Mm. scaleni bzw. der oberen beiden Rippen sein, sowie eine Enge im Bereich der Mm. pectorali, vor allem dem M. pectoralis minor. Andere typische Engpasssyndrome der beiden Nerven oberhalb des Ellenbogens werden nicht beschrieben, unterhalb bzw. im Bereich des Ellenbogens sieht das Ganze dann wieder anders aus.

Auch wenn sich nach wie vor die Begriffe Epicondylitis humeri ulnaris bzw. Epicondylitis humeri medialis hartnäckig halten, so tritt normalerweise keine Entzündung im Rahmen des Golferarm auf. Ein Problem, was wir auch vom plantaren Fersenschmerz (Fersensporn) oder auch dem Läuferknie kennen, sowie Achillessehnenproblematiken kennen und vor allem auch dem Tennisarm. Wichtig wird das vor allem, wenn wir uns nachher die Therapie anschauen.

Therapie des Golferarms

Wie bei den meisten Überlastungsproblemen sind zwei Schritte besonders wichtig. Zum einen die betroffenen Strukturen beruhigen und zum anderen die betroffenen Strukturen trainieren und belastbarer machen.

Beruhigen

Beim Golferellenbogen gibt es mehrere Möglichkeiten, das Ganze zu beruhigen und die Schmerzen zu lindern. Der erste wichtige Punkt ist natürlich stark belastende Tätigkeiten zu reduzieren und das kann im Alltag definitiv herausfordernd sein, da Du die Unterarmmuskulatur im Alltag ständig brauchst.

Je nach Schmerzintensität und Grad der Überlastung kann es Sinn machen, der betroffenen Seite für einige Tage komplett Ruhe zu gönnen, quasi einen virtuellen Gips anlegen (4). Manchmal kann hierbei auch Kinesiotape helfen, zum einen gibt es einen anderen Reiz auf das betroffene Areal, was allein schon einen schmerzlindernden Effekt haben kann. Zum anderen merkst Du es immer wieder beim Bewegen und hast somit auch eine Gedächtnisstütze den betroffenen Bereich zu entlasten.

Einen kompletten Gips zur Ruhigstellung verwendet man mittlerweile nur noch sehr selten, da zum einen Bewegungsängste getriggert werden können und auch starke Bewegungseinschränkungen auftreten können.

Manchen Patienten können auch sogenannte Spangen oder Bandagen helfen und eine Entlastung bringen.

Schmerzmittel würde ich persönlich bei diesem Beschwerdebild versuchen zu vermeiden, da sie dazu führen, dass Du Dich eher überlasten wirst. Auch Kortison, was nach wie vor häufig genutzt wird, um die Beschwerden zu lindern, ist ebenso zweischneidig, wie Schmerzmittel, wenn nicht sogar noch mehr. Vor allem, wenn es mehrfach angewendet wird, schädigt es das Gewebe mehr, als dass es hilft.

Stoßwelle ist eine Methode, die gerne bei Überlastungsproblemen genutzt wird, von ein paar Patienten habe ich hierzu positive Erfahrungen mitbekommen. Die Studienlage in diesem Bereich ist allerdings noch stark überschaubar und es wäre nicht mein Mittel der ersten Wahl.

Operative Verfahren gibt es zwar, ich würde bei vielen operativen Verfahren von Überlastungsproblematiken allerdings infrage stellen, ob wirklich die OP zur Linderung der Schmerzen führt oder das Rehaprogramm drumherum.

Persönlich arbeite ich in der Behandlung gerne mit Tools aus dem Bereich der Triggerpunkttherapie, wie zum Beispiel ischämischer Kompression oder auch Dry Needling. Zudem schaue ich mir auch immer umliegende Gelenke an, die von den oben genannten Muskeln bewegt werden. Hier habe ich gute Erfahrungen damit gesammelt, vorliegende Bewegungseinschränkungen zu behandeln.

Sollten Beschwerden im Bereich des N. ulnaris bzw. N. medianus oder aber im Bereich des Plexus brachialis (Nervengeflecht, bei dem die beiden Nerven einen Teil darstellen) zu den Symptomen führen, so ist es wichtig die Engstellen zu behandeln.

Zusätzlich arbeite ich gerne noch mit Nervenslidern, um die Nerven zu beruhigen. 

Die Slider für den N. ularnis und N. medianus kannst Du beispielsweise nebenstehend finden.

Training (4)

Das Training sorgt dafür, dass Du den Golferarm langfristig loswirst.

Übungen um die betroffene Muskulatur aufzubauen gibt es wie Sand am Meer. Wir schauen uns lieber gemeinsam an, welche Bewegungsrichtungen Du trainieren solltest.

Quasi selbsterklärend ist vermutlich, dass Du die Beugung des Handgelenks (in Richtung Handfläche) trainieren solltest, idealerweise sowohl mit gebeugtem, als auch gestrecktem Ellenbogen.

Ein weiterer Aspekt, den Du in Dein Training integrieren solltest, ist ein Training der Griffkraft, sowie der Pronation (Unterarm wird so gedreht, dass die Handfläche nach unten zeigt).

Wichtig beim Training ist allgemein, dass damit Deine Beschwerden nicht zu sehr getriggert werden. Welche Orientierungstools Dir dabei helfen können, haben wir uns bereits in folgendem Artikel angeschaut. Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, lieber etwas zu leicht zu starten und wenn es möglich ist, die Belastung langsam zu steigern.

Steigern der Trainingsintensität ist dann auch tatsächlich der Punkt, der vielfach in Behandlungen untergeht. Allerdings einer der relevanten Punkte bei jedem Training, ob im Therapiesetting oder im Sport. Zwar bringt es Dir nichts, wenn Du zu intensiv trainierst, denn das wird Deine Beschwerden noch mehr verstärken. Ebenso wenig bringt es Dir aber, wenn Du zu locker trainierst, denn dann wirst Du irgendwann keine Fortschritte mehr machen und das Training bringt Dir nicht mehr wirklich etwas. Es ist also die berühmte Gratwanderung, die richtige Belastungsintensität zu finden.

Quellen

(1) Schünke, M., Schulte, E., Schumacher, U., Voll, M.,, Wesker, K. (2007). Prometheus, LernAtlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Stuttgart: Thieme.

(2) https://flexikon.doccheck.com/de/Epicondylitis_humeri_medialis

(3)  https://www.physiomeetsscience.net/ 21156-2/ (Zugriff am 30.07.2024)

(4) Eikelmeier, Chris (2023). Diagnose sportunfähig!? : der Ratgeber für evidenzbasierte Rehabilitations- und Ernährungsstrategien bei Verletzungen und Schmerzen. Anröchte : Chris Eikelmeier

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