Vielleicht hast Du den Begriff Fermentation noch nicht gehört, aber ich wette mit Dir, dass Du schon fermentierte Lebensmittel zu Dir genommen hast. Diese Art der Verarbeitung von Lebensmitteln begleitet die Menschheit übrigens schon seit Jahrtausenden und ist nicht erst ein Trend der letzten Jahre.
Lebensmittel wie Käse, Joghurt, Bier oder Kombucha und Sauerteig, alle beinhalten die ein oder andere Art von Fermentation. Hierbei werden bestimmte Bestandteile der Lebensmittel von Bakterien umgewandelt in andere Bestandteile. Beim Bier entsteht durch die Hefebakterien zum Beispiel die Kohlensäure und auch der Alkohol. Käse entsteht durch Fermentation aus Milch und macht vor allem Rohmilch so auch länger haltbar.
Bei anderen Lebensmitteln, wie Maniok wird das Lebensmittel durch Fermentation erst richtig genießbar, für den Menschen, da sonst die Knollen meist zu viel giftige Blausäure enthalten würden (1).
Warum schreibe ich jetzt eigentlich über das Thema?
Essen ist ein wichtiger Einflussfaktor auf Deine Gesundheit bzw. kann, wenn Probleme mit der Verdauung auftreten, viele weitere Dinge negativ beeinflussen. Nicht selten habe ich schon Patienten gehabt, bei denen Rückenprobleme oder andere Beschwerden am Bewegungsapparat stark über den Verdauungstrakt beeinflusst wurden, sei es direkt über die Spannung des Verdauungstrakts oder indirekt über das vegetative Nervensystem. Ein wichtiger Baustein war hier, herauszufinden, was die Verdauung stört und diese wieder in Gang zu bringen.
Fermentierte Lebensmittel stellen hierbei für mich zum Teil eine wichtige Ergänzung dar, denn vielfach werden Nahrungsmittel durch Fermentation auch bekömmlicher. Wo pure Milch bei Laktoseintoleranz nicht das Mittel der Wahl ist, kann ein gut gereifter Käse teils besser funktionieren, da durch die Fermentation (Reifung) die Laktose umgebaut wird und zum Schluss kaum noch nachweisbar ist.
Auch bei Brot und Teigwaren kann die fermentierte Variante deutlich bekömmlicher sein. Der Teig reift und arbeitet, normalerweise mindestens 24h, teilweise auch länger. Dazu aber später mehr, wenn wir uns Sauerteig genauer anschauen.
Man vermutet auch, dass fermentierte Lebensmittel unter anderem durch ihre hohe Anzahl an Mikroorganismen zu einer Verbesserung des Mikrobioms im Darm beitragen können, was zum Beispiel nach Antibiotikatherapie sinnvoll sein kann. Da viele fermentierte Lebensmittel, bevor sie in die Geschäfte gelangen, allerdings pasteurisiert (hohes erhitzen, zum Abtöten von Keimen und Mikroorganismen) werden, kann es Sinn machen, selbst zu fermentieren.
Allerdings steckt die Forschung zum Mikrobiom noch in den Kinderschuhen und wir wissen noch sehr wenig darüber, welches Mikrobiom angestrebt werden sollte. Sinnvoll scheint es aber zu sein, wenn es möglichst vielfältig ist, ähnlich wie auch bei der Auswahl der Lebensmittel im Alltag.
Kombucha und Essig
Essig und Kombucha sind sich eigentlich sehr ähnlich, um genau zu sein, ist Essig ein Anteil von Kombucha. Beide entstehen bei der Fermentation von Flüssigkeiten. Essig benötigt hierfür alkoholhaltige Getränke (2) als Grundlage und Kombucha gesüßten Tee (meist eine Mischung aus schwarzem und grünem Tee (4)).
Essig entsteht durch Essigsäurebakterien (die sich während der Produktion in der sogenannten Essigmutter sammeln können (3)) und beim Kombucha arbeiten neben diesen noch verschiedene Hefen an der Fermentation (4).
Je länger Kombucha fermentiert, desto mehr wird er zu Essig (Höhepunkt nach 20 bis 30 Tagen (4)). Beide können somit je nach Fermentationsgrad auch ähnlich genutzt werden, sei es als Getränk, Würzmittel oder auch Konservierungsmittel bzw. Desinfektionsmittel (2).
Kombucha enthält zudem einige Vitamine (B1, B6, B12 und C, in geringeren Mengen auch B2 (5)) und Spurenelemente (Zink, Mangan) (4).
Wichtig zu wissen ist allerdings, dass Kombucha in geringen Mengen Alkohol enthält und somit von Schwangeren zum Beispiel nicht konsumiert werden sollte. Solltest Du Teein bzw. Koffein nicht gut vertragen, so solltest Du Kombucha auch meiden.
Sowohl beim Essig, als auch beim Kombucha schwimmt in den meisten Produktionsformen etwas oben auf der Flüssigkeit, was die zur Fermentation wichtigen Bakterien bzw. Hefen enthält.
Beim Essig spricht man hier von der sogenannten Essigmutter (3), beim Kombucha vom SCOBY (Symbiotic Culture of Bacteria and Yeast, Symbiotische Kultur aus Bakterien und Hefe) (4).
Den Scoby kannst Du auch auf dem nebenstehenden Bild meines Kombucha Ansatzes erkennen.
Die Herstellung von Kombucha ist tatsächlich sehr simpel, vor allem wenn Du bereits einen Scoby und etwas Kombucha hast. Theoretisch kannst Du den Scoby aber auch aus bereits vorhandenem Kombucha anzüchten, was aber deutlich mehr Arbeit bedeutet, ein Anzuchtset mit allem, was Du für den Start brauchst oder aber einen Scoby mit Ansatzflüssigkeit zu kaufen ist hier deutlich weniger Arbeit.
Wenn Du Scoby und Ansatzflüssigkeit hast, musst Du lediglich Tee (ich verwende eine Mischung aus grünem und schwarzem Tee) und viel Zucker dazu geben. Ich schreibe Dir mal auf, wie viel ich von welchen Zutaten nutze, um 1,5 Liter Kombucha anzusetzen:
- 200 ml Ansatzflüssigkeit
- 300 ml Wasser zum Tee kochen
- 12 g Tee (Mischung aus schwarzem und grünem Tee)
- 100 g Zucker
- 1 Liter Wasser zum Aufgießen
Wichtig ist, wenn Du den gesüßten Tee zur Ansatzflüssigkeit und dem Scoby dazugibst, dass die Flüssigkeit nur noch maximal handwarm ist, ansonsten tötest Du die Mikroorganismen ab.
Danach heißt es das Gemisch in einem entsprechend großen Behälter stehen lassen und dem Scoby die Zeit zur Fermentation geben. Wichtig ist, das Glas mit einem dünnen Stofftuch abzudecken, damit keine Insekten (v.a. Fruchtfliegen) dort hineingelangen können. Im Normalfall dauert dieser Prozess zwischen 7 und 10 Tagen, in Abhängigkeit der Temperatur und Deinem persönlichen Geschmack.
Sauerteig
Eine andere weit verbreitete Form der Fermentation ist das Nutzen von Sauerteig zum Backen. Hierzu werden Bakterien genutzt, die auf die jeweilige Mehlform „trainiert“ sind. Es gibt also Sauerteig für Roggen, Weizen und diverse andere Mehle. Auch glutenfreie Ansätze sind möglich, wobei ich das Thema Gluten hier erstmal außen vor lassen werde und mich vielleicht später einmal damit beschäftigen werde.
Bei einem Sauerteig sind es vor allem die Milchsäurebakterien und Hefen, die hier arbeiten und als Triebmittel für den Teig fungieren. Diese verdauen das Getreide quasi vor und bauen zu einem gewissen Grad unerwünschte Stoffe wie Gluten, Phytinsäure und Lektine ab oder machen diese für uns besser verdaulich. Zudem werden bestimmte Nährstoffe (B-Vitamine, Magnesium, Zink, Kalium und Vitamin E) bioverfügbarer für uns (6).
Der Ansatz des Sauerteigs hat bei mir ca. 1 Woche gedauert, zunächst habe ich einen Roggensauerteig angesetzt und mich hierfür an das Rezept aus „Die neue traditionelle Ernährung“ gehalten (6):
- Tag 1: 30 g Mehl und 30 g Wasser vermischen und 24h stehen lassen
- Tag 2: 30 g Mehl und 30 g Wasser hinzugeben, wieder vermischen und stehen lassen
- Tag 3 – 6: 1 Esslöffel der Mischung entnehmen und mit 30 g Mehl und 30 g Wasser vermischen. Jeweils 24h stehen lassen
- Tag 7: Wenn der Sauerteig ordentlich Blasen wirft und sich vom Volumen ungefähr verdoppelt hat, dann ist er bereit für einen Teig genutzt zu werden
Wenn der Teig an Tag 7 nicht aussieht, wie beschrieben bzw. auf dem nebenstehenden Bild, musst Du einfach mit dem Prozedere der vorherigen Tage weitermachen.
Wichtig ist, dass der Sauerteig an einem warmen Ort steht (bei mir einfach in der Küche), in einem sauberen Glas mit Deckel.
Wichtig ist, dass Du den Sauerteig ab diesem Zeitpunkt regelmäßig füttern solltest, damit er am Leben bleibt. Hierzu gehst Du genau so vor, wie an den Tagen 3 – 6, in der Zwischenzeit stellst Du den Sauerteig aber in den Kühlschrank, um die Mikroorganismen etwas zu bremsen (sonst musst Du öfter füttern).
Sobald Du damit einen Teig zum Backen ansetzt, ist es wichtig den Sauerteigansatz ungefähr einen Tag vorher frisch zu füttern, damit die Mikroorganismen richtig aktiv werden. Nach dem Füttern geht es nicht direkt wieder in den Kühlschrank, sondern erst, wenn Du die entsprechende Menge Sauerteig entnommen hast.
Aus Sauerteig lässt sich dann auch alles Mögliche backen, von Brot über Pizza (gibt’s bei uns leider viel zu selten …), bis hin zu süßem Gebäck (habe ich noch nicht ausprobiert). Der Sauerteig ist vereinfacht ein bisschen wie ein Hefeersatz, der noch etwas mehr Einfluss auf den Teig nehmen kann.
Sauerkraut
Sauerkraut ist hier exemplarisch für eine der bekanntesten Formen der Fermentation von Gemüse. Auch wenn ich Sauerkraut immer wieder mal gerne esse, habe ich es noch nicht selbst zubereitet, obwohl die Zubereitung eigentlich sehr simpel ist.
An Zutaten brauchst Du für das Grundrezept eigentlich nur Kohl und Salz (evtl. etwas Wasser). Der Kohl wird klein gehobelt und 2 Prozent des Gewichts an Salz hinzugefügt. Danach wird das ganze so lange geknetet, bis der Kohl weich wird und etwas Flüssigkeit austritt. Im Anschluss wird das Ganze in ein sauberes Glas gefüllt und der Kohl mit einem Gewicht heruntergedrückt, sodass er komplett mit Flüssigkeit bedeckt ist (6).
Nach ca. 6 Wochen Reifezeit weist er die höchste Menge an Probiotika auf, wird aber nach ca. einem halben Jahr am besten verträglich, da auch das entstehende Histamin abgebaut wird. Die Nährstoffdichte bleibt scheinbar bis zu ca. einem Jahr erhalten, danach beginnt sie weniger zu werden (6).
Bei der Zubereitung sollte Sauerkraut traditionell nicht zu hoch erhitzt werden, da er sonst einiges an vor allem Vitamin C und Probiotika verliert.
Kefir
Kommen wir zum letzten fermentierten Lebensmittel, dass wir uns anschauen wollen, auch wenn es natürlich noch einige mehr gibt: dem Kefir. Beim Kefir unterscheidet man grob zwischen zwei Varianten, dem Milch-Kefir und dem Wasser-Kefir. Für beide Varianten brauchst Du spezielle Kefirkristalle/ -knollen.
Milch-Kefir ist dann tatsächlich etwas leichter, Du gibst die passende Menge Kefirknollen (für Milch-Kefir) zur Milch hinzu und lässt das Ganze für 2 bis 3 Tage stehen. Danach wird der Kefir im Kühlschrank gelagert.
Wasser-Kefir benötigt dann wieder etwas mehr Zutaten, nämlich neben den Kefirkristallen (diesmal für Wasser-Kefir) noch Zucker, Trockenfrüchte und etwas Zitronensaft. Das weitere Prozedere ist dann aber sehr ähnlich, Du kannst aber noch eine Zweitfermentation ergänzen, wie auch bei Kombucha, bei der Du Obst, Säfte oder Kräuter hinzufügst und diese Mischung nochmal für ungefähr einen Tag bei Zimmertemperatur stehen lässt. (6)
Durch die Zweitfermentation verändert sich zum einen der Geschmack, zum anderen entsteht aber auch nochmal mehr Kohlensäure.
Quellen
(1) https://www.quarks.de/gesundheit/ernaehrung/fermentieren-hipster-trend-oder-richtig-gesund/ (Zugriff am 27.08.2024)
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Essig (Zugriff am 28.08.2024)
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Essigmutter (Zugriff am 28.08.2024)
(4) https://de.wikipedia.org/wiki/Kombucha (Zugriff am 28.08.2024)
(5) Čakić Semenčić, M., Biedrzycka, A., Kiczor, A., Beluhan, S., & Šupljika, F. (2024). Spectrofluorimetric Analysis of Riboflavin Content during Kombucha Fermentation. Biotech (Basel (Switzerland)), 13(2), 20. https://doi.org/10.3390/biotech13020020
(6) Storck, E. & Beeck, H. (2023). DIE NEUE TRADITIONELLE ERNÄHRUNG: Zurück zu dem, was wirklich zählt – echte Lebensmittel.
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